Home>Fußball>Bundesliga>

FC Bayern: "Es gibt Leute, die ihn scheitern sehen wollen“

Bundesliga>

FC Bayern: "Es gibt Leute, die ihn scheitern sehen wollen“

{}
{ "placement": "banner", "placementId": "banner" }
{ "placeholderType": "BANNER" }

„Kompany wird Stil nicht ändern“

Vincent Kompany hat dem FC Bayern seine offensive DNA zurückgegeben. Doch sein Spielstil ist auch mit Risiken verbunden. Wird er konsequent bleiben? Und wie lief das eigentlich in England beim FC Burnley? SPORT1 sprach mit einem, der es wissen muss.
Der FC Bayern München musste gegen Eintracht Frankfurt drei Gegentore hinnehmen. Zufall, sagt Trainer Kompany. Betrachtet man aber die bisherige Saison, lassen sich wiederkehrende Muster erkennen.
Stefan Kumberger
Stefan Kumberger
Vincent Kompany hat dem FC Bayern seine offensive DNA zurückgegeben. Doch sein Spielstil ist auch mit Risiken verbunden. Wird er konsequent bleiben? Und wie lief das eigentlich in England beim FC Burnley? SPORT1 sprach mit einem, der es wissen muss.

Glen Little ist ein englischer Profi, wie er im Buche steht. Der kantige Mittelfeldspieler war für einige Klubs auf der Insel aktiv, doch seine beste Zeit hatte er beim FC Burnley. Für die „Clarets“ absolvierte er um die Jahrtausendwende 282 Spiele und gilt dort heute als Legende.

{ "placeholderType": "MREC" }

Noch immer beobachtet er seinen Ex-Klub intensiv. Auch die Zeit von Vincent Kompany als Trainer des FC Burnley hat Little hautnah miterlebt.

„Als er verpflichtet wurde, waren viele skeptisch“

Im Interview mit SPORT1 erklärt der 49-Jährige, warum der Bayern-Coach an seinem offensiven Spielstil festhalten wird. Und Little spricht darüber, warum einige Fans in England darauf hoffen, dass der Belgier in München scheitert.

SPORT1: Herr Little, Fußball-Deutschland reibt sich verwundert die Augen. Der FC Bayern spielt begeisternden Fußball, viele Kritiker halten Vincent Kompanys Taktik aber für zu riskant. War das auch beim FC Burnley so?

{ "placeholderType": "MREC" }

Glen Little: Ja, sein Spielstil war auch beim FC Burnley schon riskant. Als er verpflichtet wurde, waren viele skeptisch, weil er zwar einen großen Namen als Spieler hatte, aber als Trainer noch relativ unbekannt war. Man durfte nicht davon ausgehen, dass er die EFL Championship (Englands zweite Liga, Anm. d. Red.) gut kannte. Aber dass es einen Mann wie ihn nach Burnley zog, hat uns gefreut.

SPORT1: Wie konnte Kompany die Zweifler überzeugen?

Little: Bereits in den ersten ein, zwei Monaten konnte man sehen, dass sich Kompanys Stil sehr an dem von Manchester City orientiert. Das war wiederum nicht überraschend, weil Kompany viel von Pep Guardiola gelernt hat. Am Anfang haben die Spieler einfach zu viele Chancen vergeben, aber dann lief es plötzlich. Die Ergebnisse stimmten und der FC Burnley spielte eine herausragende Saison. Über 100 Punkte sprechen da für sich. Von da an waren alle von ihm überzeugt.

SPORT1: Die Bayern müssen also nur warten und geduldig sein, dann wird es keine drei sieglosen Spiele hintereinander mehr geben?

{ "placeholderType": "MREC" }

Little: Da bin ich sicher. Ich könnte mir vorstellen, dass es bei Bayern München ähnlich läuft. Jetzt hat man dreimal hintereinander nicht gewinnen können, aber das wird Kompany nicht von seinem Weg abbringen. Bei Burnley passte irgendwann alles zusammen. Die Ballbesitzquote war überragend. Kompanys Mannschaft war quasi das Manchester City der Championship.

SPORT1: Aber warum hat das nicht in der Premier League funktioniert? Dort stieg man schließlich direkt wieder ab.

Little: Spieler wie Nathan Tella, Taylor Harwood-Bellis und Ian Maatsen waren nur ausgeliehen und blieben nicht in Burnley. Sie hätten vielleicht den Unterschied gemacht. Das war ein harter Schlag und dadurch war die Arbeit für Kompany schwieriger. Es gab noch weitere Veränderungen, der Klub hat viel investiert, aber in der Premier League lief dann alles schief. Die Saison verlief wirklich katastrophal. Der Weg von „Hero to zero“ war sehr kurz. Auch weil Kompany nicht defensiver spielen lassen wollte.

„Ich denke nicht, dass er seinen Spielstil ändern wird“

SPORT1: Das ist in München also nicht zu erwarten?

