Es gibt nur einen Rudi Völler! Der Ein-Spiel-Teamchef hat der tief gefallen deutschen Nationalmannschaft wieder Leben eingehaucht und sucht nun mit Hochdruck den neuen Bundestrainer.
Völler-Effekt! Deutschland lebt wieder
Der Fanliebling führte die stark verbesserte DFB-Auswahl zwei Tage nach der Freistellung von Hansi Flick zu einem unerwarteten 2:1 (1:0)-Prestigeerfolg gegen Vize-Weltmeister Frankreich.
Völler jubelte in Dortmund früh über das 45. Länderspieltor von Thomas Müller (4.), den späten Treffer von Leroy Sane (87.) und den ersten Sieg über den starken Nachbarn seit dem WM-Viertelfinale 2014.
Fast 20 Jahre nach seinem letzten Spiel als Teamchef beendete der DFB-Sportdirektor damit die Negativserie von drei Niederlagen in Folge, die Flicks Aus besiegelt hatte. Antoine Griezmann gelang für die Franzosen per Foulelfmeter (89.), den Sané verschuldet hatte, nur noch Ergebniskosmetik. (EINZELKRITIK: Löst er ein Dauerproblem?)
Interimscoach Völler: Darauf muss man Bock haben
„Wir mussten über die Arbeitsmoral kommen, viel leiden“, sagte Müller am ARD-Mikrofon: „Es war für uns auch nicht einfach, diese Negativserie zu ertragen, die wir selber auch verantworten. Kompliment an Rudi, Hannes Wolf und Sandro Wagner. Wir haben uns belohnt, so macht es Spaß“, erklärte der Bayern-Star weiter, der von einem „langen Weg“ sprach, aber auch einen „emotionalen Befreiungsschlag“ verspürte.
„Auf so ein Spiel muss man ja Bock haben! Wir müssen was zurückgeben, was zeigen“, sagte Völler vor dem Spiel. 276 Tage vor Turnierstart betonte er zugleich erneut, dass er als Coach nicht für die EM-Mission bereit stehe.
Mit DFB-Präsident Bernd Neuendorf und Vize Hans-Joachim Watzke soll er den Flick-Erben finden. Laut Neuendorf sei dabei ein ausländischer Trainer wie etwa Louis van Gaal ausdrücklich eine „Option“. Ab Mittwoch soll die Suche intensiviert werden.
Vorher galt der Fokus Frankreich, bei dem Kapitän Kylian Mbappé (Knie) nur zusah. Völler gelang es, die Mannschaft mit seinen Assistenten Hannes Wolf und Sandro Wagner anzustacheln.
Leidenschaft, Lauffreude, Kompaktheit - all dies war plötzlich in der zuvor völlig verunsicherten Elf zu sehen.
Müller sorgt für Blitzstart
So dauerte es keine 210 Sekunden, bis Müller einen herrlichen Angriff in Mittelstürmer-Position auf Zuspiel von Benjamin Henrichs abschloss.
Die beiden waren wie Jonathan Tah nach dem blamablen 1:4 gegen Japan für den angeschlagenen Joshua Kimmich sowie die beiden eklatantesten Schwachstellen Nico Schlotterbeck und Kai Havertz gekommen.
Kimmich, der sich mit muskulären Problemen herumschlägt und auch das Abschlusstraining am Montag verpasst hatte, stand dennoch auf dem Spielberichtsbogen, um seine Teamkollegen von der Bank aus zu unterstützen.
Auch ohne Kimmich, dessen Einsatz nach SPORT1-Informationen auch im Bundesliga-Spiel gegen Bayer Leverkusen am Freitag wackelt, legte die deutsche Elf im Vergleich zu den vergangenen Auftritten eine deutliche Leistungssteigerung hin.
Kimmich bleibt angeschlagen draußen
Völler riss beim 1:0, dem eine Balleroberung von Ilkay Gündogan vorausging, die Arme in die Luft und brüllte vor Freude.
Es fehlte nicht viel, und Völler hätte nach dem 1:0 bald erneut jubeln können: Serge Gnabry (9.) scheiterte nach einem tollen Solo, Müller (15.) vergab eine weitere Chance.
Glück hatte die DFB-Elf, als ein Stoß von Abwehrchef Antonio Rüdiger (20.) gegen den Ex-Frankfurter Randal Kolo Muani nicht mit dem fälligen Elfmeter geahndet wurde.
Sorgen um verletzten Gündogan
Kurz darauf musste Gündogan, der bei einem Luftduell mit Adrien Rabiot unglücklich gestürzt war, vom Platz (25.). Diagnose unklar. Für den Kapitän kam Pascal Groß ins Spiel und zu seinem zweiten Länderspiel.
Im deutschen Spiel kam es zu einem kleinen Bruch, dennoch schwappte La Ola durch das mit 60.486 Zuschauern fast voll besetzte Stadion. Frankreich bekam langsam Zugrff und erste Gelegenheiten.
„Die ersten zehn Minuten waren perfekt, auch danach war es gut“, sagte ARD-Experte Bastian Schweinsteiger zur Pause: „Die Frage ist, ob wir das Niveau halten können.“
Das gelang zunächst vor allem defensiv. Frankreich, das von den letzten neun Spielen nur das WM-Finale verloren hatte, wurde meist weit vor dem Tor gestoppt.
Ter Stegen rettet deutsche Führung
„Das Wichtigste ist das Abwehrverhalten“, hatte Völler gefordert. Sein Team spielte diszipliniert, die Spieler unterstützten sich.
Offensivaktionen wurden seltener. Florian Wirtz (67.) hätte erhöhen können, sein Schuss aber blieb in der französischen Abwehr hängen.
Einige weitere Wechsel störten den Spielfluss. In der 82. Minute rettete Marc-André ter Stegen gegen Ousmane Dembélé, auf der Gegenseite blieb Sané cool und erhöhte in die lange Ecke.
Gleich im Gegenzug foulte der Bayern-Spieler allerdings Eduardo Camavinga im Strafraum. Doch das späte Gegentor der Franzosen blieb denn auch allein ein Schönheitsfehler.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)