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FC Bayern: Michael Tarnat vor ManCity-Duell über Haaland, Tuchel, de Ligt, Kahn

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FC Bayern: Michael Tarnat vor ManCity-Duell über Haaland, Tuchel, de Ligt, Kahn

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„De Ligt zeigt sein wahres Gesicht“

Michael Tarnat, ehemaliger Profi bei Bayern und ManCity, blickt im SPORT1-Interview auf das große Duell am Dienstag. Der 53-Jährige hofft auf eine Ära unter Thomas Tuchel und nennt die Schwächen der Cityzens.
Für Thomas Tuchel steht mit dem Champions-League-Kracher gegen Manchester City direkt eine große Aufgabe vor ihm als neuer Trainer an der Seitenlinie des Rekordmeister.
Reinhard Franke
Reinhard Franke
Michael Tarnat, ehemaliger Profi bei Bayern und ManCity, blickt im SPORT1-Interview auf das große Duell am Dienstag. Der 53-Jährige hofft auf eine Ära unter Thomas Tuchel und nennt die Schwächen der Cityzens.

Michael Tarnat spielte sechseinhalb Jahre für den FC Bayern.

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Mit den Münchnern gewann er 2001 die Champions League. Zudem wurde „Tanne“ mit dem Rekordmeister viermal Deutscher Meister und dreimal Pokalsieger.

In der Saison 2003/2004 trug er das Trikot von Manchester City. Nach seiner aktiven Laufbahn war Tarnat Jugendscout und sechs Jahre Sportlicher Leiter der Nachwuchsabteilung bei Bayern. Bis vergangenen Sommer leitete er die Akademie von Hannover 96.

Tarnat: „Bayern hat einen leichten Vorteil“

Vor dem Viertelfinale-Hinspiel in der Champions League zwischen ManCity und dem FC Bayern hat SPORT1 mit dem 53-Jährigen gesprochen.

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SPORT1: Herr Tarnat, wie sehen Sie die Machtverhältnisse vor dem Duell?

Michael Tarnat: Ich glaube, die Chancen stehen 50:50. Natürlich hat City gerade einen besseren Lauf als die Bayern, aber bei solchen Spielen hängt vieles von der Tagesform ab. Die Chancen, die man bekommt, muss man einfach nutzen. Bayern muss effektiv spielen. Es wird kein leichtes Spiel, aber Bayern hat einen leichten Vorteil, weil sie zuerst auswärts spielen.

SPORT1: Obwohl der FC Bayern in den vergangenen Monaten nicht gerade vor Souveränität strotzt. Der Trainerwechsel gipfelte ja darin.

SPORT1: Das stimmt schon, aber da muss ich dagegenhalten, dass man in der Champions League bisher jedes Spiel gewonnen hat. Das war eine beachtliche Leistung. Und das war der Verdienst von Julian Nagelsmann. In solchen Spielen wie gegen ManCity waren die Bayern immer am gefährlichsten, weil sie auf den Punkt da waren. Es ist eine absolute Vorfreude bei mir, diese beiden Topklubs gegeneinander spielen zu sehen.

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SPORT1: Für wen schlägt Ihr Herz eigentlich mehr?

Tarnat: Ein bisschen mehr für die Bayern. Wobei ich in Manchester auch eine schöne Zeit hatte. Es war nur ein Jahr, aber es war echt toll dort. Meine Familie und ich haben uns sehr wohlgefühlt. Aber ich habe sechseinhalb Jahre bei Bayern gespielt und fast sieben Jahre nach meiner Karriere dort gearbeitet, da habe ich schon einen größeren Bezug zum FCB als zu den Cityzens. Ich wohne auch wieder in München. Wir haben dort ein Haus gebaut.

SPORT1: Wie haben Sie die englische Liga in Erinnerung?

Tarnat: Nur positiv. Wenn ich das früher gewusst hätte, dass auf der Insel so Fußball gespielt wird und solch eine Atmosphäre herrscht, wäre ich früher dorthin gewechselt. So war es leider nur ein Jahr. Ich habe aber jeden Moment bei ManCity total genossen.

SPORT1: Ihr Trainer war damals England-Legende Kevan Keegan. Gibt es noch Kontakt?

Tarnat: Leider nicht mehr. Nur noch zum damaligen Zeugwart gibt es noch Kontakt. Wir schreiben uns ab und zu mal.

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„Man kann Haaland nur im Verbund stoppen“

SPORT1: Sie sagen, die Chancen stehen bei 50:50, aber macht Superstürmer Erling Haaland am Dienstag und im Rückspiel nicht doch den Unterschied aus?

