Es war ein Abend, der die Karriere und das Leben von Xabi Alonso für immer prägen sollte. Am 25. Mai 2005 trafen im Finale der Champions League der FC Liverpool und die AC Mailand aufeinander.
Ein Abend, der Alonso für immer prägte
„Du stehst in den Katakomben und bist völlig konzentriert. Der Blick geht auf die andere Seite und du siehst die Mannschaft von Milan“, schilderte Alonso in einem Interview bei uefa.com: „Das war ein sehr erfahrenes Team mit beeindruckenden Spielern. Und dann schaust du ein paar Meter weiter nach vorne und siehst den Pokal. Meine Frau war auch da, sowie mein Vater mit meinem Bruder.“
Diese sahen allerdings zunächst, wie sich der Abend zu einem Albtraum zu entwickeln schien. Denn Alonso und die Reds lagen zur Pause mit 0:3 zurück.
„Wir waren nicht sehr gefährlich und ich weiß noch, wie sehr ich zur Halbzeit unzufrieden über meine eigene Leistung war. Einige der Spieler waren komplett am Boden und es gab Sprüche wie ‚Okay, das war‘s‘ und ‚Wir haben keine Chance mehr‘“, betonte Alonso.
Doch im zweiten Durchgang kam Liverpool auch dank eines Treffers des früheren Mittelfeldspielers aber zurück und gewannen schließlich im Elfmeterschießen. Nun trifft Alonso als Trainer von Bayer Leverkusen in der Königsklasse erneut auf Milan – und das Duell weckt Erinnerungen an das wohl denkwürdigste Comeback in der Geschichte des Wettbewerbs.
Alonso: „Brutal wichtig für meine Karriere“
Es sei „brutal wichtig für meine Karriere gewesen, was in dieser Nacht passiert ist“, sagte Alonso nun mit Blick auf die Partie in Istanbul: „Wir können jetzt nach fast 20 Jahren noch darüber sprechen. Das ist für mich eine sehr schöne Erinnerung.“
Aufseiten Milans kann man auf diese Erinnerung, die bereits zum Auftakt der Champions League aufgrund des erneuten Duells zwischen Liverpool und den Italienern zahlreich hervorgeholt wurde, sicher verzichten. Doch bei Alonso und seinen damaligen Mitspielern, zu denen auch Didi Hamann gehörte, sieht das anders aus.
„Wir konnten überhaupt nicht realisieren, was da gerade passiert war“, sagte Hamann später in einem Interview mit der Welt. „Knapp zwei Stunden zuvor hatten wir in der Kabine gesessen und 0:3 zurückgelegen. Und plötzlich steht der Pokal mitten in der Kabine.“
Mailand führt deutlich - dann kommt Hamann
Milan-Kapitän Paolo Maldini traf bereits nach 52 Sekunden zum 1:0. Kurz vor der Halbzeit schien Stürmer-Star Hernán Crespo mit seinen Kontern (39. und 44. Spielminute) alles für die Mannschaft von Carlo Ancelotti entschieden zu haben.
Doch es kam alles anders, auch weil Rafael Benítez Dietmar Hamann einwechselte. „Für diesen einen großen Auftritt pro Jahr war Didi immer noch gut. Ich wusste, dass dieser Moment nun gekommen war. Und ich hatte recht“, erklärte der damalige Liverpool-Trainer: „Didi hat dieses Spiel mitentschieden, nicht nur, weil er später den ersten Elfmeter verwandelte. Wie er die Bälle eroberte und verteilte! Oh Didi, ich denke so gern an ihn zurück.“
Steven Gerrard köpfte zum 1:3 ein (54.), 120 Sekunden später erzielte Vladimir Smicer nach Hamanns Vorlage per Distanzschuss das Anschlusstor. Und nach einer Stunde stand dann Alonso im Fokus.
Alonsos erster Elfmeter der Karriere
„Wir erhielten einen Elfmeter und ich sollte erstmals in meiner Profi-Karriere schießen. Es stimmt, dass ich vorher noch nie zu einem Strafstoß angetreten war“, erinnerte sich Alonso, damals 23 Jahre alt, bei uefa.com: „Ich hatte eine sehr klare Vorstellung, wo ich hinschießen wollte.“
Die Mittelfeld-Legende scheiterte zunächst an Torwart Dida, versenkte aber den Abpraller zum Ausgleich: „Der Elfer war gar nicht schlecht geschossen, aber Dida hat eine tolle Parade hingelegt.“
„Zum Glück“, fügte Alonso an, „habe ich die schnellste Reaktion meiner Karriere gezeigt und nach dem Abstauber fühlte ich mich wie neugeboren“.
Nach einer packenden Verlängerung, die Mailand dominierte (Alonso: „Bis zum Abpfiff der Verlängerung war es eine lange Leidenszeit“), entschied das Elfmeterschießen.
Alonso: „Eine Explosion der Freude, pure Euphorie“
„Es herrschte eine unheimliche Anspannung und alles war sehr dramatisch. Es war jedes Mal so, als würde einer deiner Teamkollegen in den Krieg ziehen. Soldat gegen Soldat“, betonte Alonso.
Sein Kollege Jerzy Dudek wurde zum Helden. Der Liverpool-Torwart hatte bereits in der 118. Minute mit einer Doppel-Parade gegen Andriy Shevchenko geglänzt und entschärfte dann, nach einem Fehlschuss von Serginho, die Versuche von Andrea Pirlo und erneut Shevchenko. Das für unmöglich gehaltene Comeback im Champions-League-Endspiel war perfekt.
Das anschließende Gefühl beschrieb Alonso als „eine Explosion der Freude, pure Euphorie. Ich bin einfach losgerannt und wusste nicht, was ich machen soll.“
Neben der eigenen Freude „hatte man auch das Gefühl, andere Leute glücklich gemacht zu haben. Das war toll. Du wusstest einfach, wie sehr die Liverpool-Fans aus dem Häuschen sind. Das bleibt dir ewig in Erinnerung und macht uns so stolz. Auch nach so vielen Jahren ist das die eine Sache, die alles überragt.“