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DFB-Team: "Eigentlich ist nur Nagelsmann die passende Lösung"

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DFB-Team: "Eigentlich ist nur Nagelsmann die passende Lösung"

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„Nur Nagelsmann passende Lösung“

Matthieu Delpierre wurde von Matthias Sammer und Julian Nagelsmann trainiert, arbeitete später im Trainerstab von Hannes Wolf. Mit SPORT1 spricht der Franzose über die Zukunft des DFB - und erklärt, was Frankreich besser macht.
Rudi Völler hat sich zu möglichen Nachfolgern von Bundestrainer Hansi Flick und zu den Aussagen von Hans-Joachim Watzke über die DFB-Reform geäußert. Dabei foppte er einen Reporter.
Matthieu Delpierre wurde von Matthias Sammer und Julian Nagelsmann trainiert, arbeitete später im Trainerstab von Hannes Wolf. Mit SPORT1 spricht der Franzose über die Zukunft des DFB - und erklärt, was Frankreich besser macht.

Matthieu Delpierre wurde 2007 mit dem VfB Stuttgart Deutscher Meister. Nach acht Jahren wechselte der heute 42-jährige Franzose zur TSG Hoffenheim. Sein Trainer bei den Schwaben war in der Saison 2004/2005 Matthias Sammer, im Kraichgau hieß in der Spielzeit 2012/2013 sein Co-Trainer Julian Nagelsmann.

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2016 beendete Delpierre, der einst beim VfB als vorübergehender Dolmetscher für französische Spieler auch den neuen DFB-Direktor Hannes Wolf, der Rudi Völler gegen Frankreich auf der Trainerbank unterstützt, kennenlernte, seine aktive Laufbahn. In den vergangenen drei Jahren arbeitete er an der Akademie des VfB: als Athletiktrainer für die U15 und als Reha-Trainer für die U15 und U16. Demnächst will er den Manager-Lehrgang im Profifußball beim DFB absolvieren.

Vor dem Länderspiel zwischen Deutschland und Frankreich am Dienstagabend (ab 21 Uhr im LIVETICKER) spricht Delpierre im SPORT1-Interview über die Krise in der deutschen Nationalmannschaft, das Aus von Hansi Flick als Bundestrainer und mögliche Nachfolger.

SPORT1: Monsieur Delpierre, was sagen Sie zum Chaos bei der deutschen Nationalmannschaft?

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Matthieu Delpierre: Ich lese die ganze Zeit, dass der deutsche Fußball am Boden liegt. Ich halte das für etwas übertrieben. Man befindet sich in einer ganz schwierigen Phase, die Ergebnisse sind einfach nicht ausreichend. Nach der WM in Katar hat man gehofft, dass die Mannschaft sich verbessert und steigert, doch bis jetzt ist das nicht der Fall. Aber es steckt genug Qualität im Team, um bei der Heim-EM 2024 eine gute Rolle zu spielen.

SPORT1: Ist die deutsche Nationalmannschaft aus Ihrer Sicht aktuell keine Top-Nation?

Delpierre: Das stimmt. Aktuell ist Deutschland keine Top-Nation. Das ist sehr schade, aber es ist ein langer Prozess, der sich seit Jahren immer mehr ins Negative abgezeichnet hat. Seit der WM 2014 ist viel passiert. Man hat es nicht mehr geschafft, an die Erfolge von damals anzuknüpfen. Aber auch Frankreich hat eine lange Negativ-Phase gehabt. Andere Nationen ebenfalls. Es kann nicht immer nur nach oben gehen. Die Generationen, die jetzt in Deutschland nachkommen, haben noch kein Top-Niveau. Aber man darf nicht alles schwarz sehen. Die Deutschen sind immer zu schnell sehr kritisch und die Erwartungen sind hoch. Aktuell haben andere Nationen Deutschland überholt.

Kritik an Mario Basler: „So derb auf alle draufzuhauen...“

SPORT1: War es richtig, Hansi Flick zu entlassen?

Delpierre: Ja. Irgendwann hast du als Trainer keine Argumente mehr. Vor allem wie das Team gegen Japan aufgetreten ist, war erschreckend. Man hat so auf einen neuen Impuls gehofft, doch Flick hat es einfach nicht hinbekommen.

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SPORT1: Was haben Sie gedacht, als Sie das 1:4 gegen Japan gesehen haben?

Delpierre: Da stand kein Team auf dem Platz. Die Stärke von Deutschland war immer die Mentalität, Stabilität und Entschlossenheit sowie die Zweikampfstärke. Das hat die deutsche Mannschaft gegen Japan alles vermissen lassen. Es tat weh, das mit anzusehen. Jetzt muss ein neuer Impuls her, das ist wichtig.

SPORT1: Mario Basler sagte am Sonntag im STAHLWERK Doppelpass, dass bis auf Leroy Sané und Marc-André ter Stegen nur Blinde auf dem Platz standen. Teilen Sie diese Meinung?

