Neue Spieler, alte Probleme: Jogis Jungs haben beim Start in die "neue Zeitrechnung" aufgrund einer mangelhaften Chancenverwertung nur teilweise Aufbruchstimmung erzeugt.
DFB-Elf: Stotterstart nach Umbruch
Die stark verjüngte Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw musste sich gegen Serbien in Wolfsburg nach der Ausbootung von Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng mit einem 1:1 (0:1) begnügen und benötigt zum schweren Start in die EM-Qualifikation am Sonntag in Amsterdam gegen Erzrivale Niederlande (EM-Qualifikation: Niederlande - Deutschland, So. ab 20.45 Uhr im LIVETICKER) trotz einer guten zweiten Halbzeit eine Leistungssteigerung.
Beim von Löw ausgerufenen Neustart glich der eingewechselte Leon Goretzka (69.) die Führung der Gäste durch den Frankfurter Luka Jovic (12.) aus und verhinderte damit den nächsten herben Dämpfer für die Auswahl des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) nach dem schwächsten Länderspieljahr der Geschichte mit dem historischen WM-Debakel und dem Abstieg in der Nations League.
Sane kommt glimpflich davon
Milan Pavkov sah nach einem üblen Foul an Leroy Sane (90.+3) die Rote Karte. Der Stürmer war dem Wirbelwind im Mittelfeld mit voller Wucht aufs Sprunggelenk gestiegen. Doch Sane, der behandelt werden musste, kam offenbar glimpflich davon: "Mit meinem Sprunggelenk ist alles okay, es sah wohl schlimmer aus, als es war", sagte Sane nach Abpfiff bei RTL. (Das Spiel zum Nachlesen im LIVETICKER)
Löw wiederum ärgerte sich vor allem über den frühen Gegentreffer nach einem Standard: "Es war schade, dass wir so früh in Rückstand geraten sind. Danach haben die Automatismen nicht so gut funktioniert. In der zweiten Halbzeit hat die Mannschaft ein gutes Signal ausgesendet. Es fehlte die Konsequenz im Torabschluss."
Torschütze Goretzka war nach dem verpassten Sieg nicht zufrieden: "Es war zu wenig, wenn man sich anguckt, wie viele Torchancen wir heute hatten, müssen wir natürlich mehr daraus machen. Bei den Spielanteilen, die wir heute insgesamt hatten, sollten wir das Spiel schon gewinnen."
Klostermann 101. Löw-Debütant
Rechtsverteidiger Lukas Klostermann stand als 101. Debütant der Ära Löw in der Startelf. Torhüter Manuel Neuer war der letzte verbliebene Rio-Weltmeister in der Anfangsformation, in der die Feldspieler ein Durchschnittsalter von 23,4 Jahren aufwiesen.
Löw setzte dabei auf Blockbildung. Die elf Spieler kamen aus lediglich vier verschiedenen Klubs und hatten von Löw einen klaren Auftrag mitbekommen: "Mehr Dynamik, mehr Tempo, mehr Zielstrebigkeit".
Die jungen Wilden waren vor 26.101 Zuschauern bemüht, die Vorgaben ihres Chefs mit Spielfreude und vielen Kombinationen umzusetzen - doch der Schock kam schnell.
Jovic trifft für Serbien
Nach einer Ecke köpfte Joshua Kimmich seinem Gegenspieler Nikola Maksimovic an den Rücken, von dort landete der Ball beim am Fünfmeterraum völlig freistehenden Jovic. Der Frankfurter ließ bei seinem ersten Länderspieltor Neuer per Kopf keine Chance.
Der frühe Gegentreffer zeigte Wirkung. Gegen tief stehende Serben tat sich der viermalige Weltmeister zunächst schwer, die Lücke zu finden.
Werner lässt Großchancen liegen
Das Offensiv-Trio Timo Werner, Julian Brandt und Sane wechselte ständig die Positionen, doch es fehlte das Überraschungsmoment. Werner bot sich dennoch die Chance zum Ausgleich. Nach Balleroberung des sehr emsigen Ilkay Gündogan und Pass von Kai Havertz scheiterte der Leipziger aber an Torhüter Marko Dmitrovic (22.).
Die ersatzgeschwächten Gäste setzten nur wenige Nadelstiche, sattelfest war die deutsche Abwehr dabei nicht, es fehlte zudem der Zugriff im Mittelfeld. Klostermann rettete nach einem Konter der Serben in höchster Not gegen Jovic (25.).
Nachdem Sane vergeblich einen Elfmeter nach Foul von Miroslav Bogosavac gefordert hatte (32.), bot sich Werner die hundertprozentige Chance zum Ausgleich. Nach schönem Zusammenspiel zwischen Kimmich und dem engagierten Klostermann schoss der Stürmer aus fünf Metern Dmitrovic an (37.).
Auf der anderen Seite vergab Adem Ljajic freistehend vor Neuer überhastet (41.). Löw versuchte nicht nur nach dieser Szene seiner Elf mit gezielten Anweisungen Halt und Orientierung zu geben - es half in dieser Phase wenig.
"Wir haben gut angefangen, sehr couragiert. Dann kommt dieses dumme Tor. Danach musste die junge Mannschaft erst einmal zu sich finden, und es wurde etwas zäh", sagte der ehemalige Bundestrainer Jürgen Klinsmann in der Halbzeitpause als RTL-Experte.
Goretzka trifft zum Ausgleich
Löw reagierte auf den Rückstand und brachte den formstarken Marco Reus nach der Halbzeit für Havertz. Marc-Andre ter Stegen löste wie zuvor besprochen Neuer im Tor ab, Gündogan übernahm die Kapitänsbinde des Bayern-Profis. Doch die Defensiv-Probleme blieben.
Darko Lazovic vergab kurz nach Wiederbeginn den zweiten Treffer (48.).
Danach kam das deutsche Offensivspiel aber mehr und mehr in Schwung. Reus (59.) und Sane (64.) scheiterten am überragenden Dmitrovic, dann kratzte Maksimovic einen Abschluss von Gündogan von der eigenen Linie (65.).
Doch die junge DFB-Auswahl ließ sich nicht entmutigen. Nach klugem Rückpass vom starken Reus traf Goretzka zum verdienten Ausgleich. Sane (73., 77.) und Reus (75.) vergaben weitere Möglichkeiten, weshalb der deutsche Siegtreffer nicht mehr fallen sollte.