Ein Pfiff, Abstoß David Raya, Gabriel nimmt den Ball in die Hand – Chaos pur! Was während des 2:2 im Emirates Stadium kaum auffiel, sorgte im Nachgang für hitzige Diskussionen. Ob Thomas Müller, Thomas Tuchel oder der sonst so tiefenentspannte Harry Kane – sie alle konnten nicht fassen, dass dem FC Bayern ein zweiter Elfmeter verwehrt wurde.
Bayern-Szene entsetzt Legende
Dass der unerfahrene Schiedsrichter Glen Nyberg aus Schweden auf Nachfrage der Spieler Gabriels Fehler als „kid‘s mistake“ abtat, also etwas, das man in einem Champions-League-Viertelfinale einfach nicht ahndet, brachte Tuchels Wut zum Überkochen. „Das ist eine ganz neue Form der Regelauslegung. Das ist einfach unglaublich.“
Brachten Schiedsrichter-Experte Lutz Wagner und Matthias Sammer während der Übertragung bei Prime Video Verständnis für Nybergs Vorgehen auf (Tenor: So soll solch ein großes Spiel auf keinen Fall entschieden werden), sind zwei ehemalige Top-Schiedsrichter eindeutig anderer Meinung.
Bayern sauer: So schätzt Urs Meier die Arsenal-Szene ein
„Das gibt es nicht!“, sagt Urs Meier im Gespräch mit SPORT1 zum „Kinderfehler“, den Gabriel begangen hatte. Meier begleitete für den Schweizer Sender blue das Parallelspiel Real Madrid gegen Manchester City. Ihm wurden die Szenen im Nachgang zugespielt.
Sollte der Pfiff von Schiedsrichter Nyberg wirklich vor Rayas Pass erfolgt sein (die Bewegtbilder belegen dies), sei die Sache klar, meint der Schweizer: „Der Ball ist frei, er ist im Spiel. Handspiel ist Handspiel, Punkt.“
Schiedsrichter-Legende fassungslos: „Sind doch nicht beim Handball“
Meier will auch die Begründung vom „kid‘s mistake“ nicht gelten lassen. „Die Spieler entscheiden das Spiel. Wenn die Spieler die Regeln nicht kennen, kennen sie die Regeln nicht. Dann müssen sie eben die Regeln lernen.“
Dies könne auch mal wehtun, erfolge aber wie so vieles im Leben durch „learning by doing. Wir sind doch nicht beim Handball. Warum nimmt er den Ball in die Hand?“
Merk: Wenn Profis die Regeln nicht kennen ...
Meier leitete zwischen 1995 und 2005 42 Champions-League-Spiele, sogar 49 sind es beim dreimaligen Weltschiedsrichter Markus Merk.
„Regeltechnisch gibt es keine Diskussion“, teilte der frühere Top-Referee auf Anfrage von SPORT1 mit: „Wenn ein Spieler nach der Ausführung eines Abstoßes oder anderen Spielfortsetzungen den Ball im Strafraum in die Hand nimmt, dann heißt die Entscheidung: ELFMETER.“
Nybergs Begründung sei deshalb „beim ersten Anschein falsch“. Seien Profis auf diesem Level nicht in der Lage, sich an Regeln zu halten, „müssen sie sanktioniert werden. Wie soll ich sonst dem Bambinikicker erklären, dass er es nicht darf, wo er gesehen hat, dass Arsenal-Star Gabriel dies auch tut?“
Ein bisschen Verständnis hat Merk für den Schiedsrichter dann aber doch. Dieser pfiff schließlich unmittelbar vor Rayas Abstoß – nach Wechseln sieht die Regel vor, dass der Abstoß durch einen Pfiff freigegeben werden muss. Hierdurch sei Abwehrspieler Gabriel irritiert worden.
„Sinn und Geist des Fußballs sprechen bei Betrachtung der gesamten Situation gegen einen Elfmeterentscheidung“, sagt Merk und richtet sich an alle, „die von größter Fehlentscheidung oder gar von Betrug sprechen: Wer möchte in dieser Situation einen Elfmeter gegen sich haben?“