Der SC Freiburg spielt eine Traumsaison.
Freiburg-Star: So ist es mit Streich
In der Bundesliga verpassten die Breisgauer nur knapp die Champions-League-Plätze, im DFB-Pokal fehlt nur noch ein Sieg gegen RB Leipzig (DFB-Pokal-Finale: SC Freiburg - RB Leipzig ab 20 Uhr im LIVETICKER) für den großen Titel. Für den SCF wäre es der erste Triumph in diesem Wettbewerb. (NEWS: Alle aktuellen Infos zum DFB-Pokal)
Ermedin Demirovic hat großen Anteil an der Erfolgsstory der Freiburger. Wettbewerbsübergreifend absolvierte er in dieser Saison 36 Partien, im Pokal traf er im Achtelfinale beim 4:1-Sieg gegen die TSG Hoffenheim. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan des DFB-Pokals)
Mit RB Leipzig wartet im Pokalfinale ein Ex-Klub auf den 24-Jährigen. In der Jugend spielte er drei Jahre für die Sachsen, ehe es ihn nach Spanien, zur zweiten Mannschaft von Deportivo Alavés, verschlug. Demirovic ist der einzige Freiburger mit Leipzig-Vergangenheit.
Im Interview mit SPORT1 spricht Demirovic über die herausragende Bundesligasaison der Badener, wie er über das Leipziger-Konstrukt denkt und ob die Freiburger bereits fleißig am Elfmeterschießen-Üben sind.
SPORT1: Herr Demirovic, gab es in der Mannschaft zuletzt nach dem Verpassen der Champions League enttäuschte Gesichter?
Ermedin Demirovic: Natürlich waren einige traurig, es hat auch ein bisschen weh getan. Aber im Endeffekt ist es ein riesiger Erfolg, dass wir uns für die Europa League qualifiziert haben und ich glaube, damit kann sich jeder zufriedengeben. Und dazu kommt noch das DFB-Pokalfinale. Ich glaube, da gab es nicht allzu viele hängende Gesichter. Es ist keiner enttäuscht nach Hause gegangen und hat geklagt, warum wir die Champions League nicht geschafft haben.
SPORT1: Wie ist die Stimmung, drei Tage vor dem großen Finale? Spürt man das Kribbeln schon?
Demirovic: Ja auf jeden Fall. Ich glaube, außer Nils (Petersen, d. R.) war aus der Mannschaft noch nie jemand im Pokalfinale. Das ist ein riesiges Spiel für uns alle, ich glaube, das bislang größte in unserer Karriere. Wir freuen uns riesig, wir sind auch ein bisschen aufgeregt, ehrlich gesagt.
Demirovic verrät: Das war der Knackpunkt der Saison
SPORT1: Hätten Sie vor der Saison für möglich gehalten, dass der SC Freiburg das Pokalfinale erreicht und die Champions League nur knapp verpasst?
Demirovic: Um ehrlich zu sein, natürlich nicht. Bei uns ist das Ziel immer ein bisschen kleiner gesetzt, aber man hat es gleich zu Saisonbeginn gemerkt, dass wir eine richtig gute Mannschaft diese Saison haben. Uns Spielern wurde schnell klar, dass dieses Jahr mehr geht, wenn wir das Woche für Woche immer wieder auf den Platz bringen.
SPORT1: Gab es irgendeinen Knackpunkt, zum Beispiel das 6:0 in Gladbach?
Demirovic: Ich glaube, der Knackpunkt war sogar viel früher. Nach dem 2:1 zu Hause gegen Dortmund am zweiten Spieltag haben wir gesagt, dass es kein Glückssieg war. Wir haben schon am Anfang richtig gute Spiele gezeigt und sind in den ersten zehn Spielen ohne Niederlage geblieben. Dann haben wir gesehen, dass wir dieses Jahr etwas Großes erreichen können. Und am Ende ist es auch so gekommen.
SPORT1: Wie wollen Sie das Spiel am Samstag gegen RB Leipzig angehen?
Demirovic: Wir wollen natürlich versuchen, das Spiel zu gewinnen. Wir sind nicht umsonst in Berlin, um einen Berlin-Ausflug übers Wochenende zu machen. Taktisch möchte ich nicht viel verraten. Aber wir haben diese Saison zweimal sehr gut gegen Leipzig gespielt und uns jeweils mit einem Unentschieden getrennt. Jetzt liegt es an uns, dass wir den ersten Sieg gegen sie holen.
