Am Sonntagvormittag ist es wieder so weit: Der FC Bayern München lädt zur Jahreshauptversammlung ein. Im BMW Park, wo sonst die Basketballer des Klubs den Großteil ihrer Partien absolvieren, ging es in den vergangenen Jahren hoch her. Tränen, Beschimpfungen, Chaos – alles hat der größte Verein der Welt bereits erlebt. Wie wird es diesmal laufen?
Wird es ruhiger bei Bayern?
JHV ein Luxusproblem
Eigentlich ist es ein Wunder, dass sich ein Weltklub wie der FC Bayern immer noch eine Jahreshauptversammlung (JHV) solcher Natur leistet. Die Münchner haben hier quasi ein Luxusproblem. Der Profifußball ist zwar in eine AG ausgegliedert, trotzdem bleibt der Einfluss der einfachen Mitglieder weiterhin groß. Die Zusammenkünfte gerieten nicht selten zu Machtdemonstrationen kritischer Fans.
Bisweilen ging es hoch her – Chaos inklusive. Man denke nur an das Streitthema Katar-Sponsoring, das die JHV im Jahre 2021 mit einem Eklat enden ließ. Präsident Herbert Hainer wurde beschimpft – auch weil er die Sitzung aus Sicht vieler Mitglieder zu früh beendete.
Uli Hoeneß immer vorn dabei
Unvergessen auch die Auftritte von Uli Hoeneß. 2022 ging der Klub-Patron einen Kritiker verbal an, 2007 hatte er es gleich auf fast alle Fans abgesehen („Eure Scheiß-Stimmung – dafür seid ihr doch verantwortlich und nicht wir!“). Auch eine Nordkorea-Flagge mit den Worten „Not my president“ musste sich der mittlerweile 72-Jährige einst gefallen lassen. In Zeiten seiner Steuer-Affäre gerieten die Versammlungen aber auch zu „Uli-Festspielen“. Es flossen Tränen.
Was passiert diesmal?
Diesmal können sich die Bayern-Bosse aber auf eine eher ruhigere Versammlung einstellen. Zwar schmerzt das Pokal-Aus gegen Leverkusen, ansonsten läuft es sportlich aber. Das kühlt die meisten Gemüter.
Zudem findet die JHV diesmal wieder an einem Sonntagvormittag statt. Damit entgeht der Verein einem wichtigen Punkt: In kontroversen Zeiten waren die Sitzungen immer auf einen Freitagabend gelegt worden. Die Folge: Viele Mitglieder besaßen nicht das nötige „Sitzfleisch“ und gingen nach einigen Stunden nach Hause. Übrig blieben vor allem die kritischen Fans, die sich dann lautstark bemerkbar machen konnten.
Das ganz große Aufreger-Thema fehlt diesmal ohnehin. Katar ist längst kein Sponsor mehr. Dass der diktatorisch geführte afrikanische Staat Ruanda inzwischen „Platin-Partner“ der Münchner ist, sorgte zwar für Stirnrunzeln, aber nicht zu so großen Protesten wie es bei der Diskussion um den Wüstenstaat der Fall war.
Auf der Jahreshauptversammlung im vergangenen Jahr bog CEO Jan-Christian Dreesen die Dinge zurecht und sprach davon, dass die Partnerschaft mit Ruanda „nicht ansatzweise“ mit der Zusammenarbeit mit Katar vergleichbar sei. Ein Eklat blieb aus.
Fans fordern rot-weiße Trikots
Krach könnte es höchstens um die Trikots der Bayern geben. In der Satzung heißt es unter Paragraf 1: „Die Clubfarben sind rot und weiß“. Ein Satz, der vielen Fans des Rekordmeisters heilig ist. Immer wieder betonen sie das mit Bannern und Sprechchören. Eigentlich hatte der Verein versprochen, dass die Spielkleidung in Zukunft frei von anderen Farben sein werde – zum Beispiel das bei Bayern-Fans verpönte Blau wollte man nicht mehr verwenden. Es erinnert zu sehr an den lokalen Rivalen 1860 München.
Die Realität sieht derzeit aber anders aus. Das aktuelle Heimtrikot der Bayern ist zwar feuerrot, trägt aber auch schwarze Akzente. Nicht auszuschließen, dass das diesmal erneut zur Sprache kommt – zum Beispiel in einer der Wortmeldungen. Die sind seit jeher gefürchtet.
2018 ergriff Bayern-Fan Johannes Bachmayr das Wort und hielt eine fast zwölfminütige Brandrede, in der er gegen Uli Hoeneß wetterte. Der Patron witterte damals eine mediale Verschwörung gegen sich und verdächtigte Bachmayr im Auftrag der Bild-Zeitung für Unruhe gesorgt zu haben.
Unruhig wird es auch dann, wenn Anhänger sich zu Wort melden, die zu ausschweifend sprechen oder skurrile Anträge stellen. So mancher Redner wurde schon von anderen Fans von der Bühne gepfiffen.
Spieler kommen nicht
Verzichten müssen die Anwesenden diesmal auf einen Besuch einiger Spieler oder des Coachs. Jahrelang gehörte es zum guten Ton, dass sich eine Handvoll Stars in der ersten Reihe blicken ließen. Julian Nagelsmann und Thomas Tuchel beehrten die Veranstaltung in ihren Amtszeiten als Trainer ebenfalls. Diesmal wird „nur“ Sportvorstand Max Eberl aus dem sportlichen Bereich vor Ort sein. Der Rest trainiert gleichzeitig an der Säbener Straße und bereitet sich auf das anstehende Duell mit Schachtar Donezk vor.