Home>Fußball>DFB-Team>

Fußball-Youngster und Geld: Ex-BVB-Star Bender sieht folgenschweren Wandel

DFB-Team>

Fußball-Youngster und Geld: Ex-BVB-Star Bender sieht folgenschweren Wandel

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

Bender sieht folgenschweren Wandel

Ex-BVB-Star Sven Bender, nun Jugendcoach beim DFB, spricht im SPORT1-Interview über den Weg der U17 ins WM-Finale - und darüber, wie sich das Verhältnis von Jungprofis zum Geld verändert hat.
Deutschland trifft im Finale der U17-WM wie auch schon im EM-Endspiel auf Frankreich. Trainer Christian Wück möchte den Triumph im Juni als Blaupause für den Showdown in Indonesien nutzen.
Ex-BVB-Star Sven Bender, nun Jugendcoach beim DFB, spricht im SPORT1-Interview über den Weg der U17 ins WM-Finale - und darüber, wie sich das Verhältnis von Jungprofis zum Geld verändert hat.

„Ich bin fest davon überzeugt, dass Sven ein herausragender Botschafter in Bezug auf Werte ist.“ Diese schönen Worte stammen von Marco Kurz, dem ersten Profitrainer von Sven Bender bei 1860 München.

{ "placeholderType": "MREC" }

Der heute 34-Jährige startete gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder Lars Bender seine Profikarriere bei den Löwen - und ist jetzt beim DFB als Jugendtrainer im Einsatz.

In exklusiven SPORT1-Interview spricht Sven Bender über seine Arbeit als Co-Trainer der U16-Junioren, die U17 vor dem WM-Finale am Samstag gegen Frankreich (ab 13 Uhr im SPORT1-Liveticker), seinen Weg als Coach und einen Mentalitätswandel bei jungen Spielern im heutigen Fußballgeschäft, auch beim Thema Geld.

SPORT1: Herr Bender, die U17 sorgt derzeit bei der WM in Indonesien für Furore und steht am Samstag im Finale gegen Frankreich. Wie blicken Sie darauf?

{ "placeholderType": "MREC" }

Sven Bender: Ich bin total begeistert und finde es wunderschön zu sehen, wie die Jungs als Team zusammengewachsen sind und mit wie viel Herz sie spielen! Selbst wenn ein Gegner spielerisch überlegen wirkt, wird sich gewehrt und man hält zusammen. Bei der U17 ist eine ganz neue Energie entstanden, eine Kraft und Überzeugung, mit der man ein Spiel drehen kann. Da steckt viel Herzblut drin. Das ist ein eingeschworener Haufen. Die Jungs stehen zurecht im Finale. Und ich drücke ganz fest beide Daumen, dass sie den Titel gewinnen.

SPORT1: Was macht die Jungs der U17 so besonders?

Bender: Jeder einzelne bringt eine unfassbare individuelle Qualität und viel Talent mit. Sie besitzen aber auch Eigenschaften, die zum Fußball gehören. Dort wird alles reingeworfen, und man sieht, was im Fußball bewegt werden kann.

SPORT1: Hat sich diese Entwicklung bei der U17 abgezeichnet?

Bender: Wir sind nicht die U18, die bei der U17-WM spielt*. Wir haben die erste Qualifikationsrunde erfolgreich absolviert, und man merkt, dass die Jungs im vergangenen Jahr über die U16 viel Länderspiel-Erfahrung gesammelt haben und sich an das höhere internationale Niveau gewöhnt haben. Sie haben alle einen großen Schritt nach vorn gemacht, und wir sind zuversichtlich. Viele klopfen bereits bei ihren Klubs bei der U19 an, und wir freuen uns auf das kommende Jahr mit dem Algarve Cup oder der EM-Qualifikation, bei der wir uns für die EM qualifizieren möchten.

{ "placeholderType": "MREC" }

*Anm. d. Red.: die U17-Mannschaft, die bereits im Sommer Europameister wurde und nun das Turnier bestreitet, ist offiziell bereits die U18-Auswahl. Die U16, welche unlängst in die U17-Jugend aufgestiegen ist, wird von Sven Bender trainiert und arbeitet auf künftige Turniere hin.

