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Plötzlich wieder gefragt

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Plötzlich wieder gefragt

Hinter Victor Boniface liegen Wochen voller Ärger und Frust. Doch beim spektakulären Auswärtssieg der Leverkusener in Stuttgart zeigt der Stürmer, warum er bei Bayer noch zu Saisonbeginn so gefeiert wurde.
Vizemeister VfB Stuttgart und Meister Bayer Leverkusen liefern sich ein Topspiel, das keine Wünsche offen lässt. Nach sieben Toren und zahlreichen Aufs und Abs könnte die Meisterschaft doch nochmal spannend werden.
ntrettin
Hinter Victor Boniface liegen Wochen voller Ärger und Frust. Doch beim spektakulären Auswärtssieg der Leverkusener in Stuttgart zeigt der Stürmer, warum er bei Bayer noch zu Saisonbeginn so gefeiert wurde.

Sekunden vor Ablauf der Nachspielzeit hätte Victor Boniface seinen Joker-Auftritt fast noch gekrönt. Als der VfB Stuttgart mit dem Mut der Verzweiflung weit aufgerückt war, setzte Leverkusen zum finalen Konter an. Exequiel Palacios trieb den Ball über das halbe Feld und spitzelte ihn mit letzter Kraft auf den mitgelaufenen Torjäger. Boniface wiederum schloss halblinks vom Strafraumrand direkt ab - und ließ es scheppern. Wuchtig prallte die Kugel an die Unterkante der Latte und einen halben Meter vor der Linie auf. Kein Tor.

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Der 24-Jährige drehte sich um, ärgerte sich erst - merkte wenige Augenblicke später aber: Egal. Schiedsrichter Daniel Siebert pfiff die Partie ab, Bayer hatte ein spektakuläres Spiel soeben gewonnen und aus einem 1:3-Rückstand ein 4:3 gemacht. Der Frust wich riesigem Jubel und Erleichterung. Schließlich hatte sich der Double-Gewinner nach drei Niederlagen in Folge eindrucksvoll zurückgemeldet. Das Muster war dabei ein bekanntes. Spät und eiskalt wurde der Gegner niedergerungen. Auch dank Boniface.

„Wir haben immer an uns geglaubt. Wir zeigen weiter, dass wir ein großer Klub sind. Die drei Punkte haben wir uns verdient und sind sehr glücklich darüber”, sagte der Stürmer, liebevoll auch „Brecher mit dem Boniface“ genannt. So lieferte der späte Sonntagabend aus Sicht der Werkself zwei zentrale Erkenntnisse. Erstens: Alonsos Mannschaft hat es nicht verlernt. Und zweitens: Auch Boniface kann es noch. Nach turbulenten Wochen, die an ihm nicht spurlos vorübergegangen sind und die seine schwersten in Leverkusen waren.

Victor Boniface (l.) ist bei Bayer Leverkusen nach dem Ausfall von Florian Wirtz plötzlich wieder wichtig
Victor Boniface (l.) ist bei Bayer Leverkusen nach dem Ausfall von Florian Wirtz plötzlich wieder wichtig

Verletzung, Saudi-Wirbel, Zoff

Zur Erinnerung: Anfang der Saison galt Boniface, nicht Patrik Schick, als die heißeste Aktie im Leverkusener Sturm. Dann aber verlor der Nigerianer seinen Stammplatz aufgrund einer langwierigen Oberschenkelverletzung, sorgte mit seinem geplatzten Wechsel nach Saudi-Arabien für viel Aufsehen und legte sich zu allem Überfluss auch noch mit seinem eigenen Teamkollegen Emiliano Buendia an. Innerhalb weniger Wochen wurde aus dem Top-Torjäger so die wohl umstrittensten Personalie. Auch die Fans kritisierten ihn in den sozialen Medien für seine oft unglückliche Körpersprache und mangelnde Zweikampfführung.

