Es war eine für Michael Olise typische Szene: In der 84. Minute im Spiel des FC Bayern bei Eintracht Frankfurt erspielten sich die Gastgeber eine ihrer letzten guten Chancen, der Ball landete dann aber an der Außenlinie bei Olise. Jeder andere Spieler hätte in dieser Situation vermutlich den Ball weit nach vorne geschlagen - einfach weg mit der Kugel.
Der beste Transfer seit langer Zeit
Doch nicht der 22-Jährige! Olise ließ Arthur Theate mit Vollgas auf sich zulaufen und trickste ihn gekonnt aus. Der Frankfurter landete im Nirgendwo, der Münchner spielte den Ball sauber zu seinem Nebenmann.
Olise wirkt in solchen Situationen immer wie ein Eiswürfel. Immer die Ruhe selbst. Immer auf die eigene Stärke konzentriert. Es ist diese lässige, aber trotzdem engagierte Art, die ihn beim Rekordmeister derzeit so viel Respekt einbringt.
Eberl schwärmt von Olise
„Seine fußballerischen Fähigkeiten, seine Leichtigkeit, seine Momente, seine Genialität, sein linker Fuß, seine Torgefahr zeichnen ihn aus. Aber er kreiert auch Chancen für seine Mitspieler. Das macht ihn so wertvoll für uns“, sagte Sportvorstand Max Eberl direkt nach der Partie über seinen Königstransfer und hat damit recht.
Olise gelangen in neun Pflichtspielen bereits sechs Tore und drei Vorlagen, regelmäßig verdient er sich Bestnoten.
Und obendrein verleiht er den Bayern eine gewisse Lässigkeit, die in München nicht immer daheim ist. In erster Linie herrscht an der Säbener Straße Druck. Für Extravaganzen oder modische Statements ist normalerweise kein Platz - Serge Gnabry könnte davon ein Lied singen...
Olise erhält Label „Cool“
Doch bei Olise ist es anders. Im Klub schätzt man eben nicht nur seine fußballerische Klasse, sondern auch sein Auftreten neben dem Platz. Zuletzt fiel der Franzose mit tief ins Gesicht gezogener Mütze auf, die Augen waren kaum zu erkennen. So etwas hat man in München lange nicht mehr gesehen.
Auch seine wortkarge Vorstellung zu Beginn der Saison nimmt man Olise nicht übel. Die Blitz-Pressekonferenz, in der der Flügelspieler kaum in Sätzen antwortete, irritierte einige Beobachter und Fans. Im Verein verbuchte man den Auftritt unter dem Label „Cool“. „Er ist relativ schnell in der Mannschaft angekommen und fühlt sich sehr, sehr wohl - auch wenn er nicht so viel spricht“, erklärte Eberl dazu schmunzelnd. In Kiel musste Olise von Jamal Musiala fast zum Interview gezwungen werden.
Fußball steht im Vordergrund
Es wird deutlich, dass da jemand zum FC Bayern gestoßen ist, der einfach nur Fußball spielen will. Auf dem Platz will er Taten sprechen lassen. Doch im Showbusiness Profisport weiß er trotzdem, wie man Duftmarken setzt. Seine Mode, sein Torjubel - es wirkt durchdacht und geplant.
Seine Lockerheit bewahrte Olise sogar nach Schlusspfiff. Während die anderen Spieler - wie es Joshua Kimmich ausdrückte - „sehr, sehr sauer“ in der Kabine saßen und den späten Ausgleich zum 3:3 verdauten, stand Olise schon wieder vor der Kabinentür. Nackter Oberkörper, die Hose lässig weit unter den Hüften, das Handy in der Hand. Was anderen Profis vielleicht als Desinteresse ausgelegt werden würde, wirkt beim Flügelspieler aktuell unbeschwert und locker - weil seine Leistungen eben stimmen.
Bester Transfer seit Jahren?
Bereits nach kurzer Zeit lässt sich feststellen, dass Eberl und Christoph Freund mit Olise einen echten Fang gemacht haben. Zwar kostete der Bayern-Profi satte 53 Millionen Euro, doch es sind offenbar gut investierte Millionen. Fast könnte man davon sprechen, dass es der beste Transfer der vergangenen Jahre ist. Immerhin starteten andere teure Einkäufe nicht so schnell und erfolgreich in München durch.
Stoppen könnte ihn eigentlich nur die hohe Belastung. Zur Erinnerung: Olise hatte keine Sommerpause, er spielte für Frankreich beim olympischen Fußballturnier. Aber auch das lässt den Eiswürfel derzeit vollkommen kalt.