Tarnat: Das wird sich zeigen. Vor Haaland hatte City nie einen echten Mittelstürmer. Jetzt steht Erling vorne drin und seine Statistik ist beeindruckend. Ich glaube aber auch, dass Bayern mit Upamecano und de Ligt zwei starke Innenverteidiger hat, und man kann Haaland nur im Verbund stoppen. Es wird schwierig, aber die Bayern haben das Selbstverständnis, in diesen Duellen zu bestehen. Bayern kann ManCity in die Knie zwingen. Und Upamecano und de Ligt sind in einer sehr guten Form, da wird auch Haaland an seine Grenzen kommen.

SPORT1: Sind es gerade die zwei besten Mannschaften in der Welt?

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Tarnat: Ja. Bayern hat zuletzt nicht so performt, aber in der Champions League zeigen sie ein anderes Gesicht. In diesem Wettbewerb führt der Weg zum Titel nur über diese beiden Klubs. Man muss auch auf Real Madrid aufpassen, aber ich lege mich fest: ManCity oder Bayern holen sich den Henkelpott.

SPORT1: Wie sehen Sie das Duell der beiden Startrainer Pep Guardiola und Thomas Tuchel?

Tarnat: Beide sind sich sehr ähnlich und lassen sehr diszipliniert spielen. Thomas Tuchel hat es etwas schwerer, weil er das Team und die einzelnen Charaktere erst noch richtig kennenlernen muss. So richtig trainieren kann er nicht, weil bisher nur englische Wochen anstanden. Beide sind super Trainer mit viel Emotionen. Ich denke, es sind die zwei besten Trainer in Europa. Auch dieses Duell ist auf Augenhöhe.

„Hier ist City verwundbar“

SPORT1: Wo ist ManCity verwundbar?

Tarnat: Die Defensive ist die Achillesferse. Hier ist City verwundbar. Das sieht man auch in der Premier League, da bekommen sie einfache Gegentore. Wenn Bayern nach Balleroberung schnell spielt mit Coman, Sané, Musiala oder Gnabry, dann hat Bayern absolut die Chance, das Hinspiel zu gewinnen. Sie müssen vor allem kompakt stehen. City will immer dominant spielen, da gehen sie mit allen Spielern nach vorne. Dann ist auch mal Unordnung im City-Spiel.

SPORT1: Wo ist Bayerns Schwachstelle?

Tarnat: Wenn Bayern das Gefühl hat, den Gegner im Griff zu haben, dann macht der eine oder andere bei ihnen einen Tick weniger und dann findet ManCity die entscheidenden Lücken. Bayern hat gar nicht viele Schwachstellen, sie sind eine gut organisierte Truppe mit tollen Spielern und Tuchel wird wissen, worauf es ankommt. Die Disziplin wird entscheidend sein für das Erreichen des Halbfinales.

SPORT1: Sie waren früher auch Defensivspezialist wie Matthijs de Ligt. Wie beurteilen Sie den Niederländer in seiner ersten Saison beim Rekordmeister?

Tarnat: De Ligt ist kaum wegzudenken aus der ersten Elf. Er hatte auch bei Juve anfangs seine Probleme, hat dort auch nicht jedes Spiel gespielt. Ihm fehlte daher auch die Spielpraxis, als er zu Bayern kam. Es ist aber auch nicht einfach, nach München zu kommen und gleich als der große Abwehrmann angekündigt zu werden. Das musste ich damals am eigenen Leib erfahren, als ich zum FC Bayern kam. De Ligt wurde zu einem Stabilisator, zu einem echten Leistungsträger. Haaland kann sich warm anziehen. Jetzt zeigt de Ligt sein wahres Gesicht. Bayern kann froh sein, diesen Spieler zu haben. Upamecano und de Ligt sind noch jung - das ist Bayerns Innenverteidigung der Zukunft.

SPORT1: Vergleichen Sie de Ligt mit Ihnen damals?

Tarnat: Schon. Wie schon gesagt, es war sicher für de Ligt schwer, nach München zu kommen und gleich als Abwehrchef tituliert zu werden. Da gab es ja auch Konkurrenz im Team. Aber er hat sich rangeklotzt und jetzt spürt jeder, dass er eine Verstärkung ist. So war es bei mir auch. Mein Start war auch nicht einfach, ich musste anfangs bei Bayern auch viel lernen. Ich bin gereift, genau wie de Ligt jetzt auch. Alle akzeptieren ihn, weil er auch Spiele gewinnen kann wie mit seiner Grätsche auf der Torlinie gegen Paris. Mit de Ligt werden mehr Spiele gewonnen als ohne ihn.