Demirovic: Bei Elfmeterschießen „würde ich mir den Ball schnappen“
SPORT1: Zu Ihnen persönlich: Zuletzt haben Sie nur ein paar Minuten Einsatzzeit bekommen. Glauben Sie, dass es im Pokalfinale mehr wird?
Demirovic: Ich hoffe es natürlich. Jeder will am Wochenende spielen, erst recht bei so einem besonderen Spiel wie dem Pokalfinale. Am Ende liegt es am Trainer, was er macht, wie er aufstellt, wie viel er mich spielen lässt. Ich werde versuchen, so fokussiert zu sein, dass - egal wie lang ich spielen werde - es reicht, um irgendetwas Besonderes zu machen. Oder auch einfach, den Sieg über die Linie zu bringen. Egal, wie lange der Einsatz sein wird, ich werde mein Bestes geben, um der Mannschaft bestmöglich zu helfen.
SPORT1: Trainieren Sie auch Elfmeterschießen?
Demirovic: Nein, das haben wir noch nicht auf dem Programm gehabt (lacht). Man schießt aus Spaß nach dem Training mal einen, aber so richtig trainieren kann man die Elfmeter sowieso nicht. Wenn die Anspannung und der Druck da sind, dann stehst du am Punkt - und er geht entweder rein oder nicht. Man kann die Atmosphäre nicht trainieren.
SPORT1: Würden Sie es sich zutrauen, zu schießen?
Demirovic: Auf jeden Fall. Ich habe schon gesagt: Wenn ich auf dem Platz stehen werde und es zum Elfmeterschießen kommt, werde ich mir höchstwahrscheinlich den Ball schnappen. Es kommt auch immer darauf an, wie das Spiel gerade läuft. Der Plan ist aber, dass ich auch einen schieße, sollte ich auf dem Platz stehen.
SPORT1: Auf dem Papier ist Freiburg der Underdog gegen Leipzig, könnte das auch ein Vorteil für Sie sein?
Demirovic: Ich weiß nicht. Wir wissen, dass Leipzig wahrscheinlich einen noch größeren Druck hat als wir, aber ich sehe die Chancen ehrlich gesagt bei 50:50. Es ist ein Finale, es sind 90 Minuten, vielleicht 120 plus Elfmeterschießen. Beide Mannschaften werden alles geben, es wird ein spannendes Finale.
So denkt Demirovic über RB Leipzig
SPORT1: Sie haben in ihrer Jugend für RB gespielt. Was können Sie über den Verein sagen?
Demirovic: Ich habe den Verein eigentlich immer nur gelobt, wie sie ihre Arbeit machen. Sie spielen immer oben mit, stehen jetzt zum dritten Mal im Pokalfinale, zeigen in der Champions League auch immer wieder gute Leistungen. Ich habe eigentlich nur Lob für den Verein, für die Arbeit, die sie machen. Aber am Wochenende sind sie unser Rivale.
SPORT1: RB wird noch immer von den meisten Ultras der Bundesligaklubs nicht akzeptiert. Können Sie das nachvollziehen?
Demirovic: Ich weiß es nicht, das steht für mich gerade nicht im Vordergrund. Klar, es gibt manche Klubs, die wesentlich mehr Tradition haben und längst nicht so viel Geld wie Leipzig. Aber wenn man bei Leipzig hinter die Kulissen schaut, kann man sehen, dass die gute Arbeit machen.
SPORT1: Wie ist es, unter Christian Streich zu arbeiten?
Demirovic: Sehr speziell, aber sehr gut. Wir arbeiten gerne mit ihm zusammen. Er ist ein super Trainer, motiviert gut, arbeitet viel persönlich mit den Spielern. Jedes Training ist eine Herausforderung, aber jedes Training bringt dich auch auf eine gewisse Art und Weise weiter. Das spürt man, das weiß man. Es ist eine sehr gute Erfahrung, mit ihm zu arbeiten.
SPORT1: Sie waren auch beim HSV in der Jugend, sind dort ausgebildet worden. Drücken Sie dem HSV in der Relegation die Daumen?
Demirovic: Ja klar. Es wäre immer interessant, wenn Hamburg wieder in der Bundesliga spielt. Wir schauen mal, was passiert, aber so ein bisschen Raute habe ich immer noch im Herzen. Deswegen drücke ich denen auf jeden Fall die Daumen in den Relegationsspielen.