Völlig abgekämpft wand sich Bastian Schweinsteiger nach seinem Albtraum-Abend unter den Fragen der Reporter.
Tragisches Ende für den Helden von Rio
Vor allem bei der Frage nach seiner persönlichen Zukunft wäre der abgekämpfte DFB-Kapitän wohl am liebsten ganz woanders gewesen. Mit der Hand verdeckte er sein Gesicht, ehe er sich zu einer Antwort durchrang: "Der Weg der Mannschaft geht mit Sicherheit weiter. Ich persönlich muss erst mal Abstand gewinnen."
Viel Interpretationsspielraum, den der Turnier-Rekordnationalspieler (38 Einsätze bei WM und EM) ließ. War sein 120. Länderspiel beim bitteren 0:2 gegen Frankreich gleichzeitig sein letztes? Der traurige Abschied des Helden von Rio, der wie kein Zweiter für den Aufschwung des deutschen Fußballs nach dem Debakel von 2004 stand?
Teamkollege Thomas Müller hofft, dass der Zeitpunkt für Schweinsteigers DFB-Aus noch nicht gekommen ist: "Gute Spieler können wir immer gebrauchen. Ich denke, das ist jetzt nicht der richtige Zeitpunkt."
Guter Beginn gegen Frankreich
Doch die Zeichen stehen auf Abschied. Denn Schweinsteigers Partie gegen Frankreich stand sinnbildlich für seinen Aufreibungskampf der letzten zwei Jahre gegen alle Widerstände – der letztlich doch glücklos blieb.
Wie groß war die Erleichterung im und um den DFB-Tross, als Schweinsteiger am Abschlusstraining vor dem Spiel teilnehmen konnte. Grünes Licht für den Kapitän, der gerade angesichts des Ausfalls von Sami Khedira so dringend gebraucht wurde.
Und Schweinsteiger legte gegen Frankreich gut los, gewann wichtige Zweikämpfe im Mittelfeld, ließ sich häufig zwischen die Innenverteidiger fallen und erstickte immer wieder französische Konteransätze im Keim.
Lob von Joachim Löw
"Er hat das gut gemacht", lobte ihn Bundestrainer Joachim Löw. Doch dann kam die Nachspielzeit der ersten Hälfte, eine scharf hereingeschlagene französische Ecke und die fatale rechte Hand des Kapitäns, die die Pleite gegen Frankreich einleitete.
Bundestrainer Joachim Löw verteidigte die Aktion seines Kapitäns nach dem Spiel nach Kräften: "Die Regel ist schwierig zu interpretieren, Bastian geht mit dem Kopf zum Ball, nicht mit der Hand. Insgesamt war die Leistung gut dafür, dass er so lange gefehlt hat."
Zwei Jahre Kampf für Schweinsteiger
Doch letztlich kippte Schweinsteigers Handspiel ein Spiel, das Deutschland bis dahin mit der wohl besten Turnierleistung kontrollierte. Als Schweinsteiger in der 79. Minute ausgewechselt wurde, stand es bereits 0:2. Der Traum vom Finale war in weiter Ferne.
Für den 31-Jährigen war die Partie das traurige Ende einer zweijährigen Leidenszeit. War der geschundene Schweinsteiger im Sommer 2014 noch der gefeierte Held, ging es seitdem stetig bergab: Pep Guardiola sortierte den Führungsspieler des FC Bayern aus.
Bei Manchester United währte die Freude über den neuen Mittelfeldmann nur kurz. Zu oft machte Schweinsteiger der eigene Körper einen Strich durch die Rechnung. Und selbst wenn er bei den "Red Devils" spielte, überzeugte er in einem ohnehin nur leidlich funktionierenden Team selten.
Schweinsteiger erbittet sich Zeit
Dennoch kämpfte Schweinsteiger weiter. Angeschlagen schaffte er doch noch den Sprung auf den EM-Zug. Zeit, über ein mögliches Ende seiner Nationalmannschaftskarriere nachzudenken, blieb ihm da nicht.
"Ich habe nicht darüber nachgedacht, weil ich versucht habe, meine ganze Energie in dieses Turnier reinzulegen. Nach den Verletzungen war das nicht so einfach", so Schweinsteiger.
Gut möglich, dass Schweinsteigers sportliches Aufbäumen vor der EM sein letztes war. Es wäre ein tragisches Ende einer großen DFB-Karriere.