So erzürnt hatte sich zuvor noch kein UEFA-Präsident in aller Öffentlichkeit gezeigt.
Der 6-Milliarden-Plan der CL
"Den Menschen, die den Fußball lieben, wird ins Gesicht gespuckt", sagte Aleksander Ceferin am Montag auf der Pressekonferenz des europäischen Verbandes sichtlich verärgert über die zwölf Vereine, die sich in der Nacht zuvor auf eine neue Super League verständigt hatten.
Was folgte, war ein bislang beispielloser Zusammenschluss aus Fans, Spielern, Trainern, Vereinen und Verbänden, einschließlich der UEFA. Mit dem Ergebnis, dass sich nach und nach immer mehr Klubs aus dem Projekt zurückzogen, bis es im wahrsten Sinne des Wortes in seine Einzelteile zerfiel.
Im Nachhinein betrachtet, so könnte man spöttisch behaupten, hätte dem europäischen Verband nichts Besseres passieren können als diese kolossal gescheiterte Gründung einer elitären Superliga.
Denn sie stellte so gesehen das ideale Ablenkungsmanöver für die eigene, ebenfalls hart kritisierte Reform der Champions League dar.
Eine Reform, die die Königsklasse der UEFA zumindest in Teilen noch näher an die Idee der European Super League heranrücken lässt.
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SPORT1 vergleicht die Neuerungen der Champions League mit dem gescheiterten Projekt der Superliga. (SPORT1-Kommentar)
Einnahmen
Es deutet sich an, dass die Teilnehmer der Champions League auf einen ähnlichen, wenn nicht sogar deutlich größeren Geldsegen hoffen können, wie es in der Super League der Fall gewesen wäre.
Wie die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf sichere Quellen berichtet, habe die Vermarktungsagentur der UEFA vom Vermögensverwalter Centricus ein Angebot erhalten, das selbst die Beträge der Super League in den Schatten stellt.
So kann die Königsklasse ab der Saison 2024/25 mit sechs Milliarden Euro rechnen – pro Saison (!). Dagegen erscheinen die 3,2 Milliarden Euro Startkapital für die Super League wie die viel zitierten "Peanuts".
Laut der spanischen Zeitung AS könnte das neue System der Königsklasse sogar schon 2022 eingeführt werden.
Teilnehmer
Während die Super League für 20 Teilnehmer, inklusive 15 fester Starter, konzipiert wurde, werden es in der neuen Champions League 36 Mannschaften sein – und damit vier mehr als zurzeit noch.
Zugang
15 Gründungsmitglieder mit garantiertem Startrecht und fünf Vereine, die sich nach nicht näher definierten Kriterien jährlich neu dafür qualifizieren können. So stellten sich das die Gründungsvereine der Super League vor.
Die UEFA hingegen postuliert auch in der neuen Fassung den freien Zugang für alle Vereine zur Champions League, der ausschließlich durch sportliche Kriterien erfolgen soll.
Der große Haken: Auch in der Champions League werden zwei Startplätze nicht, wie bislang üblich, über die nationalen Ligen vergeben. Sie gehen an Vereine, die es über den üblichen Weg nicht geschafft haben. Sollten sie aber in Europa in den vorangegangenen fünf Jahren den entsprechenden Erfolg gehabt haben, wären sie dennoch dabei.
Einzige zusätzliche Voraussetzung: Sie müssten sich über die nationale Liga für einen anderen europäischen Wettbewerb – Europa League oder Europa Conference League – qualifiziert haben. Für den FC Bayern hieße dies beispielsweise, dass sie mindestens Sechster in der Bundesliga werden müssten.
Die zwei weiteren zusätzlichen Plätze gehen an den Dritten des fünftbesten Verbandes in der Fünfjahreswertung (derzeit Frankreich) und an einen zusätzlichen nationalen Meister, indem die Anzahl der Klubs, die sich über den sogenannten Meisterweg qualifizieren, von vier auf fünf erhöht wird.
Modus
Zwei Gruppen zu je zehn Teams mit Hin- und Rückspiel, Playoff-Duelle zwischen dem Vierten und Fünften beider Gruppen, Viertelfinale, Halbfinale, Endspiel. Soweit der Plan der Super League.
Die neue Champions League wartet dagegen mit der ganz großen Reform auf. Die Vorrunde wird nicht mehr als Gruppenphase gespielt, da Gruppen nicht mehr vorgesehen sind. Stattdessen bestreitet jedes der 36 Teams zehn Spiele. Die Ergebnisse fließen dann in eine Gesamt-Tabelle aller 36 Mannschaften.
Nach den zehn Spielen stehen die besten Acht als Achtelfinal-Teilnehmer fest. Die Teams auf den Plätzen neun bis 24 bestreiten Playoff-Duelle mit Hin- und Rückspiel, die Sieger komplettieren das Achtelfinale.
Anschließend geht es in K.o.-Duellen weiter bis ins Finale, wobei das Halbfinale und das Endspiel womöglich in einer Art Final Four absolviert werden wird.
Darüber ist bislang ebenso noch keine abschließende Entscheidung gefallen wie über den genauen Modus der Vorrunde. Es wird erwartet, dass die Gegner eines Teams nach wie vor aus verschiedenen Lostöpfen gezogen werden, die wiederum die Setzliste widerspiegeln.
Um die Vorrunde attraktiver zu gestalten, könnte es beispielsweise so sein, dass die Teams vier Gegner aus dem eigenen Topf und jeweils zwei aus den anderen drei Töpfen zugelost bekommen. Damit hätten die stärksten Vereine schon in der Vorrunde gleich vier hochkarätige Gegner.
Was aber schon feststeht: Einen Abstieg innerhalb einer Saison wird es nicht geben. Ausgeschiedene Vereine können nicht mehr – wie bisher – in der Europa League weiterspielen.
Anzahl der Spiele
In der Super League kämen die Teams auf mindestens 18 und höchstens 25 Spiele.
In der Champions League könnten es spätestens ab 2024 fast genauso viel werden. Bestreitet eine Mannschaft neben den zehn Vorrunden-Spielen noch die beiden Playoffs und die gesamte K.o.-Runde bis zum Finale, käme sie auf 19 Spiele. Bislang bestritten die beiden Finalisten 13 Partien.
Diese Steigerung ist die wohl umstrittenste Neuerung – nicht nur bei den Fans, sondern auch bei den nationalen Ligen. Die fragen sich nämlich, wo die sechs neuen Spieltage im ohnehin schon überfüllten Kalender noch unterzubringen sind. In England steht deshalb schon der traditionsreiche Liga-Pokal zur Disposition.
Noch hält sich die UEFA diesbezüglich bedeckt. Es ist aber davon auszugehen, dass auch im Januar gespielt werden wird und das Achtelfinale, das sich bislang über vier Wochen hinzieht, gestrafft wird.