Um 12.01 Uhr begann das neue Zeitalter beim DFB! Gemeinsam mit Bernd Neuendorf und Rudi Völler betrat Julian Nagelsmann voller Tatendrang in der Verbandszentrale in Frankfurt das Pressepodium.
Spielt Nagelsmann ohne Stürmer?
Blitzlichtgewitter! Dutzende Fotografen knipsten wie wild los, als Nagelsmann mit seinen neuen Bossen um die Wette strahlte. Der Nachfolger von Hansi Flick nahm einen Schluck Wasser und setzte wenig später zu seinem ersten Statement als Bundestrainer an: „Eine Heim-EM zu spielen, das ist ein extremer Anreiz und eine große Herausforderung“, sagte der 36-Jährige, der Sandro Wagner und Benjamin Glück als Co-Trainer unterstützt wird. „Wir gehen mit Enthusiasmus, Vorfreude und einem großen Verantwortungsbewusstsein in die Aufgabe. Wir brauchen die Nation und wollen die Menschen wieder begeistern.“
Wann legt Nagelsmann los? Welches Spiel schaut er gleich am Wochenende? Und wird er künftig ohne Stürmer spielen lassen? SPORT1 beantwortet die wichtigsten Fragen.
Wann startet Nagelsmann?
Sofort! Der neue Bundestrainer hatte am Freitag seinen ersten Arbeitstag. Um 6 Uhr morgens reiste er aus München nach Frankfurt und unterschrieb in der DFB-Zentrale seinen Zehn-Montags-Vertrag als Bundestrainer. Im Anschluss an die Pressekonferenz sprach der frühere Bayern-Coach um 14.30 Uhr gleich nebenan auf dem Amateur-Kongress und freute sich über den Applaus: „Es ist schön, wenn man Beifall statt Pfiffe bekommt!“ Sein erstes Spiel als DFB-Coach wird Nagelsmann am 14. Oktober in Hartford gegen die USA leiten, drei Tage später dann in Philadelphia gegen Mexiko.
Wieso fiel die Wahl auf Nagelsmann?
Wunschtrainer Jürgen Klopp stand nicht zur Verfügung. Nagelsmann war demnach die logische Wahl und der Wunsch der DFB-Spitze um Völler, Neuendorf und Hans-Joachim Watzke. „Wir haben schnell festgelegt, dass er es sein soll“, erzählte Neuendorf. Am Dienstag gab es in Köln ein entscheidendes Treffen mit Völler, Neuendorf und Nagelsmann. Nach SPORT1-Informationen fand das zweieinhalbstündige Kennenlerngespräch zuhause bei Nagelsmann-Berater Volker Struth (Sports360) statt. Im Anschluss verständigten sich alle Parteien auf eine Zusammenarbeit.
Was passiert nach der EM 2024?
Die Zusammenarbeit läuft bis zur Heim-EM 2024. Und danach? Nagelsmann hat angekündigt, dass er sich eine Weiterbeschäftigung im Erfolgsfall gut vorstellen kann. Das Heimturnier stehe „über allem“, stellte er klar. Aber von seiner Seite seit „nichts ausgeschlossen“.
Welche Spiele guckt Nagelsmann am Wochenende?
Der neue Nationalcoach wird am Sonntag in Frankfurt beim Heimspiel der Eintracht gegen Freiburg zuschauen. Co-Trainer Sandro Wagner wird, so der Plan, die Partie Dortmund gegen Wolfsburg sehen.
Wird Nagelsmann jedes Wochenende im Stadion sein?
Natürlich wird der neue DFB-Coach künftig auch in den Stadien zu sehen sein. Anders aber als Vorgänger Hansi Flick, dem es total wichtig war die Spiele live zu sehen, wird Nagelsmann den einen oder anderen Kick künftig auch mit seinem Trainerteam zuhause in München vorm TV schauen. Er ist der Ansicht, dass man manche Spiele in Ruhe besser verfolgen und analysieren kann, als vor Ort.
Wie will Nagelsmann spielen lassen?
Nach den vielen Flick-Experimenten hat Nagelsmann eine „nicht so komplexe“ Spielidee, „die leicht umzusetzen ist“ im Kopf. Er will die verunsicherten Profis nicht überfrachten. „Vor allem in schwierigen Momenten ist es wichtig, dass die Spieler etwas haben, das sie greifen können“, sagt er. Nagelsmann will vor allem einen attraktiven Fußball zeigen und strebt „eine gesunde Aggressivität in Richtung gegnerisches Tor“ an: „Es soll dem Gegner auch weh tun, gegen uns zu spielen.“
Wird es wieder eine Bayern-Achse geben?
