Die letzten Minuten als Trainer von Borussia Dortmund erlebte Jürgen Klopp vergleichsweise regungslos an der Seitenlinie des Berliner Olympiastadions.
Die 85 Minuten zuvor hatte er noch einmal alles gegeben, hatte seine Spieler angefeuert, gewonnene Zweikämpfe an der Mittellinie mit Jubelgeste begleitet, sich mit der Wolfsburger Bank angelegt und mit dem vierten Offiziellen diskutiert.
Doch in den Schlussminuten dieses Pokalfinals war auch Klopp klar, dass es diese letzte Krönung seiner sieben Jahre andauernden Ära beim BVB nicht geben würde.
Zu stark war dieser VfL Wolfsburg, der sich mit 3:1 völlig verdient erstmals den DFB-Pokal gesichert hatte. Zu stark für eine Dortmunder Mannschaft, die über 90 Minuten ein "Spiegelbild der Saison" abgeliefert hatte, wie es Sportdirektor Michael Zorc anschließend nannte.
(Tore, Highlights, Reaktionen: Alles zum Pokalfinale im Volkswagen Pokalfieber Mo., 23 Uhr im TV auf SPORT1)
Hinten zu anfällig, vorne zu wenig konsequent: Nach der starken Anfangsviertelstunde verlor der BVB zusehends den Zugriff auf das Spiel. Die Wolfsburger waren in allen Mannschaftsteilen besser. Dazu eiskalt vor dem Tor und weitestgehend souverän im Verwalten des Vorsprungs.
Ein letztes Scharmützel mit TV und Schiedsrichter
Das große Rührstück blieb also aus: Klopp holt den Pott und vergoldet so seine Zeit beim BVB. Mit Märchen ist es im Fußball nicht immer so weit her, das hat ja kürzlich erst der Abschied von Steven Gerrard beim FC Liverpool gezeigt.
Als der langjährige Erfolgstrainer Klopp um 1.23 Uhr die Bühne bei der schwarz-gelben Nacht im Berliner "Kraftwerk" betrat, hatte er schon wieder sein typisches Klopp-Lächeln im Gesicht. Fast schon vergessen das Scharmützel mit TV-Reporter Gerhard Delling, die Kritik an Schiedsrichter Dr. Felix Brych, der den Dortmundern einen Elfmeter kurz vor der Pause und das mögliche 2:3 verwehrt hatte.
"Man hat mir gesagt, wenn wir es heute geschafft hätten, wäre es fast schon zu kitschig gewesen", erklärte Klopp den zahlreichen Fans und Förderern des BVB. Die versuchten die dritte Finalniederlage der letzten drei Jahre bei Buletten, Currywurst, Tatar und Pils herunterzuschlucken.
(Tore, Highlights, Reaktionen: Alles zum Pokalfinale im Volkswagen Pokalfieber Mo., 23 Uhr im TV auf SPORT1)
Klopp selbst war ziemlich aufgewühlt von all den Emotionen, die in dieser Nacht an ihm zerrten: Ärger über die Niederlage, Wehmut beim Abschied vom BVB und natürlich eine große Portion Dankbarkeit.
Fans feiern Klopp
Die große Pokalsause fand einige Kilometer weiter statt, wo die Wolfsburger im "Spindler und Klatt" feierten und Aufsichtsratschef Francisco Garcia Sanz ausgelassen mit dem DFB-Pokal über die Bühne hüpfte.
Dass die "Wölfe" diesen Pokal gewonnen haben, war nur richtig so. "Im Finale muss man damit rechnen, zu verlieren - und wir können verlieren. Der VfL Wolfsburg ist ein würdiger Pokalsieger", rief BVB-Boss Hans-Joachim Watzke dem Publikum zu. Die große Geschichte des Abends blieb trotz alledem Klopps Abschied.
Schon kurz nach dem Abpfiff hatten die Dortmunder Fans den Coach in die Kurve gerufen. Der folgte zögerlich, wirkte bei der anschließenden Ehrenrunde und der Pressekonferenz bewegt, aber gefasst. "Das war wunderschön und ich bin sehr dankbar dafür", sagte Klopp über die Ovationen der Anhänger, gab aber auch zu: "Trost gibt das nicht von einer auf die andere Sekunde."
Feiern statt Trübsal
Der große emotionale Zusammenbruch blieb aus. Selbst als sich Watzke in der Nacht für "wunderbare Jahre, große Erfolge und eine wunderbare Freundschaft" bedankte, und Klopp in eine Umarmung verwickelte, die die Stabilität von dessen Brillengestell einer ernsthaften Probe unterzog, behielt der Gefeierte seine Gefühle weitestgehend im Griff.
Er könne zwar nicht ausdrücken, was ihm gerade durch den Kopf gehe, sagte der nun Ex-Trainer, bemühte sich aber vor allem, Trübsal im Keim zu ersticken. "Das ist hier heute mein schwerster Moment. Es ist der Wahnsinn, was wir hier erleben durften", gab er zu. Aber: "Ich werde heute feiern. Jetzt habt ihr den letzten Moment erwischt, wo ich noch was sagen kann."
Seine Spieler hatten das Motto des Chefs ebenfalls verinnerlicht. "Alkohol ist heute das magische Mittel", gab Neven Subotic zu.
"Wir sehen uns wieder"
Die Bühne im "Kraftwerk" verließ Klopp mit einem Abbild des Dortmunder Stadions und drei Dauerkarten in der Hand. Und einem Abschiedsgruß, der vielen BVB-Fans die Hoffnung gibt, dass die Geschichte von Borussia Dortmund und Jürgen Klopp nur unterbrochen ist:
"Egal, wo es uns hin verschlägt, das werden wir nie vergessen. Es ist ein großartiger Verein, alles Gute, vielen Dank und wir sehen uns wieder."