Er brüllte, er litt, er fieberte mit: Stefan Kuntz benötigte bei seinem Debüt als U21-Nationaltrainer etwa eine Halbzeit, dann war aus dem Funktionär wieder ein Coach geworden.
Viel Lob für Kuntz nach Debüt-Sieg
"Irgendwann habe ich gemerkt, dass ich versucht habe, selber zu schießen. Und ich habe viel mehr reingerufen, als ich wollte", sagte Kuntz nach dem deutlichen 3:0 (2:0) gegen die Slowakei, bei dem er erstmals seit 13 Jahren wieder die Trainerbank drückte.
Ruhiger als Hrubesch
Der 53-Jährige lief an der Linie zwar deutlich weniger auf und ab als sein Vorgänger Horst Hrubesch, war aber mit ebenso viel Herzblut bei der Sache. Ihm sei das Coachen "sehr schnell wieder sehr leicht gefallen", sagte der langjährige Vorstandvorsitzende des 1. FC Kaiserslautern.
Allerdings machte es ihm das DFB-Team mit einer starken Leistung und Toren von Grischa Prömel (4.), Niklas Stark (40.) und Levin Öztunali (90.+3) auch denkbar einfach.
"Er hat sein Herz für die Trainerlaufbahn neu entfacht", sagte auch Kapitän Maximilian Arnold, der in Kassel die ersten beiden Tore per Eckball vorbereitete: "Er redet viel mit den Spielern, das ist ganz wichtig. Das gibt jedem das Gefühl, dass er dabei ist." Auch Torschütze Stark betonte, die Mannschaft habe im Training "viel Spaß", die Kommunikation mit Kuntz sei die Grundlage für den Erfolg.
Zweifel vor Spielbeginn
Seit Ende 2003 hatte Kuntz keinen Trainerjob mehr gehabt, dies ist für den Ex-Profi jedoch kein Problem.
"Wenn ein Lehrer irgendwann Schulleiter wird und später noch einmal Lehrer werden will, sagt doch jeder: Das ist cool, jetzt hat er noch mehr Erfahrung", sagte Kuntz. Seine Rückkehr zu den Wurzeln sei vergleichbar, schließlich sei er nicht früher Bäcker gewesen, "dann 13 Jahre Metzger" und jetzt wieder Bäcker.
Ganz ohne Fallen verlief das Comeback indes nicht, wie Kuntz lachend zugab. Vor Spielbeginn sei er unsicher gewesen, "ob man sich auch bei der gegnerischen Hymne in den Arm nimmt. Als meine Kollegen sich nicht gerührt haben, habe ich es sein gelassen", erzählte er schmunzelnd.
Zudem hätte sich das Prozedere vor Auswechslungen inzwischen verändert: "Früher hätte ich gesagt: Steht auf, komm rein. Jetzt müssen zunächst noch ein paar Formalitäten erfüllt werden."
Verlängerung nur Formsache?
Ernsthaftere Probleme ergaben sich in den 90 Minuten jedoch nicht, und so wirkte Kuntz nach seinem Debüt auch ein wenig erleichtert. Gelingt am Dienstag (ab 18 Uhr im LIVETICKER) in Finnland in der EM-Qualifikation eine ähnlich überzeugende Vorstellung, ist zudem das Ticket für die EM 2017 in Polen dank Hrubeschs Vorarbeit fast sicher.
Kuntz hat für den kommenden Sommer bereits den Titel als großes Ziel ausgegeben, denkt dabei aber Schritt für Schritt: "Wir wollen in Finnland den nächsten Schritt machen und wollen weiter unbesiegt bleiben. Aber wir müssen sehen, wer uns am Dienstag zur Verfügung steht", so Kuntz.
Eine Verlängerung seines zunächst nur ein Jahr gültigen Vertrags wäre damit wohl nur noch Formsache. Dass Kuntz darauf Lust hätte, ist spätestens seit Kassel klar.