Am 28. Mai 1997 gewann Borussia Dortmund nach einem 3:1-Sieg gegen Juventus Turin die Champions League. Ausgerechnet im Münchner Olympiastadion, der Heimat des FC Bayern. Am Samstag nun jährt sich der Triumph der Schwarz-Gelben zum 25. Mal.
Die Erinnerungen der BVB-Helden
SPORT1 sprach mit acht ehemaligen BVB-Stars, die damals den Henkelpott in den bayerischen Nachthimmel recken durften. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Champions League)
Wolfgang „Teddy“ de Beer: „Es war ein einmaliger Sieg, der in die Geschichte des Vereins eingegangen ist. Es war bis heute der größte Vereinstitel, den wir geholt haben. Das war Wahnsinn, dabei gewesen zu sein. Dieses Erlebnis vergesse ich mein ganzes Leben nicht. Der Moment, als Lars Ricken eingewechselt wurde, war besonders. Er war gerade eine Minute auf dem Platz und wir hatten nach dem Anschlusstreffer von Juventus zum 1:2 etwas Probleme. Aber Lars traf dann zum 3:1 und da ging bei Juve ein Schock durch die Mannschaft. Damit hatten sie nicht gerechnet. Da war uns klar, dass wir gewinnen können. Bei uns war der Teamgeist das Entscheidende für diesen Erfolg.“
„Wir waren im Stamm der Truppe schon Jahre zusammen und hatten vorher zwei Meisterschaften feiern können. Wir hatten alle Familien. Unsere Heimspiele waren für uns auch immer eine Art Familienfeste. Deshalb haben wir auf dem Platz den Zusammenhalt hinbekommen. Ich konnte mit dem BVB 14 Titel bejubeln. Wir saßen mit dem Henkelpott im Entmüdungsbecken von Bayern München, das hatte schon was. Es war die pure Entfesselung und viele Männer haben geweint.“
Karl-Heinz Riedle: „Wenn ich an den Abend im Olympiastadion zurückdenke, kommen mir immer wieder die unglaublich schönen Szenen nach dem Spiel in den Sinn. In Dortmund wurden wir von den Fans durch die Stadt getragen. Diese Bilder bleiben mir immer im Gedächtnis. Die Fahrt durch Dortmund dauerte sechs, sieben Stunden und die war einfach gigantisch. Die Atmosphäre während des Spiels war auch eine ganz besondere, weil es in München war, wo die Bayern kurz davor Meister geworden sind. Es waren schon sehr emotionale Momente für jeden Einzelnen von uns.“
„Ich habe eine Anekdote noch im Kopf. Ich bin um eine Uhr ärmer geworden, die ich damals Paul Lambert versprochen hatte, wenn wir das Spiel gewinnen würden. Er war die ganze Woche vor dem Spiel schon an meiner Uhr irgendwie dran. Das Gleiche hat er mit Paulo Sousa auch gemacht. Das war schon kurios, denn er hat sich, glaube ich, weniger über den Sieg gefreut als über die zwei Uhren, die er abgestaubt hat.“
Jörg Heinrich: „Das Tor von Lars war unsere Rettung, weil Juve in dieser Phase schon sehr viel Druck entwickelt hat. Da wussten wir: ‚Jetzt sind wir durch und jetzt gewinnen wir wirklich diesen großen Pokal‘. Ich war nach dem intensiven Spiel so erschöpft, da ging gar nichts mehr. Und ich weiß noch, dass der Pokal sehr schwer war, ich hätte ihn gerne länger durch die Kurve getragen, aber das scheiß Ding war so schwer, dass ich es abgeben musste.“
„Das Schöne ist, wenn man wirklich etwas im Leben gewonnen hat, bleibt das hängen. Du kannst 500 Bundesligaspiele auf dem Buckel haben, aber, wenn du keinen Titel gewinnst, wird es schnell vergessen. Titel bleiben und das merke ich heute noch. Ich bin stolz, mich Champions-League-Sieger nennen zu dürfen. 25 Jahre hat es nicht mehr geklappt. So vielen deutschen Mannschaften war es nicht vergönnt, da merkt man, wie schwierig es ist, diesen Titel zu gewinnen. Es war einfach unglaublich schön, dabei gewesen zu sein. Dass wir das Glück hatten, in München zu spielen, das hat dem Ganzen die Krone aufgesetzt. Ottmar Hitzfeld war ein sehr wichtiger Trainer. Ich hatte aber mit all meinen Trainern sehr viel Glück. Das ging in Freiburg mit Volker Finke los über Hitzfeld, Trapattoni, Sammer. Da war schon sehr viel Kompetenz dabei.“
Knut Reinhardt: „Eigentlich hatte keiner an uns geglaubt, wir haben gegen Juve immer verloren und generell gegen die Italiener kaum eine Chance. Aus Nichts haben wir ganz viel gemacht. Der Sieg im Finale war einfach traumhaft und verdient. Es war eine der schwersten Stunden für mich als Fußballer, weil ich vorher immer gespielt habe, doch im Finale auf der Tribüne sitzen musste. Ottmar Hitzfeld hatte sich gegen Wolfgang Feiersinger und mich entschieden. Das war ziemlich bitter.“