Bender über DFB-Trainerstelle: „Total ungewohnt“

SPORT1: Im Juni 2022 hat Sie der Deutsche Fußball-Bund zum neuen Assistenztrainer der damaligen U16-Nationalmannschaft berufen. Wie waren damals die ersten Schritte im Trainerjob?

Bender: Total ungewohnt. Ich war von Anfang an sehr dankbar für diese Möglichkeit, eine andere Perspektive zu bekommen. Ich kannte immer nur die Sicht des Spielers. Es war schön, einen anderen Blickwinkel auf den Fußball zu erhalten und diesen Weg im Jugendbereich zu starten, weil ich ihn von mir damals kannte, auch wenn es 20 Jahre her sind. Es ist unglaublich viel passiert, alles ist professioneller geworden. Der Anfang war nicht ganz einfach, da ich noch wie ein Profi gedacht habe. Ich musste mich etwas zurücknehmen, um einzuschätzen, was ich den Jungs weitergeben kann. Es war auch teilweise unfair, weil ich an der einen oder anderen Stelle zu viel erwartet habe.

SPORT1: Was können Sie den jungen Spielern mitgeben?

Bender: Vor allem geht es um Werte. Für Lars und mich war immer eines wichtig: viel zu geben. Wenn man viel gibt, kann es sein, dass man im Leben auch etwas zurückbekommt. Wenn ich jedoch nichts gebe und viel vom Fußball erwarte, werde ich nichts zurückbekommen. Für uns galt immer: Nutze jede Chance, um besser zu werden. Dann machst du immer einen Schritt weiter. Am Ende bin ich dafür sehr dankbar, auch Lars. Wir haben in unserer Karriere viel gegeben, aber auch viel bekommen. Das gebe ich den Jungs mit. Sie sollen jede Trainingseinheit nutzen und bloß nichts herschenken. Sie dürfen Fehler machen, aber Fehler aus Leidenschaft kann man verzeihen. Mit Willen, Leidenschaft und Bereitschaft kann man viel erreichen.

SPORT1: Worauf kommt es heutzutage am meisten an auf dem Weg zum Profi?

{ "placeholderType": "MREC" }

Bender: Leider ist etwas verloren gegangen, aber es kommt auf die Einstellung zum Beruf an. Dies beginnt bereits in den Nachwuchsleistungszentren. Es geht darum, das Ziel Fußball-Profi unbedingt erreichen zu wollen und dafür alles zu geben. Früher war den Spielern egal, wie der Platz war oder wer an der Seitenlinie stand und dich kritisierte. Stattdessen ging es darum, oben anzukommen. Zu dieser Zeit haben sich die Spieler noch nicht so intensiv damit auseinandergesetzt, was der andere einem geben kann, damit ich oben ankomme. Jeder, der im Fußball arbeitet und Spieler entwickelt, möchte am liebsten alle seine Jungs nach oben bringen. Die Einstellung der Spieler ist dabei entscheidend. Wenn man es schafft, hat dies viel mit der eigenen Haltung zu tun.

„Im Fußball geht es nun mal um viel Geld“

SPORT1: Wird heutzutage zu schnell nur auf das Geld, Klamotten, teure Autos geschaut? Oft wird Talenten der Kopf mit Unsummen verdreht und manch einer hat sogar schon zwei Berater.

Bender: Im Fußball geht es nun mal um viel Geld. Es ist die Frage, wie man damit umgeht. Ich will da keinem einen Vorwurf machen, aber es ist für junge Spieler extrem schwierig, so schnell damit umzugehen. Ich bin so dankbar, dass es in meiner Karriere kleine Schritte waren, was das Finanzielle betrifft. Mein Gehalt hat immer zu meiner Entwicklung gepasst. Das hat mich dann doch sehr geerdet. Ich konnte peu à peu dadurch wachsen.

SPORT1: Haben Sie da ein konkretes Beispiel?

