Diese Zahlen sind eine Wucht, überhaupt keine Frage. 42 Tore hat Kylian Mbappé für Paris Saint-Germain in der Königsklasse geschossen, dazu noch 26 Vorlagen bei gerade einmal 62 Einsätzen gegeben. Überragende Werte, die im Schnitt mehr als einen Scorerpunkt pro Spiel ergeben. Man kann dem Superstar also wahrlich nicht vorwerfen, dass er nicht alles für den maximalen Erfolg versucht hätte.
Der unvollendete Held
Und doch wird Mbappé in der französischen Hauptstadt ein Unvollendeter bleiben. Seit 2017, als der gefürchtete Torjäger aus Monaco nach Paris wechselte, wurde er zwar siebenmal französischer Meister, dreimal französischer Pokalsieger, holte zweimal den Ligapokal und gewann fünfmal den Supercup, eine Sache fehlte aber immer: der ganz große Triumph in der Champions League. Auch in diesem Jahr wird das nach dem Ausscheiden gegen Borussia Dortmund nichts.
Chancen hatten die Pariser, wohlgemerkt sowohl im Hin- als auch im Rückspiel, genug. Nur die letzte Präzision und das nötige Quäntchen Glück fehlten. Insgesamt sechsmal trafen Mbappé und seine Teamkollegen das Aluminium, sodass zwei knappe 0:1-Niederlagen und das neuerliche Aus in der Königsklasse resultierten. „Wir wollen immer gewinnen bei PSG, wir sind traurig. Wir hätten ein Tor erzielen sollen. Wir hatten Möglichkeiten und wenn du keine machst, dann ist es schwierig“, sagte er hinterher.
Dortmund hat „den Abschied von Mbappé verdorben“
Am späten Dienstagabend versuchte Mbappé gar, die Verantwortung für die beiden bitteren Pleiten auf sich zu nehmen. „Ich habe versucht, meinem Team so gut wie möglich zu helfen. Das war nicht genug. Ich bin derjenige, der die Tore schießen und entscheidend sein muss. Wenn es läuft, nehme ich das ganze Licht, wenn es nicht läuft, muss man auch den ganzen Schatten nehmen.“ Wenn er und sein Team genug gewesen wären, gehe der Ball eben nicht ans Gebälk, sondern ins Tor.
Mbappé selbst scheiterte in Dortmund am Pfosten und wuchtete die Kugel dann im zweiten Vergleich an die Latte. „Das Ende seines Traums“, schrieb L‘Équipe recht passend. „Tragödie in Paris“, titelte die spanische Zeitung AS, konnte der Weltmeister von 2018 seiner Heimatstadt den Traum von Henkelpott doch nicht erfüllen. Während der Verein aber wohl geradewegs auf den nächsten Umbruch zusteuert, wird der Superstar dieses große Ziel andernorts verfolgen.
Schließlich soll es bereits beschlossene Sache sein, dass Mbappé im Sommer nach einer schier endlosen Hängepartie zu Real Madrid wechselt - wenngleich sich der pfeilschnelle Rechtsfuß mit Blick auf seine Zukunft weiterhin nicht in die Karten schauen lässt. Auf Nachfrage, ob dies sein letztes Spiel in der Königsklasse für den französischen Abo-Meister gewesen sei, gab er ironisch zu Protokoll: „In dieser Saison auf jeden Fall, denn wir sind ausgeschieden.“
Mbappé bricht Interview ab
Als ihn ein anderer Journalist nach der Dortmund-Niederlage in der Mixed Zone provokant fragte, ob er im zweiten Halbfinale denn zumindest seinem wahrscheinlich neuen Arbeitgeber aus Madrid die Daumen drücke, der am Mittwoch gegen den FC Bayern München ran muss (ab 21 Uhr im LIVETICKER), ließ Mbappé nur eine vielsagende Reaktion folgen. Er verdrehte kurz die Augen und brach das Interview danach sofort ab.
Die eindeutige Message: Mbappé hatte gar keine Lust mehr, über dieses Thema zu reden. Trotzdem dürfte die Aussicht, im kommenden Jahr das ruhmreiche Trikot der Königlichen zu tragen, wenigstens ein kleiner Trost sein. Denn die Chancen, dort den Henkelpott endlich zu gewinnen, stehen nicht schlecht. In den vergangenen zehn Saisons haben die Überflieger aus der spanischen Metropole diesen immerhin fünfmal gewonnen.
Für Mbappé stehen aber erst einmal noch vier letzte Spiele mit PSG an. Drei in der Liga und eins im nationalen Pokal - bis der Vorhang für ihn in Paris nach sieben Jahren ohne Happy End fällt. Ist er in Frankreich als Fußball-Weltmeister längst ein Held, wird er in seinem Heimatverein der Unvollendete bleiben. Das ist seit Dienstagabend praktisch in Stein gemeißelt.
So droht die Ära Mbappé unspektakulär auszutrudeln. Mehr noch: Nachdem das Durchsickern seines Real-Wechsels bereits in den Vorwochen für Unruhe gesorgt hatte setzte ihn Trainer Luis Enrique in der Liga merklich weniger ein. Sein Denkmal in Paris hat auf den letzten Metern Kratzer bekommen. Und die endgültige Krönung blieb aus.