Der zehn Jahre dauernde Streit um die Polizeikosten bei Hochrisikospielen ist beendet. Die Bundesländer dürfen die Gebühren dem Profifußball in Rechnung stellen. Das Bundesverfassungsgericht (BVG) wies am Dienstag die Beschwerde der Deutschen Fußball Liga (DFL) zurück. Der SID trägt Reaktionen zusammen.
Polizeikosten-Urteil sorgt für Wirbel
Bernd Hoefer (Anwalt der Deutschen Fußball Liga):
„Für uns ist das natürlich enttäuschend, aber das haben wir zu akzeptieren. Wie die weiteren Folgen aussehen werden, müssen die nächsten Wochen und Monate zeigen. Darüber will ich jetzt nicht spekulieren.“
Deutsher Fußball-Bund (DFB):
„Mit Blick auf die Durchführung von Sportgroßveranstaltungen bewertet der DFB das vorliegende Urteil im internationalen Kontext als grundsätzlichen Wettbewerbsnachteil für den Fußballstandort Deutschland. Auch bedeutet es keinerlei Gewinn an zusätzlicher Sicherheit. Für viele Vereine, gerade in der 3. Liga und den Regionalligen, können solche Gebührenbescheide existenzgefährdend sein und aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen auch massiv in den Wettbewerb eingreifen. Dies muss aus unserer Sicht unbedingt verhindert werden.“
Ulrich Mäurer (Innensenator der SPD in Bremen):
„Die Entscheidung ist voll befriedigend, da bleibt nichts offen. Es ist ein sehr schöner Tag. Das zeigt, dass es sich lohnt zu kämpfen. Am vernünftigsten wäre es nun, einen Fonds einzurichten, dann muss nicht jedes Land einzeln eine Gebührenordnung einführen. Der Druck auf den Profifußball ist gewachsen - dem kann man sich natürlich verweigern. Aber man muss so oder so zahlen. Ich bin sicher, dass wir in der Bundesinnenministerkonferenz eine Mehrheit organisieren können, um das Thema endgültig zu beenden.“
Tarek Brauer (Geschäftsführer Organisation und Personal bei Werder Bremen):
„Wir müssen nun im Ligaverband Diskussionen führen. Werder darf nicht alleine die Zechen zahlen. Das wäre eine Benachteiligung für uns, das tut uns weh. Die DFL ist mindestens Co-Veranstalter, und auch die Gästefans tragen zu einem Hochrisikospiel bei. Wir wünschen uns die Solidargemeinschaft der Liga und eine faire Verteilung der Kosten.“
Fanbündnis „Unsere Kurve“:
„Unsere Kurve nimmt das heutige Urteil des Bundesverfassungsgerichts fassungslos zur Kenntnis. Es ist zu befürchten, dass damit der staatlichen Ordnung der Bundesrepublik Deutschland langfristig schwerer Schaden zugefügt wurde. Nach Auffassung von Unsere Kurve und im Einklang mit den Ansichten unzähliger Fachleute ist die Gewährleistung öffentlicher Sicherheit und Ordnung eine Kernaufgabe des Staates. Gemäß des Steuerstaatsprinzips hat diese Gewährleistung aus Steuermitteln zu erfolgen.“
Philip Krämer (stellvertretender Vorsitzender des Sportausschusses Bündnis90/Die Grünen):
„Ich bin weiterhin der Ansicht, dass grundsätzlich die Aufrechterhaltung der Sicherheit im öffentlichen Raum zu den Kernaufgaben des Staates gehört. Dieses Verständnis wurde nun durch eine Kostenbeteiligung der DFL bei Hochrisikospielen erweitert. Es bleibt abzuwarten, wie sich dies im Laufe einer ganzen Saison genau äußert und welche Auswirkungen dieses Urteil eventuell auf eine daraus resultierende Forderung nach einem erweiterten Mitspracherecht der Vereine beim Kräfteeinsatz der Polizei hat.“
Heiko Teggatz (stellvertretender Bundesvorsitzender der Deutsche Polizeigewerkschaft DPolG):
„Es kann nicht sein, dass jeder Bürger für kleinste Dienstleistungen der öffentlichen Verwaltung mit teilweise drastischen Gebühren zur Kasse gebeten wird, aber die milliardenschwere DFL die Arbeit zigtausender Polizeikräfte geschenkt bekommt. Eine angemessene Beteiligung an den Kosten über eine Gebühr ist deshalb richtig und notwendig, damit den Einsatzkräften dieses Geld auch wieder zugutekommen kann.“
Daniela Behrens (Ministerin für Inneres und Sport der SPD in Niedersachsen):
„Neben den Bemühungen, die wir dazu im engen Dialog mit den Vereinen und der Polizei ergreifen, habe ich die klare Erwartungshaltung, dass der DFB und die DFL das Thema Sicherheit im Stadion endlich ernst nehmen, ihre bestehenden Regularien durchsetzen und zeitnah weitere Vorschläge zur Reduzierung der Gewalt präsentieren. Wenn sich an der Situation auch weiterhin keine nachhaltigen Verbesserungen ergeben, werden wir jedoch nicht umhinkommen, ebenfalls Gebühren zu erheben.“