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Hat Leverkusen den Mut verloren?

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Hat Leverkusen den Mut verloren?

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Hat Leverkusen den Mut verloren?

Bayer Leverkusen bekommt die volle Wucht von Anfield zu spüren und erhält vom FC Liverpool eine bittere Lehrstunde. Mehr als deutlich wird dabei, dass dem deutschen Meister gerade etwas im Vergleich zu absoluten Top-Teams fehlt.
Leverkusens Granit Xhaka analysiert das Champions-League-Spiel beim FC Liverpool und fordert mehr Konstanz.
Bayer Leverkusen bekommt die volle Wucht von Anfield zu spüren und erhält vom FC Liverpool eine bittere Lehrstunde. Mehr als deutlich wird dabei, dass dem deutschen Meister gerade etwas im Vergleich zu absoluten Top-Teams fehlt.

Als Schiedsrichter Danny Makkelie nach wenig mitreißenden 45 Minuten zur Halbzeit pfiff, war die Leverkusener Welt noch in Ordnung. Das Team von Rückkehrer Xabi Alonso hatte die berüchtigte Anfield Road weitgehend im Griff und sich die selbstbewussten Gesänge aus dem eigenen Block redlich verdient. Erst schallte „Hier regiert der SVB“ durch den Fußballtempel, Sekunden später folgte: „Ohne Bayer wär hier gar nichts los.“

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Die Gäste bestimmten das Geschehen zwar nicht, ließen sich umgekehrt aber auch nicht von Liverpool, einer der Übermannschaften des Saisonstarts, beherrschen. Action gab es lange einzig und allein wegen der Guy Fawkes Night, draußen auf den Straßen krachte und blitzte es fast ununterbrochen. Jedes Jahr am 5. November wird in Großbritannien der vereitelten Pulververschwörung von 1605 gedacht. Mit viel Knallerei und einem langen Feuerwerk.

Was allerdings weder Alonso noch seine Spieler oder die Fans zu diesem Zeitpunkt ahnten: An einer Stelle, an der die Werkself in der Vorsaison eigentlich immer stärker geworden war, kippte das Spiel diesmal komplett in die andere Richtung. So drehten die von Reds-Coach Arne Slot zunächst auf Abwarten und Lauern eingestellten Hausherren nach der Pause auf, zwangen den Gegner zu deutlich mehr Fehlern und erteilten Bayer eine bittere Lehrstunde in Sachen Effizienz. 0:4 hieß es am Ende - die erste Niederlage im neu eingeführten Format der Champions League.

Kabinen-Diskussion nach Klatsche

Das Selbstbewusstsein, das Leverkusen zur Pause auf allen Ebenen ausstrahlte, war damit völlig verflogen. Stattdessen machten sich Resignation und Ratlosigkeit breit. Auch bei Lukas Hradecky, der in den Katakomben von Anfield stand, immer wieder den Kopf schüttelte und nach den richtigen Worten rang. „Wir haben auch in der Kabine nach einer Erklärung gesucht. Es gab eine kleine Diskussion“, blickte er auf die Momente nach Spielende zurück. „60 gute Minuten haben nicht gereicht. Dann hat Liverpool mit ihrer Weltklasse-Qualität Lücken gefunden. Ich sage nicht, dass bei uns alles falsch war, das 0:4 hinterlässt aber einen sehr schlechten Geschmack.“

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Einen schlechten Geschmack, weil die Reds schonungslos offenlegten, dass sich selbst ein ungeschlagener deutscher Meister nicht ohne Weiteres in der europäischen Spitzengruppe etablieren kann. Vielmehr ließ sich die Werkself letztlich doch vom Mythos Anfield einschüchtern und musste mit ansehen, wie Liverpool langsam in den Sportmodus schaltete, um den Gegner dann nach allen Regeln der Kunst zu überrennen. Den Gästen fehlte dagegen zu oft der Mut, ebenso die gewohnte Ruhe im Ballbesitzfußball, die sie sonst ausgezeichnet hatte. Auch Florian Wirtz, sonst der Zauberer in der Offensive, gelang kaum etwas.

In dieser Saison hatten die Rheinländer schon viel Kritik einstecken müssen, vor allem gegen auf dem Papier schwächer besetzte Teams gab es einige diskutable Auftritte wie die Unentschieden gegen Kiel oder Bremen. Offensichtlich hat die vergangene Saison, in der Alonsos Mannschaften von einer beispiellosen Euphoriewelle getragen worden und so mancher Spieler über sich hinausgewachsen war, viel Kraft gekostet. Die jüngste Bilanz: Nur zwei Siege aus sieben Spielen, dazu seit über fünf Halbzeiten ohne eigenen Treffer - was natürlich nicht heißt, dass die Leverkusener verlernt hätten, ihre Partien mit Glanz und Gloria zu gewinnen.

Trotzdem bleibt festzuhalten, dass die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit bei vermeintlichen Pflichtaufgaben wie in absoluten Spitzenspielen gegen die besten Mannschaften des Kontinents, mit denen sich Bayer unbedingt messen wollte, derzeit größer ist, als von vielen vermutet. Wurde gegen den FC Bayern zumindest ein Punkt ermauert, klappte das in Liverpool nun nicht mehr. Wenn man den Finger in die Wunde legt, könnte man die bisherige Saison von Bayer so zusammenfassen: Weniger sexy, weniger erfolgreich.

Xhaka: „Man lernt von den Besten“

„Das ist eine Top-Mannschaft, aber wir sind auch gut“, hatte Bayers Sportdirektor Simon Rolfes vor dem Gastspiel in Liverpool betont. 60 Minuten lang stimmte das auch. Doch die letzte halbe Stunde zeigte dann klar und deutlich, wie groß der Abstand zwischen dem „guten“ Team und der Top-Mannschaft gerade ist. Dass die Reds unter Slot derzeit in sensationeller Form sind und ohnehin noch nie ein deutscher Verein an der Anfield Road gewinnen konnte, taugte da nur bedingt als Ausrede.

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Man könne „die Liverpooler nicht über 90 Minuten beherrschen oder dominieren“, versuchte Granit Xhaka das deutliche Ergebnis halbwegs zu relativieren. Die erste Halbzeit sei „sehr gut“ gewesen, da „hatten wir viel Ballbesitz und die Räume gefunden, wie wir uns das vorgestellt haben“, sagte der Schweizer weiter. „Wir sind auf dem Niveau, um gegen die Besten zu spielen. Und man lernt von den Besten. Wir nehmen auf jeden Fall viele Dinge, die heute gut waren, mit. Und die, die nicht so gut waren, müssen wir besser machen.“

Dass der deutsche Meister in den letzten 30 Minuten mehr oder weniger überrollt wurde, dürfte Xhaka allerdings zu denken geben. Denn das 4:0 für Liverpool fiel am Ende vielleicht etwas zu hoch aus, drückte in gewisser Weise aber auch einen Klassenunterschied aus. Während die einen knallhart zupackten, zerbröselten die anderen in alle Einzelteile. Die Landung in der Realität ist nun eine harte. Zu den besten gehört Alonsos Team anscheinend noch nicht.