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Ist Alonsos Magie verflogen?

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Ist Alonsos Magie verflogen?

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Die Gier ist verloren gegangen

Bayer Leverkusen tritt in diesen Wochen auf der Stelle. Grundsätzlich sieht das eigene Spiel gut aus, doch weil es der Mannschaft - allen Ansagen zum Trotz - oft an der Konsequenz fehlt, steht sie sich immer wieder selbst im Weg. Ist der Meister-Zauber von Xabi Alonso Geschichte?
Ausgerechnet gegen Bayer Leverkusen beendet Werder Bremen das lange Warten auf ein Heimtor. Trotzdem sieht der Meister lange wie der Sieger aus - bis der Bremer Last-Minute-Wahnsinn seinen Lauf nimmt.
Bayer Leverkusen tritt in diesen Wochen auf der Stelle. Grundsätzlich sieht das eigene Spiel gut aus, doch weil es der Mannschaft - allen Ansagen zum Trotz - oft an der Konsequenz fehlt, steht sie sich immer wieder selbst im Weg. Ist der Meister-Zauber von Xabi Alonso Geschichte?

„Die Tabelle lügt nicht“ ist eine von vielen Phrasen, die im Fußball gedroschen werden. Und die Tabelle sagt, dass Leverkusen Dritter ist, am letzten Spieltag sogar einen Platz gutgemacht hat. Schlecht ist das natürlich nicht. Dennoch war das 2:2 am Samstag in Bremen wieder einmal ernüchternd. Zwei Gegentore nach zweimaliger Führung, die Bayer auch noch in einer starken zweiten Hälfte schlucken musste und die sowohl die Mannschaft als auch Trainer Xabi Alonso einigermaßen ratlos zurückließen. Man könnte meinen, die Situation käme einem bekannt vor.

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Ein Spiel, das Leverkusen zwar nicht verliert, das sich aber doch wie eine Niederlage anfühlt. Ein Spiel, bei dem Bayer erst vorne liegt, dann aber überraschend passiv wird und unnötige Gegentore kassiert. Und ein Spiel, nach dem Xabi Alonso gar nicht lange nach den Ursachen suchen muss. „Bei den zwei Toren haben wir vielleicht etwas zu soft verteidigt“, urteilte der 42-Jährige nach dem Remis an der Weser. „Das ist etwas, was wir korrigieren müssen.“ Nicht zum erste Mal in dieser Saison stellte er eine solche Diagnose.

Immer wiederkehrende Fehler sorgen dafür, dass viele eigentlich gute Spiele der Leverkusener am Ende deutlich weniger Punkte einbringen, als möglich wären. Allein in der Bundesliga wurden bereits neun Zähler nach Führung verschenkt. Zum Vergleich: In der Meister-Saison gaben sie keinen einzigen Punkt bei eigenem Vorsprung her, weil die Konzentration stets bis zum Schlusspfiff aufrechterhalten wurde. Jeder Gegner wurde mit der gleichen Ernsthaftigkeit angegangen. Ganz egal ob Bayern oder Darmstadt, Molde oder West Ham. Das war einer der großen Schlüssel zum Erfolg.

Leverkusen fehlt die letzte Gier

Alonsos stilvolle Autorität sorgte dafür, dass das Team mehr oder weniger konfliktfrei durch die Saison kam. Der Spanier hatte schon zu Beginn der Saison ein Monster geschaffen, ein im wahrsten Sinne des Wortes unbesiegbares Team, das jederzeit alles unter Kontrolle hatte. Taktisch, technisch, kämpferisch - nicht selten waren seine Mannen mindestens eine Klasse besser. Und wenn nicht, dann hatten sie in Dutzenden von Spielen die Geduld, den Sieg erst in der Nachspielzeit herauszuschießen. Alonso wirkte wie ein Zauberer. Einer, dem einfach alles gelingt.

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Vieles davon brachten die Leverkusener über den Sommer, schließlich hat sich der Kader auch nur geringfügig verändert. Bloß eines nicht: die Gier. Sie ist verloren gegangen. Irgendwo auf der Strecke geblieben - zumindest, wenn es gegen nominell schwächere Mannschaften geht. Da schleichen sich immer wieder Fehler ein, die selbst Alonso gerade nicht ausmerzen kann. Die logische Folge: zu viele Gegentore. Waren es im ganzen Meisterjahr nur 24 Gegentreffer, sind es nun nach acht Spieltagen bereits 15. Schlechter war die Bayer-Abwehr in den vergangenen 20 Jahren einzig in der Saison 2022/23, als Alonso von Gerardo Seoane übernahm.

