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Kuntz über DFB-Team: "Daran krankt es gerade im deutschen Fußball"

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Kuntz über DFB-Team: "Daran krankt es gerade im deutschen Fußball"

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Kuntz: “Es ist einfach schlecht”

Die deutsche U21-Nationalmannschaft ist bei der EM bereits in der Vorrunde ausgeschieden. Der ehemalige U21-Trainer Stefan Kuntz spricht im SPORT1-Interview über das schlechte Abschneiden, die kriselnde Stimmung beim DFB und seine Zukunft als türkischer Nationaltrainer.
Der ehemalige DFB-Trainer Stefan Kuntz hat nach dem frühen EM-Aus der U21 Sorgen um den deutschen Fußball geäußert.
Die deutsche U21-Nationalmannschaft ist bei der EM bereits in der Vorrunde ausgeschieden. Der ehemalige U21-Trainer Stefan Kuntz spricht im SPORT1-Interview über das schlechte Abschneiden, die kriselnde Stimmung beim DFB und seine Zukunft als türkischer Nationaltrainer.

Die Enttäuschung war riesengroß nach dem blamablen Abschneiden der deutschen U21-Nationalmannschaft bei der Europameisterschaft in Georgien und Rumänien.

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Nach zuletzt drei Final-Teilnahmen und zwei Turniersiegen (2017 und 2021) unter dem Trainer Stefan Kuntz - seit 2021 Nationaltrainer der Türkei - war die Mannschaft des aktuellen Nationaltrainers Antonio Di Salvo erstmals seit 2013 wieder in der EM-Vorrunde ausgeschieden.

Stefan Kuntz: „Es ist generell einfach schlecht“

Im SPORT1-Interview spricht Kuntz über das bittere EM-Aus, Di Salvo und die Situation im deutschen Fußball.

SPORT1: Sieglos! Was sagen Sie zum peinlichen Abschneiden der U21 bei der EM, Herr Kuntz?

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Stefan Kuntz: Natürlich ist es enttäuschend, wenn die deutsche Nationalmannschaft in der Vorrunde ausscheidet, vor allem, weil bei diesem Turnier auch noch die Olympia-Qualifikation dadurch nicht realisiert werden konnte. Es ist generell einfach schlecht.

SPORT1: Sie haben 2021 noch den Titel gewonnen, was ist seit diesem Triumph schief gelaufen?

Kuntz: Man kann bei der U21 nicht immer alles mit früheren Turnieren vergleichen, weil neue Spieler dazukommen und auch ein neuer Jahrgang. Als Bundestrainer bist du von externen Entwicklungen abhängig. Eine wichtige Frage ist da: Wieviel Spielzeiten bekommen die jungen Spieler in ihren Vereinen? Da gab es genug Vergleiche, dass wir da immer etwas weniger werden. Ich will gar nicht davon sprechen, was schief gelaufen ist. Man darf nicht vergessen, dass Länder wie Belgien, die Niederlande, Italien oder Kroatien auch nach Hause fahren mussten. Man sollte nicht alles überbewerten.

„Daran krankt es gerade im deutschen Fußball“

SPORT1: Sie holten bei den letzten drei Europameisterschaften zweimal den Titel, standen ein weiteres Mal im Finale. Wie soll das bitte getoppt werden? Der Druck auf Toni Di Salvo war von Anfang an unmenschlich, oder?

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Kuntz: Drei Mal das Finale und zweimal der Turniersieg - das war schon ein Rekord. Dass es nicht so weitergehen wird, musste jedem klar sein.

SPORT1: Am einfachsten wäre, Di Salvo die Schuld für diese enttäuschende EM in die Schuhe zu schieben. Es wäre aber genauso falsch. Denn das Gegenteil ist die Wahrheit: Di Salvo ist die ärmste Sau, kann am wenigsten für dieses Ausscheiden. Wie sehen Sie es?

Kuntz: Das wird beim DFB gut gemacht. Toni ist schon so lange dabei und kennt die Arbeit mit jugendlichen Spielern nur zu gut. Als Trainer bist du auch von gewissen Umständen abhängig. Toni hat sehr viele verletzungsbedingte Ausfälle gehabt. Und er musste in den zwei Jahren mit der Qualifikation sehr viele Spieler testen, weil leider immer jemand ausgefallen ist. Es gab keine eingespielte Achse. Ich hatte es da etwas leichter, konnte auf eine gute Achse zurückgreifen. Die Breite in den Nationalteams ist aktuell nicht vorhanden. Daran krankt es gerade im deutschen Fußball.

