Felix Magath erinnert sich gerne. 2003 holte er Philipp Lahm zum VfB Stuttgart, weil der gelernte Rechtsverteidiger in München den Sprung von den Amateuren in die erste Mannschaft nicht schaffte. Damals war Lahm gerade mal 20 Jahre jung. Und unerfahren. 15 Jahre später sorgt der frühere Kapitän der Nationalmannschaft für Aufsehen.
Magath überrrascht von Lahm
Der 34-Jährige hatte vor einigen Tagen Bundestrainer Joachim Löw zu Veränderungen geraten und dessen Umgang mit seinen Spielern als überholt abqualifiziert.
"Ich bin überzeugt davon, dass Jogi Löw seinen kollegialen Führungsstil der letzten Jahre ändern muss, wenn er mit der neuen Generation von Nationalspielern wieder Erfolg haben möchte", schrieb Lahm in einem Beitrag für das soziale Netzwerk LinkedIn.
"Er muss eine Kultur strafferer, klarerer Entscheidungen etablieren, als er selbst das gewohnt war."
Magath überrascht über Lahm
Magath wundert sich etwas über das Vorpreschen seines Ex-Schützlings. "Philipp war als junger Spieler immer bescheiden und diszipliniert. Und er war immer intelligent. Er hat sich aber nie vorlaut in den Vordergrund gedrängt, sondern war immer recht bescheiden", sagte der 64-Jährige im Gespräch mit SPORT1.
Am Sonntag legte Lahm nochmals nach, indem er seine Kritik an Löw und an DFB-Teammanager Oliver Bierhoff bekräftigte und zugleich ungewohnt unverhohlen eigene Ambitionen für einen Posten beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) formulierte.
In der ARD erklärte der Weltmeister von 2014 auf die Frage, ob er sich mit seinen aktuellen Statements für einen Job beim DFB in Stellung bringe: "Das kann man definitiv so sehen."
Magath: Lahm gut fürs DFB-Team
Für Magath wäre Lahm durchaus der richtige Mann für die Zukunft: "Er hat genügend Erfahrung im Fußball gesammelt. Nicht nur der Bundesliga, sondern auch der Nationalmannschaft würde ein Philipp Lahm daher gut tun. Jemand, der nicht nur Fußball gesehen hat, sondern Fußball auch auf höchstem Niveau gespielt hat. Ich glaube, dass wäre insgesamt für den deutschen Fußball nur hilfreich."
Ottmar Hitzfeld, der ebenfalls lange Zeit als Lahms Trainer fungierte, unterstützt Magaths These. "Philipp war immer ein Perfektionist, der an die Leistungsgrenze gegangen ist und ein Vorbild innerhalb der Mannschaft war. Mit seinem Ehrgeiz und seiner Kompetenz könnte er weiterhelfen", sagte der 69-Jährige zu SPORT1.
HSV-Legende Magath denkt derweil gerne an die Zeit zurück, als er den jungen Lahm unter seinen Fittichen hatte. "Als ich den Philipp kennengelernt habe, war er ein Nichts. Er spielte beim großen FC Bayern in der zweiten Mannschaft und hat da drei Jahre gespielt, ohne, dass er in der Bundesliga eine Chance bekam."
Lahm sei "ein junger Mann" gewesen und "man konnte nicht erwarten, dass einer mit 20 oder 21 Jahren und ohne großen Erfolg sich nicht mehr entwickelt. Heute ist Philipp aber eine Persönlichkeit."
Lahms Vorgehen hat Methode
Und als solche hat Lahm schon öfter offen auf Missstände aufmerksam gemacht.
Das war schon 2009 so, als er der Süddeutschen Zeitung ein Interview gab, ohne den Verein, wie vertraglich vereinbart, vorab darüber zu informieren. Darin kritisierte Lahm die FCB-Bosse für deren Einkaufspolitik. Und bekam eine Rekordstrafe in Höhe von 50.000 Euro aufgebrummt.
Lahm rechtfertigte sich damals in seinem Buch "Der feine Unterschied" mit den Worten: "Ich bin kein Mensch, der Ärger sucht. Aber ich nehme Ärger in Kauf, wenn ich etwas damit bewirken kann."
Und fügte hinzu: "Engagement ist keine einmalige Sache, und Courage musst du täglich neu beweisen. Auch dafür ist Uli Hoeneß das beste Beispiel, ich würde fast sagen: mein Vorbild."
Lahm schon öfter auf Konfrontationskurs
Weitere Lahm-Aufreger: 2010 teilte der Ex-Bayern-Star während der WM in Südafrika mit, die Kapitänsbinde nicht mehr hergeben zu wollen, die er lediglich übernahm, weil DFB-Kapitän Michael Ballack vorher die WM verletzt verpasste.
2011 ging Lahm in seinem Buch Ex-Bundestrainer Rudi Völler (2000 bis 2004) an. Er hatte geschrieben, man habe unter Völler "nichts Spezielles" trainiert. "Lustig, ja, und völlig unsystematisch", hieß es über Völlers Methodik.
Dieser attackierte Lahm daraufhin mit den Worten "Erbärmlich, schäbig und null Charakter".
Über den früheren Bayern-Coach Jürgen Klinsmann (Juli 2008 bis April 2009) schrieb Lahm: "Bei Klinsmann trainierten wir fast nur Fitness. Taktische Belange kamen zu kurz." Schon "nach sechs oder acht Wochen" hätten alle Spieler gewusst, "dass es mit Klinsmann nicht gehen würde. Der Rest der Saison war Schadensbegrenzung".
Nun hat Lahm Völler und Co. erneut überrascht…