Die Zeit beim DFB-Team hat Julian Brandt ganz offensichtlich gut genutzt. „Ich habe jetzt bei der Nationalmannschaft mit sechs, sieben Spielern trainiert. Da haben wir schon ein paar ganz gute Schützen bei uns im Land“, erklärte Brandt nach der 4:0-Gala gegen den SC Freiburg - und der Trainingseffekt konnte sich zuvor auf dem Rasen sehen lassen.
Erlösung für einen Glücklosen
Es lief die 66. Minute, als Brandt sich etwa 21 Meter vor dem Tor die Kugel zum Freistoß zurechtlegte. Mit seinem rechten Fuß schlenzte der BVB-Offensivstar den Ball über die Mauer hinweg rechts oben in den Winkel, Freiburgs Keeper Noah Atubolu hatte keine Abwehrchance.
„Ich habe mich ein bisschen an der Mauer orientiert", erklärte Brandt. „Bei zentralen Freistößen ist das immer ein bisschen schwierig. Der Torwart entscheidet eigentlich, welche Ecke er ‚öffnen‘ will.“ Und nicht ohne Stolz fügte er hinzu: „Ich habe ihn sehr gut getroffen.“
BVB-Star Brandt erleichtert: „Knoten, der sich löst"
Obendrein war es sein erstes Bundesligator der laufenden Saison. Mit zuvor 18 erfolglosen Torschüssen zählte Brandt bis dato zu den glücklosesten Spielern der Liga.
Entsprechend groß war die Erleichterung. „Für mich ist das ein Knoten, der sich löst“, betonte Brandt. „Wenn ich mir die letzten Spiele angucke, dann hätte ich bestimmt schon vier, fünf Glocken machen können. Ich hatte sehr viele gute Chancen.“
Zwar agiere er in der momentanen 4-1-4-1-Grundordnung etwas defensiver, „aber dennoch definiere ich mich als Offensivspieler und das ist für uns einfach Hab und Gut“, unterstrich Brandt.
Zum gleichen Zeitpunkt der Vorsaison hatte er schon vier Ligatreffer auf dem Konto und die gleiche Anzahl an Assists. Nun gelang ihm nach drei Torvorlagen in der laufenden Spielzeit auch endlich der erste eigene Ligatreffer. Es war zugleich sein zweites Freistoßtor für den BVB in der Bundesliga.
Reus und Alcácer als Vorbilder
Von seinen früheren Teamkollegen Marco Reus und Paco Alcácer habe er sich in der Vergangenheit einiges abgeschaut, wie Brandt verriet. „Irgendwann entwickelst du dein eigenes Ding.“
Mit seinem Tor setzte Brandt, der in Abwesenheit des gesperrten Emre Can die Kapitänsbinde trug, seine zuletzt positive Entwicklung fort. Immerhin wurde der 28-Jährige zuletzt nach einem Jahr Abwesenheit inklusive Nichtberücksichtigung bei der Heim-EM von Bundestrainer Julian Nagelsmann wieder in den Kader berufen. Allerdings konnte er beim 1:1 gegen Ungarn wenig Pluspunkte sammeln, sein Treffer wurde zudem wegen einer Abseitsposition aberkannt.
Jedenfalls hat sich der Lehrgang für ihn persönlich ausgezahlt, um seine Fähigkeiten am ruhenden Ball weiter zu verbessern. Das persönliche Erfolgserlebnis beim letztlich ungefährdeten 4:0-Sieg gegen den SC Freiburg soll aber nicht nur Brandt einen Schub für die kommenden Herausforderungen geben.
Brandt will Auswärts-Bann brechen
„Wir sind jetzt nach der Länderspielpause gut reingestartet, jetzt haben wir am Mittwoch mal wieder die Chance, den Bann zu brechen“, sagte Brandt bei Sky mit Blick auf das Champions-League-Spiel bei Dinamo Zagreb (Mittwoch, 21 Uhr im LIVETICKER).
Während die Dortmunder mit acht Siegen in acht Pflicht-Heimspielen im Signal-Iduna-Park weiterhin eine makellose Bilanz aufweisen, läuft auswärts bislang so gut wie nichts zusammen. In der Liga wartet der BVB noch auf den ersten Auswärtsdreier, in der Königsklasse konnte man immerhin zum Auftakt das Gastspiel in Brügge 3:0 gewinnen. Nun wollen die Schwarzgelben in Kroatien den nächste Schritt zum Einzug in die K.o.-Runde machen.
Die zwei Gesichter der Dortmunder bleiben weiterhin das große Rätsel. „Es ist immer schwer zu erklären. Ich weiß seitdem ich hier bin, dass es auf jeden Fall anders ist zuhause zu spielen als auswärts. Das war schon immer so“, sagte Brandt. 2019 wechselte er von Bayer Leverkusen nach Dortmund und ist damit der Dienstälteste im aktuellen BVB-Kader.
TV-Experte Hamann fordert: „Sie müssen erwachsen werden“
„Natürlich ist es anders“, griff Sky-Experte Dietmar Hamann Brandts Worte auf. „Aber es heißt ja nicht, dass du die Spiele nicht gewinnen kannst. Sie müssen schauen, dass sie auswärts die Resultate erzielen, die sie bis hierher zuhause erzielt haben." Hamanns klare Forderung an die Dortmunder: „Sie müssen erwachsen werden.“
Trainer Nuri Sahin sah sein Team schon auf dem richtigen Weg: „Es war eine sehr reife, sehr erwachsene Leistung von meinen Jungs.“
Unter der Woche in Zagreb gilt es nun, daran anzuknüpfen. Die Blicke der Dortmunder gehen aber bereits weiter. Am nächsten Samstag (18.30 Uhr im LIVETICKER) kommt es zum Kracher gegen den FC Bayern - erneut vor heimischem Publikum. Dann wird die Dortmunder Festung auf eine harte Probe gestellt.
„Das wird natürlich ein sensationelles Spiel. Die Fans freuen sich grundsätzlich immer, wenn die Bayern kommen. Es wird ein sehr intensives Spiel“, sagte Brandt. Und vielleicht sind dann auch wieder seine besonderen Freistoßkünste gefragt. „Das war heute erst das zweite", meinte Brandt noch, „aber ich hoffe, da kommen noch ein paar dazu.“