Little: Ich denke nicht, dass er seinen Spielstil ändern wird. Er will Ballbesitz und Dominanz. Burnley spielte auch in der Premier League diese offensive Taktik, hatte aber mit einem schweren Startprogramm zu kämpfen. In den ersten Spielen ging es gegen City, Tottenham und Aston Villa. Da haben sie viele Tore kassiert und sich davon einfach nicht mehr erholt.

SPORT1: Das wäre doch eine Gelegenheit gewesen, die Taktik anzupassen ...

{ "placeholderType": "MREC" }

Little:: Von Spiel zu Spiel wurde es nicht besser und dann war der Turnaround schwierig. Man hat viel probiert, aber es blieb dabei: Kompany ließ früh pressen und hoch verteidigen. Es gab ein paar gute Spiele, aber das reichte nicht aus. An einem gewissen Punkt hatte man auch die Fans verloren. Ich würde schon sagen, dass Kompany in der zweiten Hälfte der Saison stur wurde. Er blieb konsequent bei seiner Linie.

SPORT1: Wie denkt man heute in Burnley über ihn?

Little: Ich muss ehrlich sagen, dass wir einigermaßen geschockt waren, dass Bayern München ihn verpflichtet hat. (lacht) Damit hatte niemand gerechnet, da er ja gerade abgestiegen war. Viele Fans hatten schon erwartet, dass er mit in die Championship geht und es nochmal versucht, aufzusteigen. Kompany hätte aus dem Abstieg sicher seine Lehren gezogen. Aber man kann ihm da keinen Vorwurf machen. Der FC Bayern ist für ihn eine tolle Gelegenheit, die er sich nicht entgehen lassen konnte. Wenn dieser Klub ruft, musst du hingehen.

SPORT1: Was macht Kompany so besonders?

„Es gibt Leute, die ihn scheitern sehen wollen“

Little: Ich glaube schon, dass die Bayern Vertrauen in ihn haben, weil er ein großer Spieler war. Große Spieler werden nicht immer, aber oft auch gute Trainer – so wie Xabi Alonso. Ich persönlich habe nichts gegen Kompany, aber in Burnley gibt es durchaus Leute, die ihn scheitern sehen wollen. Sie sind enttäuscht, aber Vincent wollte sich einfach der Herausforderung stellen.

{ "placeholderType": "MREC" }

SPORT1: Wie war sein Umgang mit den Spielern? In München schwärmen alle von ihm – auch große Stars wie Thomas Müller oder Joshua Kimmich. Wie war das in England?

Little: Kompany war verdienten Spielern nicht immer treu. Es gab einige, die in der Championship Großes geleistet hatten, dann aber in der Premier League nicht spielen durften und ersetzt wurden. Er setzte lieber auf die Neuverpflichtungen. Das hat mich überrascht, weil ich eigentlich dachte, dass er loyaler sein würde. Schließlich hatten diese Spieler mit ihm die beste Saison aller Zeiten gespielt.

„Das sollte Goretzka Hoffnung machen“

SPORT1: Leon Goretzka, immerhin ein namhafter Star, hat es gerade sehr schwer. Haben solche Profis eine Chance, Kompany doch noch zu überzeugen?

Little: Bei ihm waren einige Spieler außen vor, aber man konnte sich zurückkämpfen. Niemand war komplett abgeschrieben, aber es hat seine Zeit gedauert. Das sollte Goretzka Hoffnung machen.

SPORT1: In Deutschland sind viele Beobachter davon überrascht, dass sich Vincent Kompany öffentlich nur zurückhaltend äußert. Über einzelne Spieler will er gar nicht sprechen, stattdessen hebt er das Kollektiv hervor. Warum ist er den Medien gegenüber so skeptisch?

Little: Er gab sich gegenüber den Medien nicht immer komplett verschlossen. Allerdings stand er natürlich lange Zeit außerhalb jeder Kritik. Er war sehr erfolgreich und wurde deswegen auch nicht kritisiert. Er war nach dem Aufstieg ein echter Held. Viele Trainer werden bei Misserfolgen dünnhäutig, wenn sie kritisiert werden, aber er wurde ja nicht kritisiert.

SPORT1: Klingt nach einer Wohlfühloase für Trainer ...

Little: Das ist eben der Unterschied zwischen Burnley und großen Klubs wie dem FC Bayern. In München kommt schnell Druck auf – das war hier nicht so. Wir waren einfach froh, dass wir ihn im Verein hatten – schließlich hat er einen großen Namen und hatte den Aufstieg geschafft. Hier in Burnley hatte man Geduld und hat zusammengehalten.

SPORT1: Auch als es in der Premier League nicht lief?

Little: In Burnley konnte er machen, was er wollte. Er war unser Held – auch der der Medien. Er konnte tun und sagen, was er wollte – niemand hat ihn attackiert. Ich glaube, dass es ihm aktuell hilft, dass er so gut Deutsch spricht. Auch wenn mal mehr Druck aufkommen sollte, wird er das durchstehen. Es würde mich jedenfalls überraschen, wenn es nicht funktioniert. Man sollte ihm Zeit geben, schließlich ist er noch jung und muss sich in einem neuen Umfeld behaupten. Er wird es schaffen.