Miroslav Klose fehlen in der deutschen Nationalmannschaft die Führungsspieler. „Ich habe 13 Jahre in der Nationalelf gespielt, und wir hatten immer einen Kern an Jungs, die die Dinge mehr oder weniger selbst bestimmt haben – im Training, in den Spielen, in der Kabine. Jetzt hast du viele, vielleicht zu viele, die diese Aufgaben nicht übernehmen wollen“, sagte der WM-Rekordtorschütze im Interview mit dem RedaktionsNetzwerk Deutschland.
Klose: „Die hatten Angst vor uns!“
Klose formulierte eine klare Forderung: „Auch mal hinstellen, wenn es nicht so läuft, Kritik anzunehmen. Dass junge Spieler jemanden haben, an dem sie sich orientieren können.“
Bei der „aktuellen Generation habe ich bei aller Qualität oft das Gefühl, dass sie sich sofort angegriffen fühlt. Das ist nicht gut.“ Feedback, gerade von den eigenen Kollegen, sei ihm immer am wichtigsten gewesen. Führungsspieler könne man sich zwar nicht backen, aber man könne sie ausbilden.
Klose: „Wir waren nicht besser, aber ...“
Für den Weltmeister von 2014 sind die fehlenden Typen auch der Hauptgrund, dass die DFB-Auswahl drei Turnier-Enttäuschungen in Folge erlebt hat.
„Das Selbstverständnis ist nicht mehr da, früher sind wir rausgegangen: Hier kommen die Deutschen, uns kann keiner was. Wir haben die Gegner reihenweise zermürbt, die hatten Angst vor uns“, sagte Klose und fügte an: „Wir waren nicht individuell oder taktisch besser, aber wir haben dazwischengehauen. Und wer uns besiegen wollte, wusste, dass es wehtut.“
Daher seien Thomas Müller und Mats Hummels auch im fortgeschrittenen Alter wichtig für die Mannschaft von Bundestrainer Julian Nagelsmann. „Die ecken an, die hinterfragen – jeden Einzelnen. Die nerven mitunter auch, aber das ist unglaublich wichtig“, sagte Klose.
Das Schlimmste sei, wenn „die Spieler ohne Feedback nach Hause gehen. Oder beleidigt sind, wenn sie mal kritisiert werden.“
Moukoko, Beier, Glatzel: So schätzt Klose die deutschen Youngster ein
Neben den klassischen Führungsspielern vermisst Klose beim DFB-Team vor allem einen echten Weltklassestürmer. Mit Niclas Füllkrug und Marvin Ducksch verfüge die Nationalmannschaft aber dennoch über Qualität.
Beide seien kämpferisch und mit vollem Einsatz unterwegs: „Und wenn man so spielstarke Dribbler im Mittelfeld hat wie beispielsweise Jamal Musiala und Florian Wirtz, sind die beiden Brecher so etwas wie der Gegenpol.“
Um Geduld bat er bei Youssoufa Moukoko, der als große Sturmhoffnung derzeit bei Borussia Dortmund ein Dasein als Ersatzspieler fristet: „Er wurde extrem jung gehypt, muss aber auch lernen, mit Rückschlägen umzugehen, sich gegen Widerstände zu wehren – je früher, desto besser.“
Dass Moukoko ins zweite Glied gerückt sei, könne diesem sogar langfristig guttun: „Man darf nicht vergessen, der Junge ist 18 und hat was, was andere nicht haben: Er kann aus dem Nichts Tore schießen. Gebt ihm bitte noch Zeit.
Lobende Worte hatte Klose außerdem auch für Nachwuchsspieler Maximilian Beier von der TSG Hoffenheim übrig: „Ich bin mir sicher, dass Nagelsmann ihn auf dem Radar hat. Ich habe in meinen ersten Jahren als U17-Trainer (beim FC Bayern, Anm.) noch gegen ihn gespielt und seine Qualitäten sind sofort aufgefallen.“
Außenseiter-Chancen räumt Klose zudem Robert Glatzel ein. Auch wenn dieser mit dem Hamburger SV in der zweiten Liga weniger Punkte sammeln könne: „Auf Strecke muss man in der Bundesliga einfach jede Woche konstant abliefern. Ich glaube nicht, dass es unmöglich ist, da Glatzel schon eine Präsenz hat, aber diese muss er irgendwann auch auf höchstem Niveau bestätigen – vielleicht ja sogar mit dem HSV.“