„Heute muss ich sagen, dass Hitzfeld alles richtig gemacht hat. Ich war richtig sauer, denn es war eine sehr harte Entscheidung. Aber auf meinem Grabstein wird Champions-League-Sieger 1997 stehen. Ich habe mich irgendwann in Hitzfeld reinversetzt. Es war damals super schwierig für ihn. Sportlich war es für mich eine Katastrophe. Ich hätte halt gerne auf der Bank gesessen und nicht auf der Tribüne. Beim Feiern hinterher brauchte ich auch etwas Anlaufzeit. Nach dem dritten Bier ging es dann. Im Leben muss man auch sowas wegstecken. Ich habe den Pott in den Händen gehalten und ich habe auch die Prämie bekommen. Das war eine super Geste vom Verein.“ (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Champions League)
Jürgen Kohler: „Für mich war der Sieg besonders, weil es gegen meinen Ex-Klub Juventus Turin ging. In dieser Saison damals hatten wir viele Verletzte und konnten bis München nie in der gewohnten Stamm-Formation spielen. Ottmar Hitzfeld musste oft improvisieren. Umso erstaunlicher war es dann, dass wir diesen Pokal gewonnen haben - bei unserem größten Rivalen. Ich weiß nicht mehr, ob im Entmüdungsbecken genügend Platz war.“
„Wir hatten schon auf dem Platz drei Liter-Flaschen Magnum intus. Und ich weiß nicht mehr, wie ich in die Kabine gekommen bin. Ich wusste nach zwei, drei Schluck aus der Pulle nicht mehr genau, was ich tat. Ich hatte schon ein kleines Schwindelgefühl in mir.“
„Beim gemeinsamen Spaziergang nach dem Frühstück sagte Kalle Riedle zu uns, dass er geträumt hatte, zwei Tore im Finale zu schießen. Und siehe da: Es gelang ihm. Kalle war ein feinfühliger Spieler und hat auch mal etwas gesagt, wo wir dachten: ‚Das tritt niemals ein.‘ Aber in dem Fall war es ein wahrer Traum. Abends nach dem Spiel waren wir im P1 feiern, da wusste ich nicht mehr, wie ich ins Hotel gekommen bin. Ich hatte damals Glück, dass meine Frau bei mir war.“
Stéphane Chapuisat: „Ich denke immer wieder gerne an das Finale damals in München zurück. Man wird ja auch jedes Jahr wieder darauf angesprochen. Die Erinnerungen an das Tor von Lars, den Jubel danach und die Party kommen dann automatisch wieder hoch. Dass wir diesen Pokal tatsächlich gewinnen konnten, war magisch. Man steht ja nicht so oft in einem Champions-League-Finale.“
„Es hat an dem Abend alles geklappt. Für mich war es der größte Erfolg als Profi. Wir treffen uns demnächst mit allen Borussen und darauf freue ich mich schon. Ottmar Hitzfeld war sehr wichtig für mich. Er war einer der besten Trainer, die ich hatte. Auch menschlich.“
Martin Kree: „Wenn ich zurückdenke, dann merke ich, wie alt ich schon bin. Sportlich war es das größte Highlight in 15 Profijahren bei mir. Hinter diesem Henkelpott rennt auch heute noch die Fußballwelt her. Jeder, der gewisse Ambitionen hat, möchte diesen Wettbewerb gewinnen. Für uns intern war damals die Chance schon da. Wir haben uns das absolut zugetraut. Nach dem Spiel brachen alle Dämme und es war die pure Erleichterung da. Das vergesse ich ein Leben lang nicht.“
„Erwachsene Männer lagen plötzlich wie eine Pyramide übereinander und du musstest froh sein, wenn du nicht der Unterste warst. Diese Stress-Befreiung war herrlich. Plötzlich wussten wir, dass wir für immer ein Teil der Geschichte dieses Vereins sind. Der BVB konnte diesen Titel bis heute nicht nochmal holen. Für mich war der Augenblick, wo wir alle übereinander lagen, einzigartig schön. Selbst beim Pokalsieg gab es nicht solch eine Ekstase.“
Wolfgang Feiersinger: „Dieser Tag war der Tiefpunkt in meiner gesamten Karriere. So verrückt das auch klingt, weil wir ja mit dem BVB an dem Tag Champions-League-Sieger wurden. Es war ein wahnsinniger Einschnitt in meinem Leben, weil ich vorher alle Spiele gemacht habe. Und die Art und Weise, wie das damals kommuniziert wurde, war nicht schön.“
„Wir fuhren zwei Tage vor dem Spiel nach München ins Trainingslager, um uns konzentriert vorzubereiten. Ich ging fest davon aus, dass ich spiele. Matthias Sammer, der für mich dann spielen durfte, hatte fast einen Monat nicht auf dem Platz gestanden. Und am Nachmittag vor dem Spiel rief mich Ottmar an und sagte mir kurz und knapp, dass ich nicht spielen werde und er sich für Matthias entschieden hat. Da ist eine Welt in mir zusammengebrochen. Das Schlimme war, dass damals nicht 18 Mann im Kader waren, sondern nur 16. Ich durfte also nicht mal auf der Bank Platz nehmen. Es war ein bitterer Moment.“
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