Befreit aufspielen. Eine dieser Formulierungen, die wohl nie aus dem mitunter sonderbaren Vokabular der Sportsprache verschwinden wird.
Löw hat sich von seinen Fesseln gelöst
In der Regel wird sie angewandt auf Mannschaften oder Spieler, für die es um nichts mehr geht.
Oder Trainer?
Bei Joachim Löw hatte man am Mittwoch den Eindruck, er habe sich von alten Fesseln gelöst, als er seinen Kader für die Europameisterschaft vorstellte.
Löw findet gute Balance
Frei von Zwängen, zu weit in die Zukunft zu denken. Umbruch, Perspektive, all das konnte Löw angesichts seiner geklärten Zukunft mit dem Abschied vom DFB im Sommer für den Moment hintenanstellen.
Einfach "nur" die aktuell besten Spieler nominieren, das war die Aufgabe. Und da hat Löw eine gute Balance gefunden für sein letztes Hurra als Bundestrainer.
Mit den erfahrenen Thomas Müller und Mats Hummels dürfte es Löw deutlich leichter fallen, eine Turniermannschaft zu formen. Eine strategische Achse auf dem Feld, eine gesunde Hierarchie auch daneben. Die formstarken Routiniers mitzunehmen, ist nur logisch.
Löws letzte Auswahl: Erfreulich pragmatisch
Im Aufgebot finden sich nun neben weiteren etablierten Führungsfiguren (Joshua Kimmich) ebenso aufstrebende Perspektivspieler (Jamal Musiala), formstarke Lösungen für Problempositionen (Christian Günter) oder lange unterschätzte Joker (Kevin Volland).
Keine der früher klassischen Ergänzungen wie Julian Draxler oder Julian Brandt, bei denen man oft den Eindruck gewann, ihre Nominierungen kämen eher pflichtschuldig.
Löws letzte Auswahl, die Klasse von 2021 - sie kommt am Ende nicht mehr überraschend, wirkt aber einfach konsequent und erfreulich pragmatisch.