Manuel Neuer und Jamal Musiala schlenderten entspannt in Badelatschen zur „Audienz“ mit dem Bundespräsidenten, und auch beim Plausch mit Frank-Walter Steinmeier im noblen Teamquartier herrschte eine entspannte Atmosphäre. Bei Kaffee und Kuchen erläuterte das Staatsoberhaupt der Nationalmannschaft und ihrem Chef Julian Nagelsmann in Blankenhain, was die Fußball-Nation von ihr erwartet - und erhielt von ihr ein großes Versprechen.
Hoher Besuch beim DFB-Team
„Wir haben uns verabredet, dass wir uns beim Finale in Berlin am 14. Juli wiedersehen“, verriet DFB-Präsident Bernd Neuendorf nach der Zusammenkunft, und Steinmeier ergänzte voller Zuversicht: „Mein Eindruck ist: Der Ehrgeiz und die Motivation sind auch nach der langen Saison riesengroß. Insofern sind nicht nur die Spieler, sondern bin auch ich sehr, sehr zuversichtlich, dass die Voraussetzungen für sportlichen Erfolg gegeben sind.“
Steinmeiers Hoffnung auf ein zweites Sommermärchen
Der Bundespräsident versprach seinerseits, er werde „mit so vielen Deutschen die Daumen“ drücken, „dass der Traum der Spieler, Europameister zu werden, in Erfüllung geht“. Große Turniere ließen „die Herzen der Fans höher schlagen - meines auch, erst recht, wenn das Turnier im eigenen Land ist“, fügte er an und verlieh seiner Hoffnung von einem zweiten „wunderbaren“ Sommermärchen nach der WM 2006 mit einem „guten Gastgeber“ Deutschland Ausdruck.
Bundeskanzler Olaf Scholz verspricht sich von der EM sogar eine Zeitenwende. „Ich hoffe, dass das die Stimmung verändert. Bei uns im Land, aber auch bei all den anderen Ländern, die an dieser Europameisterschaft teilnehmen“, sagte er im „Spielmacher“-Podcast.
Während der Kanzler erst im EM-Quartier in Herzogenaurach bei der Nationalelf erwartet wird, wurde Steinmeier am Mittwoch zur besten Kaffee-Zeit um halb vier in seiner schwarzen Staatskarosse mit Standarte und dem Kennzeichen 0-1 vorgefahren. Mit einem freundlichen „Hallo“ begrüßte er Neuendorf und DFB-Sportdirektor Rudi Völler, die den hohen Gast nach einem förmlichen Handschlag herzlich umarmten.
Nachdem sie Steinmeier ins Quartier geleitet hatten, sprach der Bundespräsident dort mit dem Mannschaftsrat um den am Mittwoch angereisten Kapitän Ilkay Gündogan. Dann hielt Steinmeier eine kurze Ansprache an das Team, zweimal brandete Applaus auf. Besonders fiel ihm Thomas Müller auf als „einer der Spieler, mit denen man sehr schnell ins Gespräch kommt“.
Spieler begegnen dem Staatsoberhaupt mit viel Respekt
Und zwar durchaus als „Experte“ - Steinmeier spielte in seiner Jugend als „Allzweckwaffe“ beim TuS 08 Brakelsiek. Neuendorf berichtete, der hohe Besuch verfüge „über Sachverstand“ und habe „viele interessierte, fachkundige Fragen“ gestellt. „Er hat der Mannschaft noch mal klargemacht, welche Bedeutung dieses Turnier hat“, ergänzte Neuendorf. Den „Zuspruch und die Wertschätzung wissen wir sehr zu schätzen“, betonte der Boss des DFB, der auch von Vize Hans-Joachim Watzke und Geschäftsführer Andreas Rettig vertreten wurde.
Die Spieler begegneten dem Staatsoberhaupt mit „viel Respekt“, wie Ersatztorwart Alexander Nübel versicherte. „Man freut sich immer, solche Personen mal live kennenzulernen, mal zu hören, was er zu uns sagt“, meinte der Stuttgarter. Nach einer guten Stunde hatte Steinmeier genug geredet. Ein Gruppenfoto im Innenhof, eine weitere Umarmung mit Völler - dann brauste er mit seinem neuen DFB-Trikot weiter zum Katholiken-Tag nach Erfurt. Dort, meinte Neuendorf schmunzelnd, könne Steinmeier an „noch höherer Stelle um Beistand bitten für uns“.
Der Fußball-Gott soll, Kanzler Scholz will helfen - bei „möglichst vielen Spielen“ im Stadion, aber „auch mit Bratwurst und Bier im Garten“. Seinen eigenen Besuch sieht Scholz als eine „Respektsbekundung. Es ist die deutsche Mannschaft, deshalb möchte ich ihnen auch sagen, dass Deutschland an ihrer Seite ist.“ Sein „wichtigster Rat“: Die Stars sollten sich aufs Spiel konzentrieren, „nicht auf andere“ schauen.
Damit liegt Scholz voll auf der Linie von Nagelsmann. Der Bundestrainer will eingedenk der störenden Diskussionen bei der WM in Katar tunlichst verhindern, dass die EM politisch überfrachtet wird. „Ich würde mir wünschen“, sagte er, „dass man das Team aus allen Debatten heraushält.“ Damit es sein Versprechen an Steinmeier einlösen kann.