2016 hat Domenico Tedesco seinen Fußballlehrer gemacht, im selben Lehrgang wie Julian Nagelsmann. Theoretisch, könnte man sagen, ist Tedesco der bessere Trainer. Er schloss als Jahrgangsbester ab, mit einer 1,0. Julian Nagelsmann hatte in seinem Zeugnis eine 1,3 stehen.
Wird Tedesco Nagelsmann gefährlich?
Es ist nicht ausgeschlossen, dass Tedesco, der mit Nagelsmann damals häufiger eine Fahrgemeinschaft zur Hennes-Weisweiler-Akademie nach Hennef bildete, seinem Freund in nächster Zeit noch mal gefährlich wird. Das mit ihm und RB Leipzig, also ausgerechnet dem Klub, den Nagelsmann vorher zwei Jahre lang coachte, das scheint ein ziemlich perfektes Match.
Tedesco arbeitete schon in Aue, das er 2007 als Tabellenletzter der 2. Bundesliga übernahm und zum Klassenerhalt führte, auf Schalke, Vizemeister 2018, und in Moskau erfolgreich. Spartak hätte gerne mit ihm verlängert, doch Tedesco verabschiedete sich, nachdem er den Hauptstadtklub auf Platz 2 geführt hatte. Zu einem Wiedersehen in der Europa League wird es nun allerdings nicht kommen.
Tedesco hat Leipzig seinen Stempel aufgedrückt
Bei keiner seiner bisherigen Stationen hatte Tedesco einen Kader und die Möglichkeiten wie jetzt in Leipzig. Und der große FC Bayern muss ehrlich gesagt fast froh sein, dass die Ostdeutschen nicht schon im Sommer auf die Tedesco-Idee gekommen sind - sondern erst im Dezember.
Die Bundesliga-Jahrestabelle 2022 führt Leipzig, nach mittlerweile sieben Spielen, relativ klar an. Drei Punkte mehr als die Bayern haben sie geholt. Tedesco, davon sind in Leipzig mittlerweile fast alle überzeugt, war ihr bester und wichtigster Transfer.
Denn dass es nicht reicht, Supertalentierte einfach nur zu versammeln, sondern dass diese eben auch zu jedem Zeitpunkt ideal organisiert und orchestriert werden müssen, das zeigen die vergangenen drei Monate. Die klare Struktur, typisch für Tedesco-Teams, ist zurück im Leipziger Spiel. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Bundesliga)
Leipzig wäre Bayern-Herausforderer Nummer 1 gewesen
Im Herbst, unter Vorgänger Jesse Marsch, wirkte die Mannschaft fast nur noch überfordert, eigentlich in jeder Hinsicht. Tedesco vereinfachte erst einmal ziemlich alles, die Grundidee, aber auch die taktischen Vorgaben.
Er stellte die Spieler wieder in Vordergrund, ihre Fähigkeiten und Qualitäten. Einen Kader solcher Güteklasse, mit diesen Optionen, davon schwärmte Tedesco schon an seiner ersten Tagen in Leipzig, hatte er bisher nirgends zur Verfügung.
Wie die Bundesliga-Saison gelaufen wäre, wenn es das Durcheinander unter Marsch nicht gegeben hätte, ist reine Spekulation - aber eine spannende. Mit ziemlicher Sicherheit wäre Leipzig wohl der große Bayern-Herausforderer Nr. 1 gewesen, mindestens.
Pokal-Sieg als Fingerzeig Richtung München?
Die Hoffnung auf einen spannenden Titelkampf ab Sommer dann, in der kommenden Saison, ist mehr als gegeben. Tedesco bastelt an der Mannschaft, aber auch am Funktionsteam.
Die Klubführung will die Wünsch erfüllen, sein Bruder Umberto, sieben Jahre jünger als Domenico, hat als Videoanalyst bereits die Arbeit aufgenommen. Seine wichtigsten Co-Trainer sind ebenfalls schon bei RB. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Bundesliga)
- „Doppelpass on Tour“: Deutschlands beliebtester Fußballtalk geht auf große Deutschlandtour! Tourtermine und Tickets unter www.printyourticket.de/doppelpass oder unter der Ticket-Hotline (Tel. 06073 722740; Mo.-Fr., 10-15 Uhr)
Was die mittelfristige Wettbewerbsfähigkeit betrifft, daran glauben sie in Leipzig, hat RB keine schlechteren Karten als der FC Bayern.
Bis auf eine titelreiche Historie, die dem erst 2009 auf Initiative der Red Bull GmbH gegründeten und seit dem von vielen Traditionalisten regelmäßig kritisierten Fußball-Unternehmen natürlich noch fehlt, haben sie mittlerweile so ziemlich alles, was auch andere europäische Top-Adressen im Fußball auszeichnet.
Kurzfristig ist der Sieg des DFB-Pokals das Ziel, der erste große Titel. Dafür muss am Mittwoch (ab 17 Uhr LIVE im TV auf SPORT1) im Viertelfinale Hannover 96 geschlagen werden. Leipzig ist der große Favorit, Julian Nagelsmann und die Bayern sind schon ausgeschieden. Ein Triumph in Berlin, am 21. Mai, könnte ein wichtiger Fingerzeig werden - ja, auch in Richtung München.