Dietmar Hamann hat nach der erneuten Niederlage des BVB gegen Union Berlin heftige Kritik geäußert und dabei auch nicht vor Trainer Nuri Sahin Halt gemacht. Im Spiel gegen die Köpenicker war der BVB „die erste Hälfte wieder nicht auf dem Feld“, befand der Sky-Experte.

Hamann zog eine ernüchternde Bilanz: „Jetzt haben sie in den letzten beiden Bundesligaspielen zweimal in der ersten Hälfte dasselbe Gesicht gezeigt. Das heißt, von den letzten sechs Halbzeiten waren die Dortmunder vier Halbzeiten nicht anwesend. Und gegen Bochum hatten sie nur das Glück, dass Boadu das 3:0 nicht macht, sonst hätten sie das Spiel auch nicht gewonnen.“

„Sinn für die Realität nicht verlieren“

Besonders bedenklich: Die Pleite bei Union folgt auf einen berauschenden Erfolg in der Champions League. Und BVB-Berater Matthias Sammer hatte sogar gewarnt: „Der Alltag kommt. Wie geht der Klub und wie gehen die Spieler damit um?“ Jetzt hat Schwarz-Gelb die Antwort.

Hamann schlug in eine ähnliche Kerbe wie zuvor Sammer und betonte, dass man da durch derartige Erfolge „den Sinn für die Realität nicht verlieren“ darf. Im Spiel gegen Union „hat der BVB gegen eine Mannschaft gespielt, die letztes Jahr fast abgestiegen wäre.“

Sahin hatte vor dem Spiel gegen Union gesagt, er habe 60 Analysen zu den letzten Partien gemacht. Hamanns Antwort darauf: „Ich sehe das nicht.“ Nicht der einzige Punkt, in dem er dem Ex-Profi widersprach.

Denn: Nach dem Union-Spiel beklagte Sahin die Auswärts-Schwäche seiner Mannschaft. Hamann bezeichnet die Worte des Coaches als „nur bedingt richtig“.

Der BVB präsentiere sich nicht ausschließlich in der Fremde durchwachsen: „Sie haben dasselbe Gesicht vor einer Woche zu Hause gegen Bochum gezeigt. Es ist nicht so, dass das nur auswärts passiert, sondern dass es auch zu Hause passiert.“

Sahin? Hamann spricht über Terzic

Die Personalie Sahin sei durchaus verzwickt, der BVB will „eine Entwicklung sehen“. Diese Entwicklung laufe zurzeit nicht flüssig. Und: Ist der Fortschritt in der nächsten Zeit nicht erkennbar „dann wird man intern diese Gespräche führen“.

Man müsse dem jungen Coach zwar Zeit zugestehen, Hamann prophezeite aber bereits erste Krisen-Runden: „Wenn ich Watzke und Ricken auf der Tribüne sehe, glaube ich, dass die heute was zu besprechen haben und wahrscheinlich auch wenig schlafen werden.“

Hamann hinterfragt Trennung von Terzic

Mit Bezug auf den schwachen Saisonstart brachte Hamann auch den Namen Edin Terzic zur Sprache. Dieser musste den BVB im Sommer verlassen, obgleich er den Verein ins Finale der Champions League geführt hatte.

Hamann hinterfragt die Trennung vom Ex-Trainer: „Das ‚Wie‘, das hat mir damals schon nicht gefallen. Dem Trainer, der so erfolgreich war, hat man dann vorgeworfen, dass er mit den Spielern Probleme hat. Dann kommt Hummels mit einigen Aussagen, die ihm mit Sicherheit nicht geholfen haben.“

Für den Experten ist Terzic „der erfolgreichste Trainer in den letzten zehn Jahren, seit Klopp weg ist“. Und dann habe man ihn weggemobbt. Sahins Plan könne zudem nicht funktionieren „wenn die Spieler nicht für dich laufen“, machte Hamann deutlich.

Fehlt dem Terzic-Nachfolger die richtige Ansprache? „Wenn sie neun Kilometer weniger laufen, dann hat das was mit Einsatzbereitschaft und mit Einstellung zu tun. Dann kannst du hundert Analysen machen, wenn du die Jungs nicht packst und die für dich durchs Feuer gehen. Und das machen sie im Moment für mich nicht.“

Der BVB steht nach sechs Spielen bei lediglich 10 Punkten und muss gegen Union bereits die zweite Saison-Niederlage hinnehmen.