Seit Niclas Füllkrug vor gut einem Jahr beim 1:0-Sieg gegen den Oman sein Debüt im Trikot der deutschen Nationalmannschaft feierte, hat sich der Mittelstürmer im DFB-Dress bewährt.
Ist Undav der bessere Füllkrug?
Satte zehn Tore und zwei Vorlagen in 13 Partien werden für den heutigen BVB-Angreifer in den Statistiken geführt. In einer ansonsten trostlosen DFB-Elf war der 1,90-Meter-Hüne häufig einer der wenigen Lichtblicke.
In Fußball-Deutschland herrschte überwiegend Konsens: Da ist er endlich, der lange vermisste Mittelstürmer! Einer, der sich reinhaut, kopfballstark und mit dem nötigen Instinkt gesegnet.
Undav braucht keine Anlaufzeit
Alles kein Grund, an Füllkrugs Stammelf-Qualitäten zu zweifeln - und doch droht dem 30-Jährigen plötzlich Konkurrenz von einem Stürmer, dessen Name viele deutsche Fans vor dieser Saison wohl noch nie gehört haben: Deniz Undav.
Füllkrug oder Undav? SPORT1 hat die beiden Angreifer mit den Zahlen des Datendienstleisters deltatre genau unter die Lupe genommen.
Seit Undav nach seiner Knieverletzung beim VfB Stuttgart die ersten Schritte in der Bundesliga machte, fragen sich viele Experten, wie es sein kann, dass der 27-Jährige so lange Zeit ein Schattendasein fristete.
Doch obwohl der frühere Meppen-Stürmer seit seinem VfB-Debüt performte, verzichtete Bundestrainer Julian Nagelsmann darauf, ihn für die Länderspiele gegen die Türkei (2:3) und Österreich (0:2) zu nominieren.
Dabei kann es Undav, der das DFB-Team der türkischen Nationalmannschaft vorziehen würde, durchaus mit Füllkrug aufnehmen, zumindest, wenn es nach den nackten Saisonzahlen geht. Nachdem er die ersten drei Saisonspiele noch auslassen musste, zeigte Undav bereits bei seinem ersten Kurzeinsatz, wie wertvoll er für den VfB sein kann.
Undav effizienter als Füllkrug
In der 86. Minute eingewechselt, bereitete der Deutsch-Türke nur wenig später den 3:1-Endstand von Serhou Guirassy vor. Am 6. Spieltag erzielte Undav dann beim 2:0-Sieg in Köln als Joker seine ersten beiden Bundesliga-Tore. Inzwischen steht er bei acht Saisontoren – nur vier Spieler der Bundesliga trafen häufiger (darunter kein Deutscher). Füllkrug? Netzte nur halb so oft.
An den vergangenen acht Spieltagen traf einzig Harry Kane häufiger (11 Tore) – dabei kam Undav häufig nur als Joker für den gesetzten Guirassy ins Spiel. Nur Mathys Tel und Benjamin Sesko trafen 2023/24 auch so oft als Einwechselspieler wie Undav (jeweils 3-mal).
Dass der bei Werder Bremen ausgebildete (und dann verschmähte) Undav am 9. Spieltag gegen Hoffenheim seinen ersten Bundesliga-Strafstoß vergab, tut seiner Bilanz keinen Abbruch: In seinen ersten zehn Bundesligaspielen sammelte er neun Scorer-Punkte (8 Tore, eine Torvorlage), nur der überragende Guirassy kommt beim VfB auf mehr Torbeteiligungen.
Füllkrugs Bilanz beim BVB ist demgegenüber ausbaufähig. Seine vier Treffer und vier Torvorlagen sammelte der frühere Werder-Star in 953 Minuten Spielzeit (gegenüber 541 Minuten von Undav).
„Ich bin der Typ Benzema, also der mitspielende Stürmer“
Vorteile hat der BVB-Stürmer in Sachen Zweikampfquote: Undav ist ein Angreifer mit Gespür, im direkten Duell liegt nicht seine Stärke – er gewann nur 39 Prozent seiner Zweikämpfe (schwächster Wert beim VfB). Füllkrug liegt aktuell bei 45 Prozent, ein respektabler Wert für einen Angreifer.
Mit 32 Sprints pro Spiel ist der Stuttgarter aber durchaus aktiv auf der Lauer, Füllkrug sprintete nur halb so oft pro Partie. Zudem läuft Undav rund einen Kilometer mehr pro Spiel als Füllkrug. Und er bringt Fähigkeiten eines Spielmachers mit, wie er bereits vor zwei Jahren in einem SPORT1-Interview erzählte.
„Ich bin der Typ Benzema, also der mitspielende Stürmer, der sich auch mal fallen lässt, für das Team ackert und Vorlagen gibt. Ich will immer in das Spiel mit eingebunden sein.“
Kein Wunder also, dass Undav bei seinen früheren Stationen auch in Sachen Torvorlagen herausstach: 2019/20 gab er für Meppen in der 3. Liga 15 Assists, 2021/22 legte Undav beim belgischen Klub Saint Gilloise 13 Treffer auf und war dort sogar ligaweiter Top-Scorer.
Hier hat Füllkrug Vorteile
Füllkrug ist ein dagegen so etwas wie Undavs Konterpart: Ein bulliger Angreifer, der nicht immer filigran daherkommt. Er hat aber eine sehr gute Positionstechnik, kann sich im Zweikampf gut behaupten - auch in der Luft (er gewann 45 Prozent seiner Kopfballduelle, Undav liegt nur bei 21 Prozent).
Gehört der frühere Nobody also in die Nationalmannschaft? Zumindest ein Versuch wäre es wert – möglicherweise auch zusammen mit Niclas Füllkrug.
Zunächst begegnen sich die beiden aber am Mittwochabend im Achtelfinale des DFB-Pokals beim Duell zwischen Stuttgart und Dortmund (ab 20.45 Uhr im LIVETICKER). Julian Nagelsmann wird genau hinschauen.