SPORT1: Wie können Sie als sein erfolgreicher Vorgänger jetzt Di Salvo helfen?

Kuntz: Toni braucht keine Hilfe. Er wird die richtigen Schlüsse ziehen und auch eine notwendige Analyse machen. Jede Niederlage oder jedes Negativerlebnis dient dazu, dass du dich selbst weiter entwickelst. Das wird auch bei Toni so sein. Wir haben natürlich Kontakt, aber Toni wird das gut verarbeiten.

Das muss sich laut Kuntz ändern

SPORT1: Die Zukunft des deutschen Fußballs ist besorgniserregend. Wie sehen Sie es?

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Kuntz: Ja, da bin ich auch dabei. Die Situation ist besorgniserregend. Es ist ein schleichender Prozess. Die Nationalmannschaft begeistert nicht mehr, auch weil keine tollen Ergebnisse eingefahren werden. Die Nationaltrams sind ein Spiegelbild von der aktuellen Situation im deutschen Fußball. Momentan sieht es nicht so gut aus. Seit 2018 sind wir nicht mehr an der Spitze in Europa.

SPORT1: Was muss sich ändern - auch in der Ausbildung?

Kuntz: Man kann es sich einfach machen und schaut auf die Bundesliga. Welche Klubs überraschen und welche Mannschaften begeistern regelmäßig, auch wenn sie in einzelnen Spielen gar nicht so gut waren? Da fällt mir natürlich der SC Freiburg und Union Berlin ein. Dort ist die Erwartungshaltung nicht so überzogen. Da ist die Einstellung in den Spielen jedes Mal top. Also könnte man sagen, dass sich die Einstellung in den Nationalteams ändern muss. Es ist aber auch ein gesellschaftliches Problem, weil letztendlich versuchen wir den Kindern so viele Konflikte wie nur möglich abzunehmen. Jeder einzelne Konflikt führt aber dazu, die Persönlichkeit und den Charakter zu fördern. In Konflikten lernst du dazu.

SPORT1: Fehler werden aber oft knallhart bestraft, oder?

Kuntz: Du machst Fehler, musst dich behaupten und musst versuchen, Lösungen zu finden. Da wird es unseren Jungs zu einfach gemacht. Ein Spieler, der sich in einem Nachwuchsleistungszentrum nicht durchsetzt oder auch mal eine Strafe bekommt, geht dann in das nächste NLZ, das 40 Kilometer entfernt liegt. Dort wird er mit offenen Armen empfangen. So kann der Charakter und die Persönlichkeit junger Spieler nicht nachhaltig ausgebildet werden. Dem deutschen Fußball fehlt es gerade an Speed. Und das defensive wie auch das offensive Eins gegen Eins.

Kuntz vor dem Aus in der Türkei?

SPORT1: Bayern Münchens Nachwuchschef Jochen Sauer hatte zuletzt unter anderem vorgeschlagen, dass es mehr Geld für Vereine gibt, wenn sie junge Spieler einsetzen. Wie ist da Ihre Meinung?

Kuntz: Grundsätzlich glaube ich, dass die Vereine deutsche Spieler einsetzen, wenn sie gut sind. Auf der einen Seite muss ich den Geld-Anreiz für die Vereine erhöhen, das gilt für die Bundesliga und teilweise auch für die 2. Liga. Auf der anderen Seite müssen Spieler auch so ausgebildet werden, dass sie eine Chance haben, in der Bundesliga oder 2. Liga zu spielen.

SPORT1: Lassen Sie uns noch über Ihre Zukunft sprechen. Zuletzt hieß es, dass Sie vor dem Rauswurf stehen würden. Wie geht es mit Ihnen weiter?

Kuntz: Ich muss mich daran gewöhnen, dass die Presse in der Türkei schreiben kann, was sie will. Es ist eine andere Form des Drucks. Deshalb bin ich froh, dass wir in den zurückliegenden Spielen dem Druck standgehalten und auch die Ergebnisse eingefahren haben. Wir sind weiterhin auf einem guten Weg uns für die EM 2024 in Deutschland zu qualifizieren. Vor allem das Spiel gegen Wales hat gezeigt, dass wir einen eigenen Stil entwickeln. Ich muss mit der Kritik und dem Druck leben, ohne dass ich mich davon beeindrucken lasse. Ich muss einfach weiter meinen Job gut machen.