Bender: Für uns waren früher nur die Bundesliga und die Stars, die am Ende Pokale oder die Meisterschale hochhalten, sichtbar. Das war unsere Vision von dem, was wir erreichen wollten. Natürlich hieß es damals schon, dass wir finanziell gut leben könnten. Aber für uns war dieser finanzielle Reiz damit verbunden, dass man als Spieler Titel gewinnt. Wir hatten kaum andere Eindrücke. Heute sehen die Jungs auf Social Media, dass manche Profis zum Beispiel mit Privatjets fliegen. Ihr Bild vom Profifußballer ist ganz anders als die Vision, die wir früher hatten. Deshalb ist das Umfeld so wichtig, um klar zu bleiben.

SPORT1: Sie selbst sind ein Teil dessen als U16-Trainer. Ihre jüngere Nationalmannschaft hat zum Ende des Jahres 2023 doppelt gegen die Türkei getestet. In Antalya gab es für das Team des Jahrgangs 2007 ein 1:1 und einen 4:3-Erfolg. Wie bewerten Sie die beiden Auftritte?

Sven Bender: Mit gemischten Gefühlen. Von den Ergebnissen her war es in Ordnung, von den Spielen her können wir nicht ganz zufrieden sein. Im zweiten Spiel hätten wir uns vieles erleichtern können, denn wir hatten in der Anfangsphase viele Chancen. Da haben wir uns das Leben etwas schwer gemacht. Aber wir hatten im Vergleich zu unserer Qualifikationsrunde viele neue Spieler dabei und davon waren einige schon länger nicht mehr bei uns. Doch jeder sollte die Chance bekommen, sich nochmal zu zeigen. Es war sehr aufschlussreich. Wir wollten den Jungs das internationale Niveau näher bringen.

Nagelsmann? „Zuversichtlich, was die Heim-EM betrifft“

SPORT1: Das internationale Niveau, auf dem sie lange genug spielten. Wie schauen Sie zurück auf Ihre Karriere als Profi?

Bender: Es waren der eine oder andere Titel mit dem BVB dabei, doch ich möchte meine Karriere nicht nur darauf reduzieren. Ich konnte wunderbare Momente erleben - auf und neben dem Platz. Mein Ziel war es, all die Jahre (15 Profijahre, Anm. d. Red.) alles auf dem Platz zu geben. Das ist mir ganz gut gelungen. Ich kann zufrieden in den Spiegel schauen. Ich habe immer mit Herz Fußball gespielt und war während meiner Karriere nie zufrieden. Nach meinem letzten Spiel war ich dann zum ersten Mal so richtig zufrieden.

SPORT1: Sie haben ganz bewusst mit Lars die Karriere relativ früh beendet und gingen zusammen in den Amateursport zu einem Fußballverein in Ihrer Heimat. Nun sind Sie aber doch wieder im Profi-Fußball tätig. Wann fand da ein Umdenken statt?

Bender: Ich brauchte einfach Abstand vom Profi-Fußball, Lars auch. Wir mussten uns wieder erden. Fußball ist so ein schnelllebiges Geschäft, und wir mussten dem entkommen. Das Jahr in der Heimat hat uns gutgetan, denn wir sind mit einem Fußballer-Herz geboren. Wir haben uns dann die Frage gestellt, dem Fußball komplett den Rücken zu kehren oder nicht und sind dann zu dem Schluss gekommen, dass es uns guttut, wenn wir weiterhin im Profifußball bleiben. Wir standen immer für gewisse Werte und wollten mithelfen, dass diese Werte nicht verloren gehen. Wir möchten etwas an die junge Generation weitergeben.

SPORT1: Viele der angesprochenen Werte und Leistungen wünscht man sich auch von der A-Nationalmannschaft, warum aber gelingt das nicht?

Bender: Man kann den Jugendbereich auch nicht mit dem Profibereich vergleichen. Was ich jedoch sagen kann: Ich bin sehr zuversichtlich, was die Heim-EM im nächsten Jahr betrifft. Die Jungs haben noch Zeit, und das Team wird sich unter Julian Nagelsmann finden. Ich hoffe auch, dass durch die Heim-EM eine Dynamik entsteht und die Mannschaft eine eigene Euphorie entwickelt. Eine ähnliche Begeisterung wie 2006 wäre toll. Je näher das Turnier rückt, desto mehr Energie wird freigesetzt.