Nach einer Saison zum Vergessen ist der FC Bayern München wieder da, wo er nach eigener Einschätzung hingehört: an der Tabellenspitze der Bundesliga. Die Konkurrenz hatte dem Rekordmeister bisher nichts entgegenzusetzen. Acht Siege und zwei Unentschieden aus den ersten zehn Spielen lautet die hervorragende Zwischenbilanz. Das liegt zum einen an der bereits auf Hochtouren laufenden Offensive, zum anderen aber auch an der eigenen Defensive.
Das Monster ist erwacht
Erst sieben Gegentore musste das Team um Vincent Kompany hinnehmen. Die Abwehr, im Sommer von vielen Fans und Experten noch als große Problemzone ausgemacht, präsentiert sich mittlerweile auffallend gefestigt und agierte in den vergangenen Wochen weitgehend fehlerfrei. Allen voran Dayot Upamecano und Minjae Kim, die im Abwehrzentrum absolut gesetzt sind. Letzteren lobte Kompany auf der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen den FC Augsburg (ab 20.30 Uhr im LIVETICKER) ausdrücklich.
„Ich war auch Verteidiger und habe eine gute Beziehung zu diesem Thema“, so der Belgier, „als Innenverteidiger hast du nicht immer nur ein Spiel, in dem du überzeugen kannst, du brauchst oft 10, 15 Spiele, bis die Leute dich loben.“ Dass Kim ein sehr starker Verteidiger ist, hat Kompany schon im Training gespürt, Zweifel haben ihn deshalb nie begleitet. Auch nicht, als in der Öffentlichkeit groß diskutiert wurde, ob die Bayern in der Abwehr nicht noch einmal nachrüsten müssten. „Ich bin sehr zufrieden mit den Spielern, die wir haben“, betonte er nur.
Das Ergebnis der Rückendeckung: In den letzten fünf Pflichtspielen gab es für die Bayern fünf weiße Westen in Folge. All die kleinen und großen Wackler der vergangenen Saison scheinen fast vergessen. Die Zeiten, als Kim und Upamecano immer wieder für bittere Patzer gut waren und die Abwehr mit allein 45 Gegentoren in der Liga die Achillesferse war. Inzwischen hat Kompany den einstigen Sorgenkindern zu neuer Stabilität verholfen. Neben Upamecano besticht auch Kim mit seiner Schnelligkeit und Zweikampfstärke und ist damit ein wichtiger Faktor für den aktuellen Erfolg.
„Minjae hat sich jetzt auch im Spielaufbau adaptiert“
Auch Sportvorstand Max Eberl meldete sich zu Wort schloss sich den Lobeshymnen von Kompany an: „Minjae hat in der letzten Saison eine sehr gute Hinrunde gespielt, wie die gesamte Mannschaft. Nach dem Asien-Cup wurde er direkt wieder reingeworfen. Danach war ein bisschen das Vertrauen weg. Wir haben im Sommer Entscheidungen getroffen und wussten, dass wir mit Minjae und Dayot Upamecano zwei Fighter haben. Dieses Vertrauen, das sie von uns gespürt haben, zeigen sie auf dem Platz. Minjae hat sich jetzt auch im Spielaufbau adaptiert und einen Schritt gemacht.“
Kompanys Fußball, auf Dominanz und Ballbesitz ausgerichtet, kommt wohl nicht nur in der Mannschaft generell, sondern auch bei Kim im Speziellen gut an. Das hohe Anlaufen birgt zwar Risiken, die kann der 28-Jährige mit seiner Schnelligkeit in vielen Fällen aber ausgleichen. Umgekehrt werden die Abstände zwischen den einzelnen Mannschaftsteilen durch das Pressing-intensive System kleiner. Heißt: Um keine großen Lücken entstehen zu lassen, sind die Offensivkräfte angehalten, ebenso gewissenhaft defensiv zu arbeiten. Individuelle Fehler können so leichter korrigiert werden.
Weshalb Kim unter Kompany aufblüht
Kim selbst erklärte bereits Anfang Oktober, wie es zu seiner Leistungssteigerung kam und führte sie auf Kompanys Spielweise zurück. Er komme mit dem extremen Gegenpressing viel besser klar. Zudem passe seine Art mehr zu ihm als die seines Vorgängers Thomas Tuchel. „Er erklärt uns Spielern noch viel konkreter, was er sich wünscht. Und weil das ganze Team gut spielt, kann ich auch gut spielen“, sagte Kim in einem Gespräch mit t-online über seinen Trainer und hob hervor, dass er an seinem eigenen Spiel nichts geändert habe.
Dennoch sei das Gefühl jetzt ein anderes, deutlich positiver. „Es geht um mehr Details im Vergleich zum letzten Jahr – wenn wir spielen und trainieren“, betonte Kim, der allmählich unter Beweis stellt, warum er 2023 noch zum besten Abwehrspieler in der italienischen Serie A gewählt wurde, die Bayern im vergangenen Sommer 50 Millionen Euro Ablöse an die SSC Neapel überwiesen haben und er den Spitznamen „Monster“ trägt.
Allerdings bleibt auch festzuhalten, dass die Gegner der Münchner zuletzt nicht aus dem obersten Regal kamen (Bochum, Mainz, Union Berlin, Benfica Lissabon und St. Pauli). In den kommenden Wochen dürften die Aufgaben für Kim und seine Nebenmänner wieder härter werden. Nach dem Heimspiel gegen Augsburg stehen Paris Saint-Germain, Borussia Dortmund und Bayer Leverkusen auf dem Programm.