Wer nach seinem ersten Länderspiel für Deutschland in einem Atemzug mit Fritz Walter genannt wird, kann so viel nicht falsch gemacht haben.
"Wahnsinnige Qualität": Gnabry startet durch
Serge Gnabry durfte also nach seinem Dreierpack beim 8:0 der DFB-Auswahl in San Marino guten Gewissens von einem "Super-Einstand" im Team von Bundestrainer Joachim Löw sprechen.
Schließlich hatte er sich mit seinen drei Toren bei seiner Premiere in einen exklusiven Kreis katapultiert. Außer ihm war nur dem Weltmeisterkapitän von 1954, zuvor Otto Dumke und Josef Pöttinger und später Heinz Strehl sowie Dieter Müller ein vergleichbarer Start im DFB-Ensemble geglückt.
"Das hätte ich mir noch am Morgen nicht träumen lassen", meinte der 21-Jährige nach dem Spiel auf SPORT1-Nachfrage. Andere waren vom starken Auftritt des Bremers weniger überrascht.
Khedira scherzt über Ausbeute von Gnabry
"Den Dreierpack haben wir auch von ihm erwartet", kommentierte Interimskapitän Sami Khedira mit trockenem Humor. "Alles andere wäre eine Enttäuschung gewesen."
Gnabry sei ein "einwandfreier Junge, er hat einfach Spaß am Fußballspielen. Dass er Fähigkeiten im Abschluss hat, hat er heute unter Beweis gestellt. Er hat eine wahnsinnige Qualität, jetzt kommt er langsam ins Rollen."
Starke Technik, ein unaufhaltsamer Antritt, Ruhe vor dem Tor, ein Auge für den Mitspieler und dazu die Bereitschaft, nach hinten mitzuarbeiten, zeichnen den Schwaben aus.
Nouri: "Ein totaler Teamplayer"
"Serge ist ein totaler Teamplayer", sagt sein Vereinstrainer Alexander Nouri. "Die Kombination aus Individualismus und Teamfähigkeit hebt seine Gesamtperformance auf ein richtig hohes Level."
Gnabry selbst hält sein defensives Mitarbeiten für etwas völlig Selbstverständliches. "Ich kann mir doch nicht rausnehmen, nur Offensiv-Aktionen zu machen - und hinten fallen die Tore, weil ich nicht mitmache", erklärte er der Süddeutschen Zeitung.
"Ich kann ja auch vorne meine Aktionen nicht durchführen, wenn die anderen den Pass nicht spielen oder den Laufweg nicht machen."
Unerwarteter Wechsel nach Bremen
Genau diese Denke ist es, die ihm auf Sicht im Nationalteam Vorteile zum Beispiel gegenüber dem im Rückwärtsgang nicht immer sorgfältigen Julian Draxler verschaffen kann.
Dass ein Talent dieses Niveaus im Sommer für fünf Millionen Euro vom FC Arsenal in die Bundesliganiederungen nach Bremen gewechselt ist, ist für viele - erst recht nach der starken Länderspielpremiere - immer noch unverständlich.
Die Fans der Gunners reiben sich verwundert die Augen, dass ihr einst mit 17 Jahren und 102 Tagen jüngster deutscher Champions-League-Debütant aller Zeiten nun in seiner Heimat so durchstartet.
Knieverletzung bringt Gnabry aus dem Tritt
Standen doch seit dessen Wechsel im Sommer 2011 für 100.000 Euro aus der Jugend des VfB Stuttgart nach London gerade einmal zehn Premier-League-Einsätze auf dessen Konto.
Eine langwierige Knieverletzung hatte Gnabry von April bis Oktober 2014 lahm gelegt. Anschließend kam er bei Arsenal nicht mehr auf die Beine, bei seiner Leihstation West Bromwich Albion in der Vorsaison spielte er keine Minute in Englands Eliteliga.
"Die letzten zwei Jahre waren sehr schwer für mich", sagt Gnabry rückblickend. Doch die Olympischen Spiele in Rio de Janeiro, wo er mit sechs Treffern zum Torschützenkönig avancierte und half, die Silbermedaille zu gewinnen, brachten die Wende zum Guten.
Bei Olympia beginnt Gnabrys Lauf
"Olympia war für mich ausschlaggebend, dass es so gekommen ist", meint er. "Davor war es sehr schwer für mich, ich habe keine Spielzeit bekommen."
Die berechtigte Hoffnung auf genau die war letztlich das Hauptargument für seinen Wechsel an die Weser, obwohl sich laut Schalkes Manager Christian Heidel "17 von 18 Bundesligisten" plötzlich die Finger nach ihm leckten.
Vier Tore in neun Ligaeinsätzen für Werder haben ihm nun die Chance bei Bundestrainer Joachim Löw eingebracht.
"Mit den Toren kommt das Selbstbewusstsein", erklärt der 21-Jährige seinen Lauf. "Ich weiß, was ich kann, wenn mein Körper mitspielt, ich fit bin und regelmäßig Spielzeiten bekomme."
Hrubesch: Gnabry auf den Spuren von Özil
Sein Olympia- und U21-Coach Horst Hrubesch traut Gnabry gar "eine Karriere wie Mesut Özil" zu. Die drei Treffer in Serravalle könnten ein Schritt in diese Richtung gewesen sein.
"Man sollte da jetzt nicht zu viel daraus machen", hält der Vielgelobte den Ball flach. Schließlich sei "San Marino natürlich insgesamt kein Maßstab", wie Löw richtig einordnete. "Das darf man nicht überbewerten."
Dennoch hat Gnabry seine erste Marke im DFB-Kreis gesetzt - oder mit den Worten von Mats Hummels zu SPORT1: "Er hat uns in dem Spiel sehr gut getan."