Beim VfL Bochum geht es in dieser Saison drunter und drüber. Der Verein belegt nach acht Spieltagen mit nur einem Punkt den letzten Tabellenplatz. Seit Montag steht fest, dass mit Dieter Hecking erneut ein neuer Trainer verpflichtet wird. Nach Thomas Letsch, Interimstrainer Heiko Butscher, Peter Zeidler und zuletzt Interimscoach Markus Feldhoff ist der erfahrene Hecking bereits der fünfte Coach des VfL in diesem Jahr. Am Dienstag wurde Hecking bei einer Pressekonferenz an der Castroper Straße vorgestellt. Der 60-Jährige hat einen Vertrag bis Saisonende unterschrieben. Mit ihm soll die Wende gelingen.
Legende mit Klartext zur Bochum-Krise
„Es ist eine schwere Aufgabe. Ich weiß nicht, ob wir es gelöst bekommen. Das kann und will ich nicht versprechen“, sagte der neue Hoffnungsträger. „Es gibt viele Baustellen in Bochum. Reden braucht man nicht so viel im Moment, die Situation ist bekannt. Es geht darum, eine Einheit zu werden.“
Eine VfL-Legende hat das Geschehen in Bochum stets im Blick. „Natürlich bin ich enttäuscht über die aktuelle Situation beim VfL. Ich bin Ur-Bochumer, und dort begann meine Profikarriere. Damals hatte ich viel Spaß und Freude. Später war ich dort Trainer“, sagt Hermann Gerland im Gespräch mit SPORT1.
Der gebürtige Bochumer spielte in seiner aktiven Zeit von 1972 bis 1984 ausschließlich für den VfL und startete 1985 seine Trainerkarriere in Bochum.
Gerland findet es schade, was sich bei seinem Herzensverein abspielt. „Dort wird derzeit regelmäßig der Trainer entlassen - so ergibt das für mich keinen Sinn. Da kann, denke ich, kein echtes Teamgefüge entstehen. Und das ist meiner Erfahrung nach wichtig.“ Wenn man spielerisch unterlegen sei, könne man mit Herzblut und Zusammenhalt noch viel erreichen.
Vereinsikone Gerland ist skeptisch
„So wie es sich für mich gerade darstellt, wird die Qualität der Mannschaft wahrscheinlich nicht ausreichen, um die Klasse zu halten“, meint Gerland. Das habe jedoch nichts mit dem Trainer zu tun. Für den 70-Jährigen war es daher auch „keine Überraschung“, dass die Bochumer zuletzt zu Hause gegen den FC Bayern (0:5) und am vergangenen Samstag bei Eintracht Frankfurt (2:7) keinen Punkt geholt haben.
„Auch in den nächsten beiden Partien werden die Jungs vermutlich nichts holen“, glaubt Gerland. Da geht es am Samstag zu Hause gegen Bayer Leverkusen und nach der Länderspielpause muss der VfL zum VfB Stuttgart reisen.
Die Bochum-Legende ist daher auch für die nähere Zukunft nicht optimistisch. „Der Verein hatte mit Letsch und Zeidler erfahrene Trainer, jetzt kommt mit Hecking der nächste erfahrene Trainer. Aber auch für ihn wird es nicht leicht.“
Gerland: „Möchte auch noch 71 werden“
Gerland leidet mit seinem VfL. Hätte er nochmal helfen wollen? Da schaut er ganz ernst: „Auch ich würde es nicht schaffen. Für mich ist der Trainerjob kein Thema mehr - ich bin 70 und möchte auch noch 71 werden.“
Er ergänzt: „Der VfL ist zwar mein Verein, dort bin ich groß geworden. Das ist für mich schon etwas anderes als bei einem anderen Klub. Aber ich tue mir das nicht mehr an. Ich schaue jedoch immer, wie der VfL gespielt hat.“
Ein Blick zurück: Für Gerland, der seit 2001 beim FC Bayern als Co-Trainer und bei den Amateuren der Münchner als Cheftrainer tätig war, hatte der VfL in der Relegation 2024 gegen Fortuna Düsseldorf „unendlich viel Glück“. Danach hat man mit Kevin Stöger (zu Borussia Mönchengladbach), Patrick Osterhage (SC Freiburg) und Takuma Asano (RCD Mallorca) drei Leistungsträger abgegeben, Zugänge wie Jakov Medic oder Dani de Wit können das bisher nicht kompensieren.
Gerland: „Ich habe nie das Wappen geküsst“
„Das funktioniert auf Dauer einfach nicht“, betont Gerland. „Irgendwann ist Schicht im Schacht, wie man im Ruhrgebiet so schön sagt. Es sei denn, es käme ein Scheich und würde 15 neue Spieler holen. Das hat gar nichts mit Hecking zu tun.“
Gerland erinnert sich an seine aktive Zeit beim VfL. Er war jemand, der stolz war, für den Verein zu spielen. „Ich habe nie das Wappen des VfL auf dem Trikot geküsst, weil ich eben gerne für den Klub gespielt habe. Das brauchte ich einfach nicht. Wenn andere Spieler zu mir gesagt haben: ‚Ey Eiche (Gerlands zweiter Spitzname neben Tiger, d. Red.), wenn wir absteigen, sind wir weg‘, habe ich nur geantwortet: ‚Bist du bekloppt? Ich bin in Bochum geboren - die zeigen mit dem Finger auf mich, wenn sie mich in der Stadt sehen.‘“
Natürlich drückt er dem neuen VfL-Coach die Daumen. Es wird eine Herkulesaufgabe. Die TSG Hoffenheim als Tabellen-16. hat schon sieben Punkte Vorsprung.
„Und die anderen Klubs da unten haben eine eingespielte Mannschaft“, meint Gerland. „Wenn es Hecking schafft, ein Team zu formen und vielleicht zwei, drei neue Spieler dazukommen, dann ist vielleicht wieder eine Relegation drin.“