Als einer der letzten Spieler spazierte Thomas Müller nach dem 3:1-Auswärtssieg beim FC Augsburg am Freitagabend aus der Bayern-Kabine in Richtung Ausgang der WWK-Arena.
Kuriose Pointe im Müller-Theater
Bereits im Türrahmen angekommen, drehte sich der 35-Jährige aber noch einmal zu den anwesenden Journalisten um: „Fragen? Ihr wisst doch sonst auch alles, ohne zu fragen“, fing der Routinier mit einer vielsagenden Andeutung an - und schob witzelnd nach: „Es war ein wichtiger Sieg und ansonsten bleiben wir schön locker.“

Am Tag danach ließ Müller in einem Post auf LinkedIn die Katze aus dem Sack und schaffte Klarheit in Sachen Zukunft. Nach 17 Profijahren wird er ab Sommer nicht mehr für den FC Bayern als Spieler auflaufen! Wie der 35-Jährige schrieb, ging diese Entscheidung dabei vom deutschen Rekordmeister aus - nicht von ihm selbst!
„Auch nach all den Jahren habe ich, ungeachtet meiner Spielminuten, immer noch sehr viel Spaß, mit den Jungs zusammen auf dem Platz zu stehen und gemeinsam für unsere Farben um Titel zu kämpfen. Diese Rolle hätte ich mir auch in der nächsten Saison gut vorstellen können. Der Verein hat sich jedoch bewusst dafür entschieden, mit mir keinen neuen Vertrag für die kommende Spielzeit zu verhandeln“, schrieb Müller in seinem Brief an die Fans und stellte klar, dass dieses Ende „nicht meinen persönlichen Wünschen entsprach“.
Letztes Highlight für Müller?
Und doch könnte Müller, mit 743 Pflichtspielen im Trikot des FC Bayern vor Sepp Maier, Oliver Kahn oder Namensvetter Gerd Müller (dessen Bayern-Abgang einst auch kein schöner war) in den letzten Tagen seiner aktiven Bayern-Karriere noch einmal wichtig werden.
Wie eminent bedeutungsvoll das, was Müller mitbringt, für Bayern jetzt noch werden könnte, ahnten bis Punkt 21.42 Uhr am Freitagabend die wenigsten. Denn ausgerechnet Jamal Musiala verletzte sich so schwer, dass er den Platz verlassen musste und anschließend unter ärztlicher Begleitung durch die Mixed Zone humpelte.

Sportvorstand Max Eberl kündigte bereits nach dem Spiel an, dass Musiala am Dienstag gegen Inter Mailand definitiv fehlen werde. Am Samstag gab es die niederschmetternde Diagnose Muskelbündelriss. Die Sorgenfalten der ohnehin verletzungsgebeutelten Mannschaft (Dayot Upamecano, Manuel Neuer, Alphonso Davies, Hiroki Ito fallen aktuell verletzt aus) werden immer größer.
Ausgerechnet Müller wird jetzt gebraucht
So musste ausgerechnet einer wieder auf den Plan treten, den sie bei Bayern ab Sommer nicht mehr haben wollen: Thomas Müller.
Es ist eine kuriose Pointe unter ein ordentliches Theater. Immerhin hatte Sportvorstand Max Eberl noch vor wenigen Wochen den Eindruck erweckt, dass Müller selbst über seine Zukunft entscheiden kann. Klub-Patron Uli Hoeneß kassierte das beiläufig ein – ausgerechnet bei der Premiere einer Doku über Müller. Dann wurde zuletzt auch noch das sich anbahnende Ende Müllers in den Medien lanciert, bevor ein spruchreifes Einvernehmen zwischen Klub und Spielern da war. Jetzt ist Müller plötzlich wieder enorm wichtig.
Zwar sollte ihm in über 40 Spielminuten gegen den FCA nur wenig Produktives gelingen, doch das war am Freitagabend Nebensache. Denn plötzlich schwor man sich wieder ein. Als Mannschaft. Als Einheit - und zu der gehört Müller in besonderer Art und Weise.
Ohne Musiala muss Bayern umbauen
Golf-Buddy Harry Kane sagte in der Mixed Zone: „Wir haben gerade bittere Wochen mit vielen Verletzungen. Jetzt kommt es auf das Team an. Wir brauchen jetzt jeden.“ Eberl schob hinterher: „Wir müssen uns darüber nicht grämen. Jetzt müssen die anderen in die Bresche springen. Wir haben schon bewiesen, dass wir ohne Jamal gewinnen können.“
Und auch Coach Vincent Kompany wollte einen Ausfall nicht als Argument zählen lassen, in trübe Stimmung zu verfallen: „Im Moment haben wir alle das gleiche Ziel: Die Spiele zu gewinnen. Und was heute deutlich wurde, ist, dass wir alle brauchen.“
Kimmich mit Plädoyer für seinen Weggefährten
Kimmich, der selbst einen nicht unkomplizierten Verlängerungspoker mit den Bayern-Bossen hinter sich hat, beließ es nicht bei Durchhalteparolen. Er nutzte die Gelegenheit auch, um Müller explizit zu loben: „Ich spiele mit Thomas jetzt zehn Jahre zusammen, da lernt man sich zu lieben. Er ist Bayern pur.“
Und Müller könnte sich im besten Fall - in noch einmal aktiverer Rolle, als bis Freitagabend gedacht - mit dem Triple aus Meisterschaft, Champions League und Klub-WM belohnen.