„Dass Anton Stach dabei ist, ist sicherlich eine Überraschung. Er hat in Mainz seine Sache sehr gut gemacht. Anton ist noch nicht ganz ausgereift und hat noch Luft nach oben. Aber wir wollen sehen, was für Potenzial er uns anbietet. Er hat Qualitäten, die wir gebrauchen können.“
Flicks vielleicht größte Überraschung
Bundestrainer Hansi Flick hat bei seiner Nominierung Kreativität und einen gewissen Mut bewiesen. Trotz guter Leistungen bei Mainz 05 war Anton Stach bislang noch nicht bundesweit in den Schlagzeilen. (DATEN: Spielplan und Ergebnisse der WM-Qualifikation)
Burkardt: „Haben alle gejubelt, als Stach in die Kabine kam“
Das hat sich am 18. März 2022 geändert. Plötzlich ist der Fokus ein ganz anderer, das mediale Interesse am Spieler Stach groß.
Mitspieler Jonathan Burkardt freut sich bei SPORT1 sehr über dessen Werdegang: „Er hat hervorragende Leistungen gezeigt. Anton ist ein netter Kerl, ein guter Typ. Wir haben alle gejubelt, als er in die Kabine kam.“ Für Mainz 05 sei es eine große Sache, „einen A-Nationalspieler zu haben“. Nach Manuel Friedrich, André Schürrle, Lewis Holtby und Nicolai Müller ist Stach der fünfte Spieler, der in seiner Zeit in Mainz für Deutschland berufen wird.
Drei Millionen Euro nahmen Geschäftsführer Christian Heidel und Sportdirektor Martin Schmidt in Corona-Zeiten für einen Spieler in die Hand, der bis zum 28. August 2021 noch kein Bundesliga-Spiel bestritten hatte.
Stach kam als frischgebackener U21-Europameister, Olympiateilnehmer und Aufstiegsheld von Greuther Fürth zu den Rheinhessen. Es war der nächste Schritt in einer Karriere, die verhältnismäßig spät Fahrt aufnahm. Erst mit 21 Jahren zog es ihn von der Reserve des VfL Wolfsburg ins Frankenland. Nach 33 Zweitligaspielen war Stach für Fürth schon nicht mehr zu halten. (Alle News und Hintergründe zur deutschen Nationalmannschaft)
DFB-Team: Familie Stach sportlich unterwegs
Von Zufall kann dabei aber keine Rede sein. Das sportliche Können wurde dem defensiven Mittelfeldspieler in die Wiege gelegt.
Vater Matthias Stach, der am Sonntag im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1 zu Gast ist, war früher Tennisspieler, die Stimme des Reporters ist Sportfans bestens bekannt. Die Schwestern Emma und Lotta Stach sind beide als Profi-Basketballerinnen aktiv. Die Familie Stach kennt sich im Sportbusiness also bestens aus.
Die rasante Entwicklung vom Regionalliga-Kicker zum Nationalspieler war so jedoch nicht absehbar. Seit dem 14. Spieltag erst darf der 23-Jährige regelmäßig mitwirken und sein Können demonstrieren.
„Er zeigt, warum wir ihn verpflichtet haben. Anton ist ein großer Spieler, der Tempo und Dynamik mitbringt. Er hat einen sehr guten Torabschluss“, lobte sein Trainer Bo Svensson. Flick hatte den Dänen zuvor angerufen und ihm von seiner Idee berichtet: „Ich freue mich für Anton und finde auch, dass er viel Talent und Potenzial mitbringt.“
Nationalmannschaft: So reagierte Stach auf den Anruf von Flick
Svensson wäre aber nicht Svensson, wenn er nicht noch Luft nach oben sehen würde: „Anton muss sich im Defensivbereich verbessern. Er ist zwar auf einem sehr guten Weg, doch seine Entscheidungsfindung mit Ball am Fuß muss noch besser werden. Auch im Kopfballspiel kann er sich steigern. Dafür helfen ihm aber die Spiele.“ Mainz hat dennoch die Bestätigung erhalten, „warum wir ihn verpflichtet haben“. Und „hoffentlich“, so Svensson schmunzelnd, „sieht das Anton umgekehrt auch so“.
Stach selbst war an dem Tag der frohen Botschaft im Auto mit Kollege Anderson Lucoqui unterwegs. „Er wollte gerade Musik anmachen auf meinem Handy und hat gesehen, dass ich einen verpassten Anruf habe: Er hat dann mein Handy auf Lautsprecher gestellt und zurückgerufen“, blickte er auf diesen für ihn besonderen Tag zurück.
Ein Tor und sechs Vorlagen in 24 Pflichtspielen
Der gebürtige Niedersachse schilderte seine Reaktion: „Als der Bundestrainer meinen Namen sagte, haben wir beide uns mit großen Augen angeguckt, und ich musste mich wirklich sehr konzentrieren auf das Autofahren, bin dann gleich zweimal falsch abgebogen. Mir ist alles aus dem Gesicht gefallen.“
Die Nominierung kommt für Außenstehende auf den ersten Blick etwas plötzlich. Doch Heidel sagte auf SPORT1-Nachfrage: „Ich habe das Spiel gegen Borussia Dortmund zusammen mit dem Bundestrainer gesehen. Auch wenn Hansi Flick nichts zu einer Nominierung gesagt hat, war mir schon klar, dass Anton nicht das erste Mal Eindruck hinterlässt. Ganz so überrascht war ich deshalb nicht.“
Heidel hatte Stach schon früh auf dem Zettel
Der Geschäftsführer hatte Stach schon früh auf dem Zettel: „Direkt nachdem feststand, dass wir in der Bundesliga bleiben. Wir waren uns im Groben schon vor der EM einig und sind nicht durch die EM auf ihn aufmerksam geworden.“
Mainz 05 war schneller als die Konkurrenz und sicherte sich so ein Juwel. Heidel sieht Stach auch atmosphärisch voll angekommen: „Anton ist ein sehr intelligenter und aufgeweckter Junge, der hier sofort klarkam und sich in Mainz sehr wohlfühlt.“
Ob das für die Winter-Weltmeisterschaft in Katar reicht? „Jetzt hoffen wir erstmal, dass er bei den Länderspielen mal zum Einsatz kommt. Dann sehen wir weiter.“
Stach bringt einerseits sportlich Qualitäten mit, die Flick im defensiven Mittelfeld benötigt. Ein Treffer und sechs Vorlagen in 21 Bundesliga- und drei DFB-Pokal-Spielen sind eine sehr gute Quote.
Kein Spieler auf dieser Position schießt häufiger auf den gegnerischen Kasten als Stach (im Schnitt 2,23mal pro 90 Minuten). Er führt durchschnittlich zehn Defensivzweikämpfe pro Partie und gewinnt davon 59,6 Prozent – nur Ellyes Skhiri (62,5 Prozent), Atakan Karazor (61,4) und Florian Grillitsch (60,3) sind unter den Sechsern noch einen Tick stärker.
Neuer: „Stach hat einen guten Einstieg gehabt“
Andererseits sind da auch die charakterlichen Eigenschaften, die auffallen. Kapitän Manuel Neuer sagte: „Anton saß bei mir am Tisch. Er ist lebendig gewesen und hat teilweise auch die Gespräche am Tisch geführt.“ Der Torhüter betonte: „Anton hat hier einen guten Einstieg gehabt. Er fühlt sich wohl bei uns.“ (NEWS: Alles Wichtige zur WM-Qualifikation)
Möglicherweise wird Stach von Flick mit seinen ersten Länderspielen-Minuten gegen Israel oder in den Niederlanden für die rasante Entwicklung belohnt.