Sensation, Wunder, Auferstehung: Mit einer atemlosen Hetzjagd hat der FC Barcelona das Mega-Comeback im Achtelfinale der Champions League geschafft.
Barca-Wunder für die Ewigkeit
Der 6:1 (2:0)-Erfolg gegen den französischen Meister Paris Saint-Germain brachte den fünfmaligen Königsklassen-Gewinner um den nahezu beschäftigungslosen Nationalkeeper Marc-Andre ter Stegen als erste Mannschaft nach einem 0:4 im Hinspiel noch in die nächste Runde. (Spielplan und Ergebnisse der Champions League)
"Niemand hat aufgehört zu glauben, auch nicht nach dem Gegentor. Es war spektakulär, unglaublich emotional. In diesem Wettbewerb kriegst du eigentlich kein schlechtes Spiel verziehen, doch wir haben das Ding gedreht. Ich bin so stolz", sagte Barca-Coach Luis Enrique nach Abpfiff.
PSG mit dem blassen Weltmeister Julian Draxler und dem früheren Bundesligakeeper Kevin Trapp brach sprichwörtlich auf zitternden Knien ein.
Ekstase und Tränen
"Wir waren nicht auf der Höhe, um Barcas Hunger etwas entgegenzusetzen. Das ist eine ganz schlimme, eine ganz schlechte Erfahrung für mich und mein Team. Daraus müssen wir lernen", konstatierte PSG-Trainer Unai Emery, der am Spielfeldrand und auch auf der Pressekonferenz mit Tränen kämpfe. (Stimmen zum Spiel)
Luis Suarez (3.), Layvin Kurzawa mit einem Eigentor (40.), Lionel Messi (50./Foulelfmeter), Neymar (88., 90.+1/Foulelfmeter) und Roberto (90.+5) sorgten für die historische Sensation, die nach dem PSG-Treffer von Edinson Cavani (62.) schon ausgeschlossen schien.
"Wir waren nach dem Spiel in Paris total niedergeschlagen, aber haben nie aufgehört zu glauben. Die Fans waren heute unser zwölfter Mann. Dieser Sieg ist für sie. Ich kann es immer noch nicht fassen", sagte Barcas Held Roberto nach Spielende. (Netzreaktionen zum Spiel)
Enrique hatte eine Vorahnung
"Wenn sie in der Lage sind, gegen uns vier Tore zu schießen, können wir auch sechs Mal treffen. In 90 Minuten kann eine unendliche Menge an Dingen passieren", hatte der im Sommer scheidende Barca-Trainer Enrique vor dem Spiel orakelt.
Das Selbstvertrauen kam nicht von ungefähr, immerhin hatte Barcelona seine bisherigen Gäste in dieser Champions-League-Saison regelrecht abgeschossen (4:0 gegen Borussia Mönchengladbach und Manchester City, 7:0 gegen Celtic Glasgow).
Barcelona erwischte den ersehnten Start nach Maß: Vor 96.290 Zuschauern behielt Suarez nach nicht einmal 180 Sekunden bei einer wirren Situation am Fünfmeterraum den Überblick und köpfte den Ball über den zögerlichen Trapp hinweg über die Linie. PSG-Verteidiger Thomas Meunier klärte zu spät. (Das Spiel zum Nachlesen im Ticker)
Barca rennt unermüdlich an
Die Katalanen attackierten weiter extrem früh, provozierten dadurch in den Anfangsminuten einen Ballverlust nach dem anderen beim zögerlichen Gegner. Der igelte sich nach dem frühen Rückstand regelrecht im eigenen Strafraum ein, um Sicherheit zu gewinnen und der Offensivwalze Barcelona die Wucht zu nehmen.
Mit Erfolg: Zwar funktionierte das Tiki-Taka der Katalanen, fehlender Raum und kaum Anspielstationen im Strafraum zwangen die Gastgeber aber zu ungeliebten Schussversuchen aus der Distanz. Messi (15.), Neymar (17.) und Kapitän Andres Iniesta (28.) verfehlten den Kasten von Trapp nur knapp.
Kurz vor der Pause verloren die Franzosen etwas ihre Ordnung und ermöglichten Barcelona die "halbe Miete" zum Seitenwechsel: Iniesta luchste Marquinhos den Ball an der Torauslinie noch ab und brachte ihn vor das Tor, wo Kurzawa mit einer unglücklichen Rettungsaktion Trapp überwand.
Messi trifft vom Punkt
In der 48. Minute rückte der deutsche Schiedsrichter Deniz Aytekin in den Blickpunkt: Nach einem Stolperer von Meunier, durch den Neymar im Strafraum zu Fall gebracht wurde, entschied der Unparteiische aus Oberasbach auf Elfmeter. Messi ließ Trapp mit seinem strammen Linksschuss keine Chance. (Torjäger der Champions League)
Auf der Gegenseite stach Cavani in der 62. Minute mit einem eiskalten 13-Meter-Abschluss zu und ließ das Camp Nou verstummen.
Nur zwei Minuten später war der Uruguayer auf Vorarbeit von Draxler gar dicht vor dem 2:3 - scheiterte aber am glänzend reagierenden ter Stegen.
Dann brachen die turbulenten Schlussminuten an, in denen Neymar mit einem Traumfreistoß und einem weiteren umstrittenen Strafstoß nach Foul von Marquinhos an Suarez sowie Sergi Roberto das Camp Nou zum Beben brachten.
"Es gab Leute, die uns beerdigen wollten. Mögen die Krankenhäuser in den nächsten neun Monaten mehr Krankenschwestern einstellen, denn heute wird sehr viel Liebe gemacht", frohlockte Barcas Abwehrchef Gerard Pique.