Mit Joshua Kimmich, Leon Goretzka, Thomas Müller, Serge Gnabry, Leroy Sané, Jamal Musiala und dem zurzeit verletzten Manuel Neuer hat Nagelsmann bereits bei den Bayern gearbeitet. Niklas Süle, Timo Werner und Benjamin Henrichs kennt er ebenfalls aus seinen Zeiten bei Hoffenheim und Leipzig. Nagelsmann schwärmt von der Zeit bei den Bayern. Gut möglich, dass er auch bei der Nationalmannschaft auf viele Spieler aus seiner Bayern-Zeit setzen wird. Zuletzt waren Spieler des Rekordmeisters beim DFB nicht mehr so stark vertreten wie früher.
Zieht Nagelsmann nach Frankfurt?
Nein! Er wird weiterhin in München wohnen und gelegentlich für Termine in die DFB-Zentrale nach Frankfurt reisen. Neben Nagelsmann wohnen auch dessen Assistenten Sandro Wagner und Benjamin Glück in der bayrischen Landeshauptstadt. Nagelsmann wohnt flughafen-nah, kann also überall schnell sein.
Hat Nagelsmann die Amazon-Prime-Doku gesehen?
Nein! Der Neue will ohne Vorurteile in seinen neuen Job gehen und hat die Doku, die das zerrüttete Innenleben der Mannschaft zeigt, deshalb nicht gesehen. „Ich will mir ein eigenes Bild machen und habe die Doku bewusst nicht gesehen“, sagt er. „Aber irgendwann werde ich sie mir anschauen.“
Wird es neue Gesichter im Team geben?
Nagelsmann will nur punktuell Dinge verändern, radikale Veränderungen sind demnach nicht zu erwarten. Dennoch wird es wohl beim nächsten Lehrgang das eine oder andere überraschende Gesicht geben. Ein Kandidat könnte Abwehrspieler Robin Koch sein, der von Leeds an Frankfurt verliehen ist und der am Donnerstag gegen Aberdeen traf (2:1). Entsprechend ist Nagelsmann am Sonntag auch in Frankfurt im Stadion.
Lässt Nagelsmann ohne Stürmer spielen?
Bei den Bayern war er bereit, Robert Lewandowski ziehen zu lassen und auf einen flexiblen Angriff ohne klassische Neun umzustellen. Serge Gnabry und Sadio Mané etwa bildeten eine Doppelspitze, was zunächst gut, dann aber weniger gut funktionierte, woraufhin auch Eric Maxim Choupo-Moting häufiger zum Zug kam. Nagelsmann freut sich dem Vernehmen nach, einen echten Mittelstürmer wie Niclas Füllkrug im Kader zu haben, kann aber auch ohne spielen lassen!
Wird Neuer jetzt nicht mehr eingeladen?
Das Verhältnis zwischen Nagelsmann und Neuer galt bei den Bayern als distanziert. Joshua Kimmich war häufiger im Trainerbüro, um über Taktik und Spielphilosophie zu sprechen - was Neuer genervt haben soll. Und dann wurde auch noch Torwarttrainer und Neuer engster Vertrauter Toni Tapalovic gefeuert. Nagelsmann dazu: „Das Allerwichtigste ist, dass wir Manu die nötige Zeit geben, gesund zu werden. Wenn die Situation eintrifft, werden wir das bewerten. Es war eine sehr schwere Verletzung. Ich war immer im Bilde über den Gesundheitszustand, auch zu meiner Zeit, als ich nicht mehr Bayern-Trainer war.“ Er fügte aber auch an: „Wir haben einige Weltklasse-Keeper.“
Bleibt Gündogan Kapitän?
Ja! Von der Entscheidung, die Vorgänger Hansi Flick getroffen hat, ist Nagelsmann überzeugt. „Ilkay bleibt mein Kapitän. Ich war schon immer als Fußballer und Mensch extrem von ihm überzeugt.“ Nagelsmann hat den Barca-Star als einzigen Spieler im Vorfeld angerufen und ihn informiert. Restliche Gespräche werden nun folgen.
Wird Völler auf der Bank sitzen?
Nein! „Ich werde nicht auf die Bank gehen, sondern oben auf der Tribüne bei Aki Watzke und Bernd Neuendorf sitzen“, sagte Völler auf SPORT1-Nachfrage. „Ich bin aber nah dran am Team. Aber klar: Julian ist der Bundestrainer.“