Neuer Trainer, altes Leid - und hinterher viel Frust: Beim Debüt von Chefcoach Nenad Bjelica hat Union Berlin trotz einstündiger Überzahl den möglichen Befreiungsschlag verpasst und nach dem Aus in der Champions League wohl auch das Minimalziel Europa-League-Qualifikation verspielt.
Peinlich-Schwalbe schwächt Union
Die Berliner kamen am Mittwoch im Auswärtsspiel bei Sporting Braga zu einem letztlich glücklichen 1:1 (1:0) und haben als Schlusslicht der Gruppe C nur noch eine Minimalchance auf das Überwintern im Europapokal.
Neben dem verpassten Befreiungsschlag haben sich die Berliner aber auch gleich für das letzte Spiel gegen Real Madrid unnötig das Leben schwer gemacht. Sowohl Lucas Tousart als auch Leonardo Bonucci sind am letzten Gruppenspieltag wegen einer Gelbsperre zum Zuschauen verdammt.
Umso unglücklicher wirken diese Ausfälle, wenn man bedenkt, wie es dazu kam: Tousart holte sich seine dritte Verwarnung in der diesjährigen CL-Saison nach einer Schwalbe ab. Der Franzose hob in der 39. Minute ohne jeglichen Gegnerkontakt im Strafraum ab.
Bonucci hingegen hatte sich seine dritte gelbe Karte auf der Bank abgeholt. Kurz vor der Pause richtete der Italiener einige Worte an den Schiedsrichter, die dieser als unangebracht empfand und daher mit Gelb antwortete.
Sieglos-Serie von Union setzt sich fort
Zudem setzte sich der erschreckende Negativlauf von nunmehr 16 Spielen ohne Dreier fort. Vor dem letzten Auftritt in zwei Wochen gegen Real Madrid hat Union zwei Punkte Rückstand auf die Portugiesen auf Rang drei, der das Ticket für die Europa League löst.
Dabei hatte Union den Erfolg bereits im Blick: Nationalspieler Robin Gosens (42.) brachte die Eisernen in Führung, nachdem Bragas Sikou Niakate die Rote Karte gesehen hatte (31.). Alvaro Djalo (51.) traf nach der Pause für Braga.
Gosens war nach Abpfiff denn auch entsprechend bedient: „Jetzt haben wir ein Alles-oder-Nichts-Spiel gegen Real Madrid. Das Champions-League Aushängespiel im eigenen Stadion und da werden wir noch mal alles rein hauen, noch mal unser Leben auf dem Platz lassen und hoffen, dass wir da irgendwie den Dreier über die Ziellinie kriegen“, sagte der Routinier bei DAZN.
Gosens: „Für den anderen auf dem Platz sterben“
Und fügte an mit Blick auf den noch nicht eingesetzten Neu-Trainer-Effekt: „Das ist nicht so schnell möglich, da helfen zwei Tage nicht, da braucht es Wochen.“
Es brauche nun „Mentalität und Disziplin, den absoluten Willen, für den anderen auf dem Platz zu sterben.“
Bjelica, der am Sonntag als Nachfolger von Klub-Ikone Urs Fischer vorgestellt worden war, nahm in der Startformation vier personelle Änderungen vor. Der 52-Jährige hatte angekündigt, mit viel Intensität spielen lassen zu wollen, viel Pressing solle Union wieder zu einem „sehr unangenehmen Gegner“ machen.
Bjelica erlebt Nullnummer bei Union
Die Unioner waren bemüht, die Vorgaben des Kroaten umzusetzen. Union störte Braga weit in der gegnerischen Hälfte. Mit dem Ball taten sich die Berliner in einer zerfahrenen Anfangsphase aber wie zuletzt schwer. Konter wurden unsauber ausgespielt, lange Bälle landeten oft bei den Gastgebern, bis ins letzte Drittel stieß Union kaum vor.
Auch Braga, das die beste Offensive der portugiesischen Liga stellt, hatte auf dem tiefen Rasen Mühe, kam dennoch zur ersten guten Möglichkeit. Eine scharfe Hereingabe von Ricardo Horta landete auf dem Fuß von Simon Banza.
Dessen Direktabnahme blockte Linksverteidiger Jerome Roussillon für den geschlagenen Frederik Rönnow (16.). Wenig später waren die Berliner im Glück, als Djalo freistehend knapp vorbeiköpfte (28.).
Als Union in einer spielerisch mäßigen ersten Halbzeit mit vielen Unterbrechungen defensiv anfälliger wurde, gab der Platzverweis für Niakate Raum für mehr Initiative - und Union nutzte ihn.
Union lässt Überzahl ungenutzt
Roussillon wurde auf dem linken Flügel freigespielt und bediente den Torschützen Gosens - die Erleichterung war den Berlinern anzusehen. Bis zur Pause verteidigten die Köpenicker erfolgreich im Kollektiv.
Das Momentum gab Union nach dem Seitenwechsel umgehend wieder aus der Hand. Die offensiv ausgerichteten Berliner ließen sich auskontern, Djalo glich aus.
Die Verunsicherung war plötzlich wieder spürbar, Braga scheiterte durch Djalo (59.) und Horta (61.) knapp. Trotz Überzahl lief Berlin oft nur hinterher.
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)