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Verstorbene DFB-Legende: Wegen ihm kennt in Holland jeder ein deutsches Wort

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Verstorbene DFB-Legende: Wegen ihm kennt in Holland jeder ein deutsches Wort

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In Holland war das Idol ein Schurke

Ausgerechnet der größte Triumph des verstorbenen Bernd Hölzenbein bescherte dem Weltmeister von 1974 ein Stigma, das er nie mehr loswurde. Er haderte noch Jahrzehnte später damit.
Bernd Hölzenbein spielte 1974 eine tragende Rolle im WM-Finale
Bernd Hölzenbein spielte 1974 eine tragende Rolle im WM-Finale
© IMAGO/Horstmüller
Ausgerechnet der größte Triumph des verstorbenen Bernd Hölzenbein bescherte dem Weltmeister von 1974 ein Stigma, das er nie mehr loswurde. Er haderte noch Jahrzehnte später damit.

Er hat das Größte erreicht, was man im Fußball erreichen kann. Aber ausgerechnet sein größter Triumph war verbunden mit einem Stigma, das ihn bis an sein Lebensende verfolgte.

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„Duitse voetballer Hölzenbein van ‚schwalbe‘ WK-Finale“, „de man van de ‚schwalbe‘ in ‚74″, „Bernd Hölzenbein, ‚uitvinder van de schwalbe‘“: So lauteten am Dienstag die Zuschreibungen in den niederländischen Medien, die den Tod des deutschen Weltmeisters Bernd Hölzenbeins vermeldeten.

Vereinsikone bei Eintracht Frankfurt, Schütze von 160 Toren in der Bundesliga, UEFA-Pokalsieger 1980, einer der feinsten und trickreichsten Offensivfußballer Deutschlands und Europas: Natürlich, auch das ist alles erwähnt.

Aber im Zentrum steht doch immer: „de schwalbe“. Der legendäre Schlüsselmoment des WM-Finals 1974, der das deutsche Wort auch im niederländischen Sprachgebrauch verankerte. Und Hölzenbein ein Image verpasste, mit dem er noch über Jahrzehnte hadern sollte.

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Zweikampf mit Wim Jansen wendete das WM-Finale 1974

Es war der 7. Juli 1974, das Endspiel der deutschen Heim-WM in München: Das DFB-Team um Libero und Kapitän Franz Beckenbauer traf auf die Niederlande mit dem großen Johan Cruyff, die wohl beste Oranje-Mannschaft der Geschichte und bis dahin die dominante Elf des Turniers.

Auch gegen den Gastgeber lief für die ungeschlagene Elftal zunächst alles nach Plan, schon nach 53 Sekunden drang Cruyff so gefährlich in den deutschen Strafraum ein, dass Uli Hoeneß sich nur mit einem Foul zu helfen wusste - Johan Neeskens verwandelte den fälligen Elfmeter.

23 Minuten später stand dann Hölzenbein im Zentrum des Geschehens: Aus dem Mittelfeld von Wolfgang Overath bedient, stürmte er von links in den Sechzehner - wo er nach einem Zweikampf mit Wim Jansen zu Boden ging.

Der englische Unparteiische Jack Taylor zeigte abermals auf den Punkt. Paul Breitner verwandelte gegen den chancenlosen, ebenfalls vor kurzem verstorbenen Keeper Jan Jongbloed. Es war der Wendepunkt des Spiels, das in der 43. Minute von Gerd Müller für Deutschland entschieden wurde.

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Hölzenbein beharrte: Keine Schwalbe

Hölzenbein hatte also den Elfer rausgeholt, der seinem Team den zweiten WM-Titel bescheren sollte. Aber die Meinungen, was genau in diesem Fall unter „rausgeholt“ zu verstehen war, drifteten weit auseinander.

Dass Hölzenbein den Sturz über das ausgestreckte Bein des 2022 verstorbenen Jansen in der Situation nicht ungern in Kauf nahm: Darüber sind sich fast alle Zeugen der Szene einig. Aber war es mehr als ein „Den hat er schon auch gesucht“? War es eine glasklare Schwalbe? Oder doch ein berechtigter Elfer?

Der damals 27-Jährige beharrte auf letzterer Deutung - und stritt sich darüber bis zuletzt mit denen, die es anders sahen.

Wirbel um angebliches Geständnis

So wie Hölzenbein selbst die Geschichte in Erinnerung hat, war die Aufregung anfangs gar nicht so groß. Erst einige Zeit später hätte die Angelegenheit durch einen Bericht der Bild wirklich Fahrt aufgenommen. Hölzenbein hätte die Schwalbe zugegeben, hieß es darin.