SPORT1: Sie kamen damals aus Karlsruhe und mussten sich auch ihren Platz erkämpfen?

Tarnat: Ganz genau. Ich war zwar schon Nationalspieler, aber in der Kabine bei Bayern saßen rund 25 Nationalspieler. Da war es schwer, Fuß zu fassen. Ich hatte das Glück, dass ich mit dem einen oder anderen Spieler schon aus der Nationalmannschaft befreundet war. Da hatte ich es etwas leichter als de Ligt.

„Olli und Brazzo haben in der Sache Fehler gemacht“

SPORT1: Lassen Sie uns kurz nochmal über die Beurlaubung von Julian Nagelsmann sprechen. Da hat Ihr früherer Kollege Oliver Kahn auch sein Fett abbekommen. Wie haben Sie das Thema gesehen?

Tarnat: Olli und Brazzo haben in der Sache Fehler gemacht. Beide haben ja auch eingesehen, dass die Kommunikation nicht die beste war. Das Ding wurde nun mal geleakt. Eine Trennung ist nicht immer schön - und einen passenden Moment zu finden, dem Trainer das mitzuteilen, ist auch nicht immer angenehm. Das hat Brazzo und Olli überrollt. Aber dafür haben sie sich auch entschuldigt.

SPORT1: Die einen sagen, die Trennung war notwendig, andere meinen, man könne die Entlassung nicht verstehen. Was denken Sie?

Tarnat: Natürlich war ich auch erst mal überrascht. Julian war schließlich noch in allen drei Wettbewerben gut dabei. Man muss am Ende den Bossen da schon vertrauen, sie handeln im Sinne des FC Bayern. Leicht ist es Brazzo und Olli sicher nicht gefallen. Julian ist deshalb aber kein schlechter Trainer.

SPORT1: Kann Tuchel, den man schon zweimal haben wollte, eine neue Ära an der Säbener Straße prägen?

Tarnat: Warum nicht? Ich hoffe es. Er hat bei PSG gezeigt, dass er mit Superstars gut umgehen kann. Da gab es viele Spieler vom Kaliber des FC Bayern. Und auch beim FC Chelsea war Tuchel erfolgreich. Er ist etwas erfahrener als Nagelsmann und hat solch eine Situation wie jetzt schon erlebt. Tuchel ist mit seiner Erfahrung gerade jetzt wertvoll für Bayern.

SPORT1: Thema Führungsspieler: Wer ist für Sie in so wichtigen Spielen wie gehen ManCity ein Leader bei Bayern, wie es damals ein Stefan Effenberg war?

Tarnat: Es ist wichtig, eine Achse zu haben. Da sehe ich bei Bayern de Ligt, Upamecano, Kimmich, Goretzka, Müller. Diese Spieler müssen und werden in der heißen Phase der Saison da sein. Das sind Führungsspieler, die sich nicht wegducken, sondern vorangehen.

Tarnat: Mein schönster Moment bei ManCity

SPORT1: Wären Sie auch in der heutigen Zeit City-Spieler geworden - oder wäre das nach dem Scheich-Einstieg unmöglich gewesen?

Tarnat: (lacht) Schwer zu sagen, weil ich nicht weiß, wie man meine Leistung damals eingeschätzt hat beziehungsweise heute einschätzen würde. Ich hatte eine super Zeit bei City und will die nicht missen. Als ich ging, kam der Scheich.

SPORT1: Gab es einen schönsten Moment bei ManCity?

Tarnat: Oh ja. Wir waren nicht so erfolgreich wie die Jungs heute, wir haben damals 14 oder 15 Spiele am Stück nicht gewonnen. Ich erinnere mich noch, dass wir einen Tag nach dem Spiel immer in ein öffentliches Freibad gegangen sind. Dort gab es eine Sauna, in der wir unser Aqua-Jogging gemacht haben. Da saß ein City-Fan. Eine Maschine und voll tätowiert. Wir dachten uns: ‚Um Gottes willen, was passiert jetzt, wird er uns beschimpfen nach der Sieglosserie?‘ Aber es kam anders, denn dieser Typ, der auch das City-Logo tätowiert hatte, sagte dann nur: ‚Männer, wir verzeihen euch alles, wir wollen nur Einsatz sehen. Wenn ihr Vollgas gebt, unterstützen wir euch immer.‘ Das war einer der schönsten City-Momente für mich.