„Auswärtssieg, Auswärtssieg“, skandierten die Fans von Borussia Dortmund im Gästeblock, als der Abpfiff unmittelbar bevorstand. Mit dem 3:1 beim VfL Wolfsburg gelang ein siegreicher Abschluss für 2024. Zum ersten Mal seit sechs Jahren wurde das letzte Bundesligaspiel eines Jahres gewonnen. Nicht weniger wichtig: Erstmals seit 253 Tagen gelang wieder ein Auswärtssieg in der Bundesliga. Und doch blieben gemischte Gefühle zurück.
Dieses Problem lässt BVB nicht los
„Ich habe gerade in der Kabine mein Trainerteam gefragt, ob ich in der Halbzeit irgendwas Falsches gesagt habe“, gab Nuri Sahin nach Spielende bei DAZN zu. Die Frage war berechtigt: Nach einer überragenden ersten Hälfte, in der der BVB 62 Prozent Ballbesitz hatte und drei Tore innerhalb von fünf Minuten schoss, gab es nach Wiederanpfiff einen Bruch im Spiel. Warum? Niemand weiß es.
Der BVB macht es sich selbst schwer
„Das muss man klar ansprechen“, sagte Sahin auf Nachfrage von SPORT1. „Wir wurden zu fahrlässig. In der Bundesliga kannst du zu keiner Sekunde nachlassen.“ Er hätte direkt beim Anstoß zur zweiten Hälfte gespürt, „dass wir uns zu sicher waren. Das darf uns nicht passieren.“
Für ihn war das Spiel ein Abbild der Hinrunde. „Wenn wir in Fahrt kommen, sind wir gut. Wir haben eine sehr gute Mannschaft. Aber wir müssen auf dem Gaspedal bleiben und versuchen, auf das vierte Tor zu gehen, anstatt fahrlässig zu werden.“
Rang 6 ist „der Platz, den wir verdient haben“
Sahin und Lars Ricken, Geschäftsführer Sport, erlebten eine turbulente erste (noch nicht komplett abgeschlossene) Hinrunde in neuer Funktion: Im DFB-Pokal scheiterten sie in der zweiten Runde am VfL Wolfsburg, in der Champions League überwintern sie auf einem beachtlichen 9. Platz, in der Bundesliga endete ein durchwachsenes Halbjahr auf Rang 6.
„Das ist der Platz, den wir verdient haben“, sagte Ricken zur Situation in der Bundesliga. Ihm ist allerdings bewusst, wie eng die Tabelle ist. „Wir hätten heute theoretisch auch Elfter sein können. Von daher ist das eine Befreiung.“ Das Problem: Aufgrund der Auswärtsschwäche gewann der BVB nie zwei Bundesligaspiele hintereinander. Dies gilt es abzustellen.
Um das Saisonziel Champions-League-Qualifikation zu erreichen, müsse man im neuen Jahr laut Ricken „einen Schnitt von deutlich mehr als zwei Punkte haben. Das wird eine ganz schöne Hausaufgabe, wenn man guckt, was für Auswärtsspiele wir noch haben.“
Winter-Transfers? So plant Ricken
Winter-Transfers würden nur getätigt werden, wenn dies sportlich und wirtschaftlich wirklich passen würde: „Wir haben im Sommer und in den Jahren davor viel investiert. Und wir haben das Vertrauen und die Erwartungshaltung, mit dieser Mannschaft den vierten Platz zu erreichen.“
Ihm sei bewusst, dass dem BVB häufig vorgehalten wird, man habe zu wenig Spieler. „Aber wenn man teilweise zehn verletzte Spieler hat, kann man das mit keiner Kaderplanung auffüllen“, erklärte Ricken.
International habe die Mannschaft laut Ricken gezeigt, was in ihr steckt: „Wenn uns der Fehler gegen Barcelona nicht kurz vor Schluss passiert wäre, wären wir jetzt Dritter, glaube ich. Dann hätten wir uns wieder unter den drei besten Mannschaften von Europa festgespielt.“
Dieser Gesamteindruck scheint einer der Gründe dafür zu sein, dass die Vereinsführung hinter Sahin steht. „Nuri hat einen Top-Job gemacht. Er kann emotional sein, er kann aber auch sehr sachlich fokussiert sein und Dinge anpassen“, lobte Ricken.
Sahin hat „sehr viel gelernt“ - und ist stolz
Und wie fällt das Fazit von Sahin selbst aus? „Es war viel Auf und Ab, viel auf der linken Spur, dann aber auch schnell mal auf der rechten Spur. Es war stockend, wir müssen lernen, konstant zu werden“, stellt er klar.
„Die Tabelle würde viel besser aussehen, wenn wir Spiele wie gegen Hoffenheim gewinnen würden. Dahin müssen wir uns entwickeln. Wir müssen endlich lernen, konstant zu werden. Wir sind gut! Wir sind wirklich gut! Das müssen wir nur wirklich jedes Mal auf den Platz bringen.“
Er selbst habe in seinem ersten Halbjahr als Cheftrainer „sehr viel gelernt“. Vor allem sei er stolz darauf, er selbst geblieben zu sein. „Das war mir extrem wichtig, dass ich die Realität nicht aus den Augen verliere. Mein Trainerteam und ich, wir sind bei uns geblieben. Das macht mich glücklich.“