„El Loco“ lautet sein Spitzname in Spanien. Das meint so viel wie „der Verrückte“. Eine Bezeichnung, bei der Antonio Rüdiger selbst nicht widerspricht. Denn dass es auch gut sein kann, etwas anders zu sein, beweist der Abwehrchef von Real Madrid seit Jahren.
Der „Verrückte“ greift nach dem Pott
Dass Rüdiger zur Weltspitze gehört, war lange Zeit nicht abzusehen. Sein Profidebüt feierte der gebürtige Berliner vor rund zwölf Jahren in der zweiten Mannschaft des VfB Stuttgart in der 3. Liga.
Bei den Schwaben reifte er zum Bundesliga-Profi. Dennoch fiel der heute 31-Jährige damals eher wegen seiner übermotivierten und harten Spielweise auf – nicht selten leistete er sich größere Patzer.
Als die AS Rom ihn im Sommer 2015 für eine Gebühr in Höhe von vier Millionen Euro auslieh und später sogar fest verpflichtete (neun Millionen Euro), hielten nicht wenige VfB-Fans diesen Deal für hervorragend. Doch im Ausland wurde er zum Weltstar.
Sowohl in Italien als auch bei seinem anschließenden Verein, dem FC Chelsea, gehörte er zum Stammpersonal und feierte erste große Titel. Mit den Blues gewann Rüdiger die Champions League (Saison 20/21), die Europa League (18/19), den Pokal (2018) und wurde FIFA-Klub-Weltmeister (2022).
Toni Rüdiger ist bei Real Liebling der Fans und seiner Mitspieler
Mit der Empfehlung dieser imposanten Titelsammlung rückte er in den Fokus der deutschen Nationalmannschaft und auch von Real Madrid. Rüdiger wechselte ablösefrei und überzeugt seitdem auch in der spanischen Hauptstadt. In seiner zweiten Saison gehört der 31-Jährige zu den absoluten Leistungsträgern und zum unverzichtbaren Stammspieler.
Nur Mittelfeldmotor Valverde (4190 Minuten) bringt es in dieser Real-Saison auf mehr Einsatzzeiten als Rüdiger (3986). In Madrid ist der Rechtsfuß aufgrund seiner Faxen, die er gerne macht, Liebling der Fans und auch seiner Mitspieler.
„Rüdiger ist speziell, ein bisschen verrückt, wie wir alle sagen. Aber es ist fantastisch, einen Innenverteidiger neben dir zu haben, der abgesehen von seiner Abwehrleistung immer vollkommen im Spiel drin ist“, schwärmte Real-Kapitän Nacho Fernandez.
Dass er im positiven Sinne ein Menschenfänger ist, zeigt auch die Rückkehr von Toni Kroos in die Nationalmannschaft. Denn auch hier soll Rüdiger offensiv Werbung für den DFB gemacht und immer wieder auf den Spielmacher eingeredet haben.
Bei den Medien verdient er sich regelmäßig Bestnoten. Real und Rüdiger – das passt nicht nur sportlich einfach zusammen. Den Meistertitel hat er mit den Königlichen bereits in die Vitrine stellen können, der Henkelpott soll am Samstag folgen. Die Partie gegen Dortmund ist für Rüdiger ein Wiedersehen mit seiner Vergangenheit.
Antonio Rüdiger gegen seine BVB-Vergangenheit
Ausgebildet und vom Stürmer zum Verteidiger umgeschult, wurde Rüdiger nämlich beim BVB. Zwischen 2009 und 2011 spielte der gebürtige Berliner in der U17 und U19 der Dortmunder.
„Ich hatte eine gute Zeit dort – mit sehr, sehr vielen Talenten. Einige, die es geschafft, einige, die es nicht geschafft haben. Es war eine gute Zeit, eine lehrreiche Zeit. Ich bin auf jeden Fall dankbar dafür“, meinte Rüdiger Anfang der Woche.
Aus seinem damaligen Team hat es lediglich Mario Götze geschafft, sich bei den Profis zu etablieren. „Deswegen wollte ich mir einen anderen Weg suchen und habe dann Stuttgart gewählt“, erklärte er.
BVB-Trainer Edin Terzic war in Rüdigers letztem halben Jahr bei Schwarz-Gelb Co-Trainer der Mannschaft und assistierte dem damaligen U19-Cheftrainer Hannes Wolf.
Antonio Rüdiger sei einer der „ersten Spieler“ von ihm gewesen, meinte der BVB-Coach und weiter: „Wenn man nun sieht, wie sich diese Wege in einem Champions-League-Finale kreuzen – das ist unglaublich!“
Keine extra Vorbereitung und Tochter als Hauptmotivation
Kontakt gab es vorab aber nicht mit Terzic oder anderen BVB-Verantwortlichen. Seinen wohl direkten Gegenspieler, Niclas Füllkrug, kennt er trotzdem gut. „Ich kenne Füllkrug seit langem. Er ist sehr physisch. Er ist ein guter Stürmer, ein guter Vollstrecker. Ich bereite mich aber auf ihn vor wie auf jeden anderen“, stellte Rüdiger klar.
Am Samstagabend will er im Londoner Wembley-Stadion einfach „seinen Job machen. Für meinen Klub, für meine Spieler. Es ist mein Job, dieses Spiel zu gewinnen.“
Dass der Abwehrchef seine Titelsammlung erweitern will, ist klar: „Was für mich immer wichtig war, ist, dem Team zu helfen. In guten wie in schlechten Zeiten. Ich versuche immer die beste Version von mir selbst zu sein.“ An Einsatz und Leidenschaft wird es Rüdiger am Samstag ganz sicher nicht fehlen. Und trotzdem meinte er: „Das Allerwichtigste ist: Meine Tochter hat an dem Tag Geburtstag.“
Doppelte Motivation also für Rüdiger, den viele nur „El Loco“ nennen.