Der Weltmeister versicherte zeitlebens, das nie getan zu haben. In einer Hölzenbein-Hommage auf der DFB-Homepage heißt es, dass der damals verantwortliche Reporter einen falschen Eindruck aus einem „wissenden Lächeln“ Hölzenbeins auf die entsprechende Frage gewonnen hätte.

Nach dem Bericht mit dem angeblichen Geständnis sei die Hölle losgebrochen, erinnerte Hölzenbein sich später: „Halb Holland wollte mich am Telefon oder gleich im Fernsehstudio haben.“

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Hölzenbein erwirkte eine Gegendarstellung - doch die Folge war wohl das, was man heute „Streisand-Effekt“ nennt. Durch seinen Kampf gegen die Berichterstattung schürte „Holz“ das Feuer der Aufmerksamkeit nur umso mehr.

DFB vs. Oranje: „Die Abneigung begann 1974″

Der gelernte Kaufmann aus dem mittelhessischen Örtchen Dehm stand als Taschenspieler, als verschlagenes Schlitzohr da. Nicht nur in den Niederlanden, aber dort vor allem.

Die knapp verpasste Krönung für Cruyff und Co. war ein Trauma für die Fußballnation - und das zornige Gefühl, Opfer einer großen Ungerechtigkeit geworden zu sein, schürte den Ärger über den großen Nachbarn.

In der nie ganz harmlosen Rivalität - die Erinnerung an den Einmarsch von Hitler-Deutschland während des 2. Weltkriegs war noch präsent - verstärkte sich das böse Blut. Hässliche Vorfälle der Flaggen-Eklat um Ronald Koeman bei der EM 1988 und Frank Rijkaards Spuckattacke auf Rudi Völler 1990 folgten.

Aus Sicht vieler war der Ärger über das Finale von München und Hölzenbein entscheidender Faktor bei der Verschlechterung der nachbarschaftlichen Beziehungen. „Die Abneigung begann 1974″, befand der frühere Oranje-Nationalspieler und spätere TV-Experte Hans Kraay (1936-2017) einst.

„Die Frage kommt sofort, immer, egal, wo ich hinkomme“

Das Schurken-Image, das Hölzenbein davontrug, zehrte lange an seinen Nerven. Das Thema verfolgte ihn, so wie einen Popstar die ständige Aufforderung, seinen berühmtesten Song zu spielen, den er selbst längst nicht mehr hören kann.

„Die Frage kommt sofort, immer, egal, wo ich hinkomme“, klagte Hölzenbein viele Jahre später: „Und wenn Holländer in der Nähe sind, im Urlaub oder so, dann gibt es noch richtigen Ärger. Sogar bei jungen Menschen klingelt es sofort, die haben es von ihren Opas oder Vätern.“ Es sei „schade“, wie sehr das Thema sein sportliches Vermächtnis überschatte.

Zusätzlich gekränkt war Hölzenbein von seinem damaligen Teamkollegen Berti Vogts, der Ende der Neunziger öffentlich erklärte, dass er auch fand, dass es eine Schwalbe war.

„Bernd Hölzenbein - der Kämpfer, das Schlitzohr, der Torjäger - ist, kaum überhörbar, ein verbitterter Mann“, schrieb 2001 ein Reporter der Welt am Sonntag, mit dem Hölzenbein damals sprach.

„Hätte der VAR den Elfmeter aufgehoben?“

Obwohl das Thema auch später omnipräsent blieb, wuchs doch etwas Gras darüber. Irgendwann sei die Sache zur Routine geworden, berichtete Hölzenbein, „und es ist okay für mich - es bringt ja nichts.“

Auch in den Niederlanden ist zu merken, dass das Thema inzwischen mehr Folklore als noch ein wirklicher Aufreger ist. Wenngleich Hölzenbeins Tod nochmal zum Anlass genommen wird, die alte Frage wieder aufzukochen. Mehrere Medien veröffentlichten seit Dienstag Artikel mit der Überschrift: „Hätte der VAR den Elfmeter von 1974 aufgehoben?“

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Eine findige Gegenfrage kam dazu in den sozialen Medien vom Sporthistoriker Jurryt van de Vooren: Er erinnerte daran, dass die Niederlande 1973 schon in der WM-Qualifikation gescheitert wären, hätte der VAR damals die Aberkennung eines regulären Tors des Belgiers Jan Verheyen kassiert.