Immer gleiche Diskussionen

Auffällig ist auch, dass Alonso im bisherigen Saisonverlauf auf relativ wenige personelle Wechsel setzt. Viele Reservisten sind deshalb nicht im Rhythmus, einige Stammkräfte umgekehrt nicht frisch im Kopf. Die Magie des charismatischen Basken, so scheint es, ist in diesen Tagen ein wenig verflogen - nicht mehr alles, was Alonso anfasst, wird zu Gold. Denn es ändert sich kaum etwas, obwohl viele Spieler den Ernst der Lage längst erkannt haben. Stattdessen drehen sich die Debatten im Kreis, die Warnschüsse wiederholen sich.

Robert Andrich mahnte schon am ersten Spieltag, dass einige Spieler in der Defensive nicht den letzten Meter gehen würden. Nach dem Last-Minute-Sieg gegen Wolfsburg war es dann Granit Xhaka, der Alarm schlug, dabei von einem „Riesen-Weckruf für uns alle“ sprach und meinte, Bayer könne nicht weiter „so naiv verteidigen“. Kapitän Lukas Hradecky ergriff nach dem bitteren Punktverlust gegen Kiel das Wort und forderte: „So kann es nicht weitergehen.“ Ihm habe der „unendliche Willen und diese Gier“ gefehlt, das Spiel zu entscheiden. Und Xhaka ging nach dem späten Remis in Bremen wieder voran.

„Wenn du mittlerweile zwei Gegentore pro Spiel kriegst, dann gewinnst du keine Spiele auf diesem Niveau“, schimpfte der Schweizer wohl auch, weil alle vorherigen Ansagen folgenlos verpufft waren. Das große Problem nach dem Double dürfte also nicht das System, die Taktik oder die Qualität sein, sondern die Konzentration. „Es kommt darauf an, wie stark wir im Kopf sind“, sagte Victor Boniface passend dazu. Andrich ergänzte: „Wir waren vom ersten Spieltag an heiß, das ist nicht das Problem. Das Thema Gier hat eher damit zu tun, dass wir nicht auf Biegen und Brechen das Tor verteidigen.“

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Findet Bayer die Grundtugenden zurück?

Rund fünf Monate nach den rauschhaften Feierlichkeiten ist die Leichtigkeit in Leverkusen verschwunden. Das scheint auch Alonso so zu sehen, der die bisherigen Leistungen seines Teams offen als „zu instabil“ bezeichnete: „Und das ist unsere größte Herausforderung gerade.“ Nun gilt es, Tugenden wie Mentalität und Identität möglichst schnell zu reanimieren. Am Dienstag kommt es im DFB-Pokal zur Pflichtaufgabe gegen Elversberg (ab 18 Uhr im LIVETICKER), ehe mit Stuttgart und Liverpool zwei harte Brocken warten.

Doch vor allem das Duell mit Elversberg dürfte unter besonderer Beobachtung stehen. Ein Spiel, in dem die Werkself haushoher Favorit ist - das die Werkself in ähnlichen Szenarien aber gerne mal zu locker gesehen hat. Zum Beispiel 2022, als gegen einen damaligen Drittligaaufsteiger im Pokal sofort Schluss war: eben jene SV Elversberg. Oder 2021, als sich Bayer zu Hause gegen den Karlsruher SC blamierte und in der 2. Runde ausschied. Nun droht dem Double-Gewinner bei weiteren Rückschlägen ein ungemütlicher Herbst.

Auf der anderen Seite sieht Leverkusens Abwehrchef Jonathan Tah den vollen Terminkalender als Chance, die jüngsten Erlebnisse schnell vergessen zu machen. „Das sind gute Spiele, wo wir uns wieder beweisen und zeigen können, was in uns steckt“, gab sich der Nationalspieler kämpferisch und fügte an: „Alle Leute, die jetzt anfangen zu reden, können wir dann wieder mundtot machen.“

Denn klar ist auch: Bayer ist trotz allem Dritter in der Bundesliga, liegt in der Champions League mit sieben Punkten voll im Soll und kann im Pokal das Achtelfinale erreichen. Viel Raum für Kritik bietet die Zwischenbilanz also nicht. Nur kommt es jetzt auch auf die Art und Weise an. Die Ansprüche haben sich durch die Fabelsaison 2023/24 eben leicht verschoben.