Während sich seine Mannschaftskameraden wie gewohnt aufwärmten und auf das Spiel gegen Bosnien-Herzegowina einstimmten, lief Aleksander Pavlovic ein paar Meter weiter allein an der Seitenlinie auf und ab. Langsam, sichtbar eingeschränkt und mit einem weißen Verband unterhalb des lädierten linken Knies.
Deutschlands größter Pechvogel
Nach kurzer Zeit verschwand der 20-Jährige dann mit einem Physiotherapeuten vorzeitig in der Kabine und nahm später als Ersatzspieler auf der Bank Platz.
„Pavlo hat noch ein bisschen Knieprobleme, eine Prellung“, berichtete Bundestrainer Julian Nagelsmann im Nachhinein und schaffte etwas Klarheit, unter welchen Beschwerden der Mittelfeldspieler des FC Bayern litt.
Besonders bitter: Eigentlich hätte Pavlovic sein Startelf-Debüt im DFB-Dress feiern sollen. Nagelsmann bestätigte eine entsprechende SPORT1-Information, wonach der Youngster in Zenica für die Startelf vorgesehen war und neben Robert Andrich für Pascal Groß auflaufen sollte.
Doch die Gesundheit machte Pavlovic einmal mehr einen Strich durch die Rechnung - und lässt ihn allmählich zum größten Pechvogel des Teams aufsteigen.
Pavlovic kommt beim DFB nicht in Schwung
Schon als Pavlovic, der sich in der vergangenen Saison bei den Münchnern vom Nobody zum Stammspieler gemausert und den Vorzug vor etablierten Profis wie Leon Goretzka oder Konrad Laimer erhalten hatte, erstmals von Nagelsmann eingeladen wurde, bremste ihn sein Körper aus. Die Test-Länderspiele gegen Frankreich und die Niederlande verpasste er damals wegen eines Infekts.
Sein Debüt im Nationaltrikot feierte der Sohn eines serbischen Vaters deshalb erst Anfang Juni beim 0:0 gegen die Ukraine, als er für Robert Andrich eingewechselt wurde. Bei der anschließenden EM-Generalprobe gegen Griechenland (2:1) saß er zwar 90 Minuten auf der Bank, bekam von Nagelsmann aber dennoch das Ticket für das Turnier im eigenen Land, so sehr überzeugte Pavlovic in der kurzen Zeit.
Dann der nächste Schock: Pavlovic plagte sich wie schon im März mit einer Mandelentzündung herum und konnte nicht ins EM-Quartier nach Herzogenaurach anreisen. Nach kurzer Überlegung entschied sich Nagelsmann daher, ihn durch Emre Can zu ersetzen.
Pavlovic: Krankheitspause statt Karriereboost
„Es ist natürlich bitter, so eine Entscheidung zu treffen. Das tut immer weh. Er ist ein sehr guter Spieler, ein guter Mensch, aber in dem Alter habe ich eine Verantwortung gegenüber dem Spieler“, erklärte der Bundestrainer.
Nagelsmann war das Restrisiko zu groß, dass Pavlovic sich unter Belastung noch eine Mandelentzündung zuzieht und bei einer Rückkehr wieder ausfällt.
Für den gebürtigen Münchner hieß das: Krankheitspause statt Karriereboost. Doch das Turnieraus nutzte er, um sich die Mandeln operativ entfernen zu lassen. Schließlich hatte er sich zuvor schon viermal mit derselben Krankheit herumgeschlagen.
Pavlovic: Fragezeichen vor Montag
Nach der EM hätte Pavlovics Stunde dann eigentlich schlagen sollen. Nagelsmann sah in ihm und Angelo Stiller zwei große Talente, die die Post-Kroos-Ära durch gemeinschaftliche Anstrengung bewältigen können - und gerade der Bayern-Star hinterließ nicht zuletzt mit seinem ersten Tor gegen Ungarn Anfang September einen guten Eindruck.
Als sicherer Ballverteiler, der auch in Bedrängnis immer anspielbar ist, hätte sich Pavlovic am Freitag erstmals von Beginn an beweisen dürfen.
Doch dazu kam es bekanntlich nicht. Ob es im nächsten Spiel so weit sein wird, steht aktuell noch in den Sternen. „Da müssen wir schauen, wie es Richtung Montag aussieht“, sagte Nagelsmann mit Blick auf das anstehende Duell mit den Niederlanden (Montag, 20.45 Uhr im LIVETICKER) - und gab zu bedenken: „Wir müssen auch schauen mit der Belastung, mit dem späten Ankommen in Herzogenaurach um vier Uhr nachts und dann spielen wir schon am Montag wieder.“
Auf der anschließenden Pressekonferenz fügte Nagelsmann hinzu: „Wenn er gesund ist, wird er am Montag gegen die Niederlande spielen.“
Für Pechvogel Pavlovic wird es also erneut ein Wettlauf gegen die Zeit.