Seit Ralf Rangnick am 3. Dezember die Nachfolge des geschassten Ole Gunnar Solskjaer als Trainer von Manchester United antrat, wurde der deutsche Trainer mit Argwohn begleitet.
„Rangnick ist ein Hochstapler“
Vor allem frühere United-Stars wie Roy Keane oder Paul Scholes griffen Rangnick an, ohne ihm eine größere Anlaufzeit zu geben. Sie erschwerten die Arbeit des 63-Jährigen, der als Interims-Trainer bis zum Saisonende geholt wurde und danach eine Beraterfunktion übernehmen sollte.
Nach der 0:1-Heimpleite gegen Atlético Madrid, die gleichbedeutend mit dem Champions-League-Aus war, wurde aus Argwohn offene Kritik. (DATEN: Ergebnisse und Spielplan der Champions League)
„Ich weiß nicht, wie er zum Trainer dieses Vereins geworden ist“, giftete Scholes bei BT Sports. „Einen richtigen Trainer für diese Mannschaft zu finden, ist eine große Sache.“
„Rangnick ist ein Hochstapler“
Um wieder in die Nähe eines Titels zu gelangen, müsse ein „richtiger Trainer“ gefunden werden, „der mit der Mannschaft arbeite und die Talente, die in diesem Team schlummern, fördert“. Rangnick ist all das nicht, so der Subtext: „Mit Simeone als Trainer wäre United weitergekommen.“
Der frühere Mittelfeldspieler Jamie O‘Hara meinte bei Talksport gar: „Für mich ist Ralf Rangnick ein Hochstapler. Er ist hierher gekommen und meint, er hätte eine Fußballphilosophie, die hier niemand kennt. Dass wir nicht wissen, wie man das Spiel spielt.“
Und das spanische Portal Fichajes schrieb: „Ralf Rangnick, der neue Fehlgriff von Manchester United“. Der Deutsche habe es zu keinem Zeitpunkt geschafft, die Mannschaft zu stabilisieren.
RB-Taktik funktioniert bei United nicht
Dabei blies dem früheren Leipzig-Coach seit seinem Amtsantritt nicht nur mächtig Gegenwind ins Gesicht, er hatte es auch mit einer Mannschaft zu tun, die weit entfernt von einem internationalen Top-Team war - und es noch immer ist.
Rangnick gelang es im Schnelldurchlauf nicht, dem mit Einzelkönnern gespickten United-Team eine ähnliche Taktik zu indoktrinieren, wie er es seinerzeit in Leipzig machte.
Rangnick und Ronaldo: Das passt nicht
Bestes Beispiel; Cristiano Ronaldo. Trotz seiner 37 Jahre ist der portugiesische Superstar zweifellos noch immer ein Weltklassespieler - doch in Rangnicks bevorzugtem Pressing-System eine glatte Fehlbesetzung. (News: Ronaldo „riskiert Zorn der UEFA“)
An manchen Tagen, wie zuletzt beim 3:2-Sieg gegen Tottenham, als Ronaldo alle drei Tore erzielte, kann der Modellathlet darüber hinwegtäuschen - doch ansonsten trat zuletzt meist das ein, was viele Skeptiker schon bei Rangnicks Amtsantritt sagten: Ronaldo und der schwäbische Fußballprofessor - das passt nicht zusammen.
- „König Fußball“, der SPORT1 Podcast zur Champions League: Alle Infos rund um die Königsklasse - auf podcast.sport1.de, in der SPORT1 App, auf Spotify, Apple Podcasts, Podigee und überall, wo es Podcasts gibt
Beim 0:1 gegen Atlético bildete der frühere Real-Star die alleinige Sturmspitze - und wurde von den Defensivkünstlern von Diego Simeone zur Bedeutungslosigkeit degradiert. (NEWS: Alle aktuellen Infos zur Champions League)
Es habe „nicht unbedingt die bessere Mannschaft gewonnen“, meinte Rangnick, wohl aber die, „die das Zerstören und das Zeitschinden beherrscht wie kaum eine andere Mannschaft“.
„Müssen sechs, vielleicht sieben Spiele gewinnen“
Zum ersten Mal seit über einem Jahrzehnt gab der Superstar in über 90 Minuten keinen einzigen Torschuss ab. Nur 2011 (im Clásico zwischen Real gegen Barca und 2003 (im CL-Duell zwischen ManUnited und Panathinaikos) war Ronaldo ebenfalls ohne Abschluss geblieben.
„Wir hatten insgesamt nicht so viele Torschüsse. Das war für Ronaldo kein einfacher Abend gegen einen tief verteidigenden Gegner“, nahm ihn sein Coach in Schutz.
Rangnick lässt Pogba draußen
Insgesamt gilt Rangnicks Umgang mit den United-Stars aber als schwierig. Im so wichtigen Spiel gegen Atlético saß Paul Pogba nur auf der Bank, was der Franzose laut Medienberichten nicht besonders gut aufgenommen habe. Die Chancen auf Pogbas Verbleib nach der Saison dürften dadurch nicht gerade gestiegen sein.
Für Manchester United ist schon jetzt klar, dass die Saison erneut titellos bleiben wird. Rangnick muss nun versuchen, den Schaden so klein wie möglich zu halten. „Für uns geht es jetzt darum, die Saison so gut wie möglich zu Ende zu spielen“, sagte er und räumte ein, dass es „schwer wird, Platz vier noch zu erreichen. “
Derzeit liegen die Red Devils auf Rang fünf, einen Zähler hinter dem FC Arsenal, der allerdings drei Spiele weniger bestritten hat. „Wir müssen sechs, vielleicht sieben Spiele gewinnen. Auf alle Fälle natürlich auswärts gegen Arsenal. Das wird jetzt die Aufgabe sein.“
Tuchel wird gehandelt
Rangnicks Chancen auf einen dauerhaften Posten als Teammanager von United dürften nun aber gen null tendieren.
Gerüchte um Chelsea-Teammanager Thomas Tuchel, der wegen der Sanktionen gegen Klubbesitzer Roman Abramowitsch womöglich offen für Anfragen sein könnte, machen bereits die Runde.
„Ich hätte mich für Conte oder Tuchel entschieden“, meinte Scholes: „Es sieht so aus, als ob einer von ihnen am Ende der Saison verfügbar sein könnte. Das sind zwei erstklassige Trainer, die den Spielern Angst einjagen und gewinnen, was das Wichtigste ist.“