Zwölf Tore, keine Gegentreffer und die große Frage nach der Wahrheit: Wo steht der FC Bayern wirklich? In der Bundesliga ist die Mannschaft von Trainer Vincent Kompany schon früh auf Titelkurs - und doch schwebte über jedem der drei jüngsten Erfolge ein unübersehbares „Aber“.
Wo liegt die Bayern-Wahrheit?
Top in der Liga, aber enttäuschend in der Champions League. Dominant gegen die Kleinen, aber noch ohne Erfolg gegen die ganz Großen. Teilweise berauschender Fußball, aber nie ohne Risiko.
„Entscheidend, ob du Meister wirst, ist der Weg zurück in die Defensive. Leverkusen wurde letztes Jahr Meister, weil sie nur 24 Gegentore bekommen haben“, mahnte daher auch der einstige Bayern-Star Stefan Effenberg im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1.
Effenberg nimmt Kompany in die Pflicht
Die Abwehr sei „der Schlüssel zum großen Erfolg. Im März muss deine Defensive stehen, ohne diesen Schlüssel bringt dir eine gute Offensive nichts.“ Effenberg schickte seinen warnenden Worten gleich noch eine Forderung hinterher: „Wenn die Qualität am Ende ab März höher wird, dann muss Kompany sein System anpassen. Das ist klar.“
Erste Veränderungen waren im Spiel der Münchner beim 5:0 gegen Bochum, beim 4:0 gegen Mainz und beim 3:0 gegen Union allerdings bereits zu erkennen. Gerade gegen Berlin fiel auf: Immer mal wieder ließ sich das Kompany-Team sogar ein Stück weit fallen. Das bedingungslose Pressing der ersten Wochen wurde nicht mehr in jeder Situation angewandt. Die Positionen in der letzten Kette wurden konsequenter gehalten.
Hat Kompany, dem beim Ex-Klub FC Burnley eine gewisse Sturheit nachgesagt wurde, die wichtigste Lektion seiner noch jungen Bayern-Laufbahn womöglich schon gelernt? Nachdem so manches Gegentor nach ähnlichem Muster gefallen war? Eine Aussage von Sportvorstand Eberl spricht dafür.
„Wir haben sehr viele Dinge angepackt im Sommer. Wir haben einen neuen Trainer und spielen anders Fußball. Dass wir dennoch das ein oder andere adaptieren müssen, das ist so“, sagte Eberl am Samstag bei Sky: „Aber das hat die Mannschaft getan und deshalb sind wir in der Bundesliga jetzt auch sehr, sehr gut dabei.“
Müller: „Dann kann es keine zwei Meinungen geben“
Klar ist, dass die Überzeugung vom Kompany-System innerhalb der Mannschaft trotz des empfindlichen Rückschlags gegen den FC Barcelona in der Champions League (1:4) ungebrochen groß ist.
„Der Weg, den wir gegangen sind und den wir aktuell gehen, der bringt nicht nur irgendeine tolle Spielweise, von der dann gesprochen wird, sondern bringt einfach Ergebnisse“, meinte Routinier Thomas Müller: „Wie dominant wir agieren und grundsätzlich, wie wenig Schüsse wir zulassen, gerade wenn wir es mit den letzten Jahren vergleichen, glaube ich, dann kann es keine zwei Meinungen geben, dass wir uns auf einem guten Weg befinden.“
Dass Kompany dem titellosen Team der Vorsaison wieder eine Idee und vor allem ein hohes Maß an Überzeugung eingeimpft hat, ist bisher fraglos sein größter Verdienst.
Und dann ist da wieder dieses „Aber“ ...
Nach den Niederlagen gegen Barca und Aston Villa (0:1) in der Champions League und den Unentschieden gegen Bayer Leverkusen (1:1) und Eintracht Frankfurt (3:3) wartet der Rekordmeister noch auf die Siege gegen die großen Gegner. Vizemeister Stuttgart wurde zwar deutlich geschlagen, ist aktuell aber auch nicht in der Form der Vorsaison.
So drückte es der stets selbstkritische Müller aus: „Es ist natürlich was anderes, ob du gegen Barcelona und Frankfurt zu null spielst oder Bochum, Mainz und Union Berlin, aber trotzdem bringt uns unsere Spielweise eigentlich viel Kontrolle und dem Gegner wenig aussichtsreiche Situationen. Aber klar, wir hatten auch die Spiele, wo die Gegner die Tore super weggemacht haben.“
Schon im November muss sich Bayern deshalb in der Champions League gegen Benfica Lissabon und Paris Saint-Germain bewiesen, ehe in der Liga der Klassiker gegen Borussia Dortmund ansteht.
Während sich die Offensive in der Bundesliga auf Kurs Torrekord befindet und bisher 3,6 Tore pro Spiel erzielte, gilt es dabei vorwiegend die Defensive weiterhin zu stabilisieren.
„Es gibt keine Bestätigung, wir haben die Spiele gespielt, wie wir sie gespielt haben. Wir haben jetzt einiges gut zu machen in der Champions League. Das wollen wir auch“, meinte Eberl. Damit das „Aber“ bald wieder verschwindet.