Delpierre: Nein. So derb auf alle draufzuhauen, finde ich nicht gut. Wenn eine Mannschaft nicht funktioniert, leiden einzelne Spieler. Ich glaube nicht, dass die Jungs nicht wollten, sondern sie sind aktuell nicht in der Lage ihre Qualität so abzurufen, dass es der Mannschaft hilft. Das Potenzial ist schwer angekratzt. Das deutsche Team liegt am Boden. In ihren Vereinen bringen die Spieler alle top Leistungen und sind dort wichtig, für Deutschland ist das leider nicht so. Man kann aber nicht einfach so pauschal auf die Spieler draufhauen.

„Klubtrainer und Nationaltrainer sind zwei paar Schuhe“

SPORT1: Wie kann es sein, dass Hansi Flick mit dem FC Bayern das Triple holte und als Nationaltrainer so vieles schuldig blieb?

Delpierre: Klubtrainer und Nationaltrainer sind zwei Paar Schuhe. Im Verein kannst du besser etwas entwickeln. In der Nationalmannschaft hat Flick den Turnaround nicht geschafft. Da hatte er es schwer. Er hat viel ausprobiert, aber alles ging schief. Die Erwartungen waren riesengroß und der Druck ist ständig gestiegen. Damit ist Flick irgendwie nicht zurechtgekommen.

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SPORT1: Was blüht den Deutschen am Dienstag gegen Frankreich?

Delpierre: Es wird ein gutes und interessantes Spiel. Die deutschen Spieler werden hoch motiviert sein. Aber jeder Fehler wird bestraft. Les Bleus sind da eiskalt. Die Deutschen müssen entschlossener agieren, sonst wird es schwer gegen Frankreich. Es gibt für das deutsche Team die Möglichkeit, sich anders zu präsentieren.

SPORT1: Wie beurteilen Sie aktuell die französische Nationalmannschaft?

Delpierre: Sie sind aktueller Vize-Weltmeister und Weltmeister von 2018. Sie werden zu Recht als der Topfavorit bei der EM im nächsten Jahr gehandelt. Das Team von Deschamps (Frankreichs Trainer Didier Deschamps, d. Red.) ist weiter in einer super Verfassung und hat einen Lauf nach fünf Siegen in Folge. Sie sind eine Macht im europäischen Fußball aufgrund von vielen Ausnahmespielern. Frankreich ist sehr stark. Deutschland darf bloß nicht vor Ehrfurcht erstarren.

SPORT1: Worauf muss sich das deutsche Team einstellen?

Delpierre: Les Bleus sind sehr stabil, kassieren keine Tore und zeigen sich absolut kompakt. Das französische Team spielt nicht den schönsten Fußball, aber er ist sehr ergebnisorientiert und total effizient. Du darfst dir gegen Frankreich keinen Fehler erlauben.

SPORT1: Didier Deschamps ist seit 2012 Nationaltrainer von Frankreich. Einen Coach mit dieser Ausstrahlung könnte Deutschland jetzt gut gebrauchen, oder?

Delpierre: Das stimmt wohl. Er war als Spieler und als Trainer immer sehr erfolgreich. Aber er ist unbezahlbar. Er hat ein sehr gutes Gefühl für die Mannschaft und jeden einzelnen Spieler. Das ist extrem wichtig. Deschamps hat so viel Erfahrung und kann sein ganzes Fachwissen gut weitergeben. Er weiß immer, um was es geht und das wird man auch am Dienstagabend wieder sehen. Das Team wird oft kritisiert, weil es nicht schön spielt, aber die Ergebnisse sind immer da.

„Nagelsmann ist der heißeste Kandidat“

SPORT1: Wer wäre für Sie der perfekte Nationaltrainer für Deutschland?

Delpierre: (lacht) Das ist brutal schwierig. Wirklich schwierig. Es gibt nur wenige Trainer, die infrage kommen. Es wird viel spekuliert. Ich weiß nicht, welche Möglichkeiten es gibt, Nagelsmann zu bekommen. Er ist noch jung. Aber ich glaube, dass jeder hofft, dass er es wird, weil er diesen neuen Impuls setzen könnte. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er jetzt diesen Karriereschritt einschlagen wird. Und nur für neun Monate wird er das nicht machen. Aber Nagelsmann ist der heißeste Kandidat, keine Frage. Jeder wünscht sich Kloppo (Jürgen Klopp vom FC Liverpool, d. Red.). Aber die Chance, ihn zu bekommen, ist minimal. Eigentlich ist nur Nagelsmann die passende Lösung.

SPORT1: Sie hatten Julian Nagelsmann als Co-Trainer in Hoffenheim. Wie war er damals?

Delpierre: Er war sehr jung, aber man hat damals schon gemerkt, dass er mal ein großer Trainer werden kann. Nagelsmann hat ein tolles Charisma und eine starke Aura. Im Verein waren sich damals alle sicher, dass er eine große Karriere hinlegen wird. Dass das so schnell gelingt, war nicht abzusehen.

SPORT1: Würden Sie ihm den Job des Bundestrainers zutrauen? Oder sehen Sie ihn eher als Klubtrainer?

