21 Ballkontakte, drei (ungefährliche) Abschlüsse.
So wurde Haaland „aufgefressen“
So liest sich die traurige Bilanz eines gebrauchten Abends von Erling Haaland, der in dieser Saison wettbewerbsübergreifend bereits unglaubliche 51 Tore erzielt hat. Nichts von diesen Qualitäten war jedoch am Dienstabend im Estadio Santiago Bernabéu in Madrid zu sehen.
Dafür sorgten vor allem David Alaba und Antonio Rüdiger. Gegen die Real-Defensive um die beiden ehemaligen Bundesligaspieler machte der Norweger beim Aufeinandertreffen der beiden Giganten-Klubs keinen Stich, wurde gar gänzlich ausgeschaltet.
Alaba für Monster-Grätsche gegen Haaland gefeiert
Zwischenzeitlich war das vermeintliche Tor-Monster regelrecht verschwunden.
Seine 21 Ballkontakte waren die wenigsten aller 22 Spieler, die in der Startelf standen. Seine 13 Pässe übertraf selbst Keeper Ederson. Seine drei Abschlüsse waren entweder kein Problem für Reals Torwart Thibaut Courtois oder landeten im Toraus, nachdem sie abgegrätscht wurden.
Wie in der 55. Minute, als das gesamte Bernabéu eine Alaba-Grätsche gegen Haaland wie ein Tor abfeierte. Der Österreicher hielt kurz inne und genoss den Moment, während Rüdiger herbeieilte und seinen Freund umarmte.
„Erling hatte es mit zwei sehr guten Verteidigern zu tun“, drückte City-Trainer Pep Guardiola seinen Respekt für das deutschsprachige Verteidiger-Duo aus. „Es war nicht leicht für ihn.“
„Rüdiger frisst Haaland auf“
Die Aufgaben-Verteilung der beiden Kumpels war klar zu erkennen. Rüdiger blieb zumeist eng an Haaland dran, ließ den Norweger für keine Sekunde überhaupt nur mehr als einen halben Meter entkommen, während Alaba seinen Rücken deckte, um etwaige Durchbrüche stoppen zu können.
Rüdigers mitunter übertrieben erscheinende Verteidigungsmethoden sorgten dabei für große Aufmerksamkeit im Netz.
Das kuriose Privatduell der beiden Brecher begeisterte auch die spanische Presse. Nachdem sie Haaland im Vorfeld als „Android“ und „Menschenfresser“ bezeichnet hatten, wurde nach der Partie sein deutscher Gegenspieler gefeiert.
„Rüdiger frisst Haaland“, schrieb die AS, und Marca giftete: „Haaland war im Bernabeu nicht anwesend.“
Rüdiger stellt auch Real-Coach Ancelotti vor Probleme
Alaba und Rüdiger glänzten nicht nur in ihrer Arbeit gegen den Ball, sondern waren auch maßgeblich am Spielaufbau der Königlichen beteiligt.
In der frühen Entstehungsphase des Führungstreffers hatten beide ihren Anteil. Alaba zeigte sich besonders sicher mit dem Ball und spielte während der gesamten 90 Minuten lediglich drei Fehlpässe. Aber auch Rüdiger überzeugte auf ganzer Linie.
„Was machen wir jetzt mit Rüdiger?“, titelte die spanische Zeitung AS, da der meisteingesetzte Innenverteidiger Éder Militao (3.781 Einsatzminuten) nach seiner abgesessenen Sperre im Rückspiel wieder mitwirken kann, Rüdiger (3.549 Minuten) jedoch eine Glanzleistung ablieferte, nach der man ihn, genauso wenig wie Alaba (2.731 Minuten), rausnehmen dürfe.
Kroos als Innenverteidiger - Valverde mit Manndeckung
Während sich Real also mit diesem Luxusproblem beschäftigen darf, war auf City-Seite nicht nur Haaland gefrustet von Carlo Ancelottis erfolgreicher Eindämmungstaktik.
Als Schlüssel gegen die eindrucksvolle City-Offensive hatte Real eine Trennung von Haaland und Kevin De Bruyne identifiziert, wie The Athletic vorab aus Klub-Kreisen gehört haben will.
Der norwegische Superstürmer wurde unter anderem von Rüdiger und Alaba bearbeitet, Federico Valverde wiederum nahm den belgischen Nationalspieler De Bruyne mitunter sogar in Manndeckung.
Am Ende kamen so neben den drei Abschlüssen Haalands lediglich sieben Schüsse von außerhalb des Strafraums hinzu. Dass De Bruyne solche Gelegenheiten mitunter ausreichen, hat man bei seinem Treffer gesehen – trotzdem eine beeindruckende Defensivleistung, bei der neben den herkömmlichen Verteidigern vor allem auch Toni Kroos und eben Valverde mitwirkten.
Kroos verhielt sich zeitweise wie ein „dritter Innenverteidiger“, schrieb die spanische Zeitung Marca. Ansonsten stellte er, wie Valverde auf der anderen Seite, die Räume zwischen Außenverteidiger und Innenverteidiger zu.
„Die Räume zwischen (Eduardo) Camavinga, Carvajal und den Innenverteidigern wurden nicht nur von den Innenverteidigern besetzt, sondern von (Federico) Valverde und Toni (Kroos)“, hatte auch Guardiola erkannt.
Rüdiger hob vor allem die Verteidigung im Verbund hervor. „Es war wichtig, dass wir Haaland und vor allem De Bruyne nicht so viel Platz geben, damit er nicht die Bälle hinter die Abwehrkette spielt“, erklärte er nach dem Spiel. „Das haben wir im Defensivverbund sehr gut gemacht. Haaland produziert nicht die Dinge alleine, deswegen muss man die Nebenmänner gut unter Kontrolle bringen.“
Es habe sich sogar „einfach angefühlt“, fand er im Nachhinein.
Guardiola gesteht: Ancelottis Taktik-Kniff ging auf
Es klingt fast schon wie ein taktischer Sieg für Ancelotti, den Guardiola nach dem Spiel zugeben musste: „Normalerweise, wenn der Ball nach außen geht, bewegt sich der Innenverteidiger und der Raum wird frei für ein Eins-gegen-Eins mit dem Stürmer. Aber in diesem Fall ist das nicht passiert. Sie waren beide da und es war nicht einfach für Erling.“
„Wir haben uns darauf konzentriert, die Spieler zwischen den Linien zu kontrollieren“, erklärte wiederum Ancelotti nach der Partie und hob seine Mittelfeldspieler hervor. „Dort war die Arbeit von Kroos, Modric und Valverde gut. In den ersten 20 Minuten hatten sie Ballbesitz, ohne uns damit überhaupt Probleme zu bereiten.“
Gereicht hat es am Ende trotzdem nur für ein Unentschieden, doch Reals Leistung macht definitiv Mut für das Rückspiel in Manchester. Rüdiger jedenfalls ist selbstbewusst.
„Wir haben die Spieler dafür, die Erfahrung - und die Cojones“, so der DFB-Star über das anstehende Rückspiel.