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Trainer Xabi Alonso schien das ähnlich wahrgenommen zu haben. Denn Boniface fand sich fortan regelmäßig auf der Bank wieder. Mal wurde er zumindest noch in der Schlussphase eingewechselt, mal saß er die gesamten 90 Minuten draußen. Das letzte Mal stand er am 8. Februar beim 0:0 in Wolfsburg in der Startelf. Eine halbe Ewigkeit ist das für einen Spieler seines Kalibers her. Doch nun, da Bayers Kreativdirektor Florian Wirtz ausfällt, könnte ausgerechnet Boniface zum großen Problemlöser werden.

Immerhin mangelte es den Rheinländern ohne Wirtz zuletzt spürbar an Durchschlagskraft. Kein Tor bei der Champions-League-Niederlage in München, kein Tor bei der bitteren Pleite gegen Bremen, kein Tor im Rückspiel gegen die Bayern - und auch in Stuttgart gelang den Leverkusenern lange Zeit nicht viel. Das änderte sich erst, als Boniface in der 57. Minute das Feld betrat, sich zu Schick gesellte und den Tschechen in die Offensive unterstützte. Er brachte Überraschungsmomente und viel Schwung, ließ sich immer wieder fallen, dribbelte mutig an und provozierte das Eigentor von Angelo Stiller zum 3:3.

Ballack fordert Doppelspitze

Kurzum: Boniface spielte in knapp einer halben Stunde so auffällig, dass Michael Ballack bei DAZN an Alonso persönlich appellierte, seine Sturmtaktik zu überdenken. „Das war für mich die wichtige Erkenntnis des Spiels, das war spielentscheidend”, sagte Ballack über Boniface, der mit Schick auf dem Platz bestens harmonierte: “Sie haben sich gesucht. Gerade bei Boniface hat man gesehen – er war beweglich, er hat den anderen eingesetzt. Wenn sie auch noch Spaß miteinander haben, ist es für mich mehr als eine Option, demnächst beide von Anfang an zu bringen.“

„Nach dem Ausfall von Florian Wirtz haben sie einen Qualitätsverlust im letzten Drittel, das muss man irgendwie kompensieren. Wirtz kann man nicht eins zu eins ersetzen. Aber mit dem zweiten Stürmer, mit Boniface - das hat super funktioniert. Sie haben auswärts ein 1:3 gedreht. Du hast die Spieler, dann bring sie auch”, wandte sich Ballack an den neben ihm stehenden Alonso, der bisher immer eine klare Kante gezeigt hatte: Nur einer spielt, entweder Schick oder Boniface. Beide zusammen gab es nur, wenn der Doublesieger in Rückstand geriet und in der Schlussphase alles riskieren musste.

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Alonso hält sich noch bedeckt

Der Baske hingegen wollte sich, wie man es von ihm gewohnt ist, nicht aus der Reserve locken lassen. „Es kann natürlich sein, es ist eine Möglichkeit“, antwortete Alonso auf die Frage, ob er diese Herangehensweise auch einmal von Beginn an nutzen werde. „Heute haben wir mit Amine Adli fast mit drei Stürmern gespielt“, sagte Alonso zum Stuttgart-Spiel: „Wir wollten im Strafraum präsenter sein als in der ersten Halbzeit.“ Vor allem durch Stoßstürmer Schick und den eher als hängende Spitze agierenden Boniface: „Mit ihrer physischen Präsenz haben sie zusammen sehr gut geholfen und wir waren viel im Strafraum unterwegs. Das hat heute sehr gut funktioniert.”

Ob Alonso Ballacks Wunsch nachkommt und im nächsten Spiel gegen Bochum wirklich mit der Doppelspitze Schick und Boniface aufläuft, bleibt abzuwarten. Doch eines haben die letzten Spiele gezeigt: Wenn es in Leverkusens Kader jemanden gibt, der den Ausfall von Wirtz einigermaßen kompensieren kann, der dem Gegner Knoten in die Beine spielt und vereinzelt für den Aha-Moment sorgt, dann ist es Boniface. Denn in Stuttgart präsentierte sich der nigerianische Nationalspieler endlich wieder in einer Art und Weise, die Bayer wochenlang vermisst hatte.