Delpierre: Er kennt viele Spieler wie Kimmich, Goretzka, Müller, Sané oder auch andere Jungs, gegen die er mit Leipzig und Bayern gespielt hat. Das ist ein extremer Vorteil. Und Nagelsmann hat in jedem seiner drei Klubs schnell etwas entwickelt. Er konnte immer seine Idee vom Fußball vermitteln. Er war überall erfolgreich. Ich traue Nagelsmann den Bundestrainer-Job absolut zu. Die Frage ist nur, ob er das auch will.

Ex-Schützling schwärmt: „Matthias Sammer steht für gewisse Werte“

SPORT1: Matthias Sammer steht nicht bereit.

Delpierre: Schade. Ein weiterer guter Trainer fällt also weg. Es wäre sicher einfacher gewesen ihn zu holen als Nagelsmann. Ich hatte schon gehört, dass Sammer nicht mehr als Trainer arbeiten möchte. Sein Fußball-Knowhow ist aber natürlich unbestritten. Und auch er hat eine Aura. Sammer steht zudem für gewisse Werte, für die die deutsche Nationalmannschaft in der Vergangenheit wichtig sind, wie Einsatzwillen und Disziplin. Sammer war mein erster Trainer in Deutschland und er war ein erstklassiger Mann, vor allem war er ein sehr guter Motivator. Seine Ansprachen waren immer top. Aber über ihn muss sich der DFB jetzt keine Gedanken mehr machen.

SPORT1: Felix Magath könnte sich den Job als Bundestrainer vorstellen, sagte er beim Radiosender NDR 90,3. Was sagen Sie dazu?

Delpierre: Felix Magath ist ein guter und erfolgreicher Trainer, ich denke jedoch nicht, dass er als Kandidat in Frage kommt. Der Wechsel von Hansi Flick zu ihm wäre eventuell zu groß.

SPORT1: Die Bundesliga verkaufte Spieler für etwas mehr als eine Milliarde Euro. Davon entfielen über 250 Millionen Euro auf französische Spieler. Woher kommt diese Fülle an Topleuten aus Frankreich?

Delpierre: In Frankreich wird schon in jungen Jahren sehr viel Fußball gespielt. Und Frankreich ist bekannt dafür, dass sich Talente ideal entwickeln können. Das war früher so und ist heute immer noch der Fall. Die Lust für diesen Sport ist unendlich. In jedem Viertel in Frankreich wird leidenschaftlich Fußball gespielt.

„Der Pool an jungen Spielern ist bei Les Bleus einfach größer“

SPORT1: Können Sie verraten, wie die Jugendarbeit in Frankreich abläuft? Was wird dort besser gemacht?

Delpierre: Ich glaube nicht, dass so viele andere Dinge grundlegend anders gemacht werden. Die Technik ist der wichtigste Teil in der Ausbildung. Es wird in den Nachwuchsleistungszentren in Deutschland auch gut gearbeitet. Nur der Pool an jungen Spielern ist bei Les Bleus einfach größer. Vielleicht ist die Durchlässigkeit in den Profifußball reinzukommen einfacher in Frankreich. Die französischen Klubs sind sehr abhängig von den Spielern, die verkauft werden. Jedes Jahr müssen ein, zwei Spieler verkauft werden, um zu überleben. Deshalb musst du junge Spieler entwickeln. In Deutschland ist diese Durchlässigkeit eventuell etwas verloren gegangen.

SPORT1: Lassen Sie uns noch über einen Landsmann von Ihnen sprechen, der zuletzt mit seinem Wechsel für mächtig Theater sorgte: Randal Kolo Muani. Macht man sowas, sich weg streiken?

Delpierre: Ganz klar, Nein. Ich hätte mir gewünscht, dass dieser Transfer ohne Streik über die Bühne geht. Das wäre für alle besser gewesen. Manche Vereine sind bereit, den Spieler loszulassen, wenn das Geld einfach stimmt. Man muss beide Seiten verstehen, aber Streik ist definitiv keine Lösung. Ich wurde in Hoffenheim in die Trainingsgruppe 2 abgeschoben und hätte es mir auch anders gewünscht. Ich hatte noch ein Jahr Vertrag und der Klub hatte nicht mehr auf mich gezählt. Das war keine schöne Situation damals, ähnlich wie zwischen der Eintracht und Kolo Muani. Die Frankfurter wussten das schon lange, dass er wegwollte. Wenn ein Spieler wegwill, hat ein Verein eigentlich keine Chance.

SPORT1: Hat er sich in Frankreich - außer bei den PSG-Fans - oder in Deutschland seinen Ruf ruiniert?

Delpierre: Leider ja. Man kann es wie mit dem Wechsel von Ousmane Dembélé von Borussia Dortmund zum FC Barcelona vergleichen. Die Fans in Frankreich freuen sich auf Kolo Muani. Er ist ein Ausnahmespieler und sie sind froh, dass er in ihrer Liga spielt. Ich verstehe die Unruhe in Deutschland. Sein Ruf ist hier sicher ruiniert. Mal schauen, was passiert, wenn er mit PSG mal nach Frankfurt kommen sollte. Das wird nicht so schön.