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Das gescheiterte Bayern-Juwel schwimmt sich frei

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Das gescheiterte Bayern-Juwel schwimmt sich frei

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Die Erlösung nach sieben Jahren

Fiete Arp galt als eines der größten Talente des deutschen Fußballs - fand aber über Jahre hinweg nicht in die Spur. Doch mittlerweile hat der Stürmer seine sportliche Heimat gefunden.
Bayer Leverkusen kommt beim Klubjubiläum nicht über ein 2:2 gegen Aufsteiger Holstein Kiel hinaus.
Fiete Arp galt als eines der größten Talente des deutschen Fußballs - fand aber über Jahre hinweg nicht in die Spur. Doch mittlerweile hat der Stürmer seine sportliche Heimat gefunden.

2:2, ein Remis, eine Punkteteilung und zwei Gefühlswelten, die viel unterschiedlicher kaum hätten sein können. Auf der einen Seite die Leverkusener, die den Schlusspfiff von Schiedsrichter Robert Hartmann als schlechte Nachricht empfingen und ratlos dastanden. Auf der anderen Seite die feiernden Helden von Holstein Kiel, die die haarsträubenden Fehler ihres Gegners so eiskalt wie nur möglich ausnutzten und einen unverhofften, nicht mehr für möglich gehaltenen Achtungserfolg beim Deutschen Meister landeten.

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Immerhin waren die Störche schon während der ersten Spieltage die Schießbude der Liga, sahen fast nie erstligatauglich aus und lagen auch am Samstag beim Deutschen Meister nach acht Minuten mit 0:2 zurück - es schien der nächste bittere Nachmittag für sie zu werden. Doch dank einer beeindruckend starken Moral kämpfte sich der Aufsteiger tatsächlich zurück und entführte noch einen Punkt aus der BayArena. Dieser wurde natürlich wie ein Sieg gefeiert, es gab sogar ein Erinnerungsfoto vor dem jubelnden Gästeblock. Dabei mittendrin und besonders auffällig: Fiete Arp.

Arp schießt erstes Bundesliga-Tor nach sieben Jahren

Sein Trikot schmiss der 24-Jährige weg, ließ an der Seite seiner Teamkollegen die Muskeln spielen und setzte sein breitestes Grinsen auf. „Wenn man sich so lange in Schlagdistanz hält, dann kann auch ein kleines Wunder eintreten, und das ist geschehen“, freute sich der zur zweiten Halbzeit eingewechselte Arp bei Sky über die Leistung des Teams und seiner eigenen Person. Denn zuvor hatte er großen Anteil an Kiels sagenhafter Wendung und versenkte einen Strafstoß in der 69. Minute. Sechs Schritte Anlauf, ein strammer Schuss mit rechts und der Ball zappelte im Netz.

Vor dem Elfmeter habe er sich den Ball „ohne groß nachzudenken“ geschnappt, betonte er und gestand: „Ich habe schon lange keinen Elfmeter mehr geschossen, aber heute hatte ich das Gefühl, dass ich den Ball reinmachen würde.“ Sein gutes Gefühl sollte ihn an diesem Samstag nicht täuschen und gleichzeitig eine ewige Wartezeit in seiner Karriere beenden. Zuletzt hatte er im November 2017 in der deutschen Eliteliga getroffen. Damals wurde er als Jahrhunderttalent gehandelt. Als vielversprechender Youngster des Hamburger SV, der mit großen Vorschusslorbeeren überhäuft wurde.

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Das „Jahrhunderttalent“ hielt dem Hype nicht stand

Vorschusslorbeeren, denen Arp nie gerecht werden konnte, die einfach zu viel wurden. Der riesige Hype um Arp, der in der U17 alles kurz und klein schoss, auch bei der U17-Weltmeisterschaft als Kapitän der deutschen Mannschaft fünfmal traf, als erster Spieler des Jahrgangs 2000 in der Bundesliga auflief und deshalb „Millennium Kid“ genannt wurde, war nicht mehr aufzuhalten. „Uns Fiete“ taufte ihn die Presse in Anlehnung an Hamburgs Ikone Uwe Seeler, nachdem der gebürtige Bad Segeberger gegen Hertha BSC sein erstes Profitor erzielte.

Blöd nur, dass Arp damals bei einem HSV spielte, den viele für den schlechtesten HSV aller Zeiten hielten. 15 Spiele lang blieben die Hanseaten danach ohne Sieg, Arp konnte nach dem furiosen Start nicht nachlegen. Seine Einsatzminuten verringerten sich, bis er irgendwann nicht einmal mehr im Kader stand. Viele Jahre später offenbarte er zu glauben, dass ihm sein Kopf einen Strich durch die Rechnung gemacht habe. Die Folge: Kein steiler Aufstieg, sondern eine harte Bruchlandung. Für ihn und auch für den HSV, der am Ende der Saison erstmals überhaupt in die 2. Liga musste.

„Als er bei uns ankam, war er komplett unbekümmert, lustig drauf, hat sofort drauflos gekickt“, sagte sein damaliger und heutiger Mitspieler Lewis Holtby einst in einem Interview mit 11freunde und fügte hinzu: „Irgendwann wurde es absurd: Für den Verein lief es schlecht, wir waren mitten im Abstiegskampf, und er wurde trotzdem von vielen als Heilsbringer gesehen.“ „Ja, es war eine komische Situation“, erinnerte sich Arp selbst an die schwierige Zeit. „Alles um mich herum im Verein war eigentlich negativ. Ging es aber um meine Person, war alles positiv und voller Hoffnung.“

Arps Wechsel nach München schlug hohe Wellen

Nicht weniger turbulent wurde es für den Stürmer, als der FC Bayern München ihn 2019 unter Vertrag nahm. Denn auch beim Rekordmeister zündete er nicht wie erhofft, was sich anhand der Statistik leicht belegen lässt: Für die Profis bestritt Arp exakt eine Partie, 13 Minuten im DFB-Pokal, im Oktober 2020 in der 1. Runde gegen den 1. FC Düren. Immerhin 42 Begegnungen absolvierte er für die zweite Mannschaft, da stand er zumeist auch in der Startelf und kam auf acht Treffer. Dass sich Arp seinen Karriereweg dennoch ganz anders vorgestellt hatte, stand zu diesem Zeitpunkt bereits außer Frage.

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„Wenn man es unter fünf Trainern in drei verschiedenen Teams nicht geschafft hat, dann fehlen einem die Argumente, wenn man ehrlich zu sich selber ist“, sagte Arp im vergangenen Jahr den Kieler Nachrichten, nachdem er gefragt wurde, weshalb er sich trotz seiner offenkundig herausragenden Anlagen nicht schon lange in der Bundesliga festgebissen habe: „In der Vergangenheit war es immer so, dass von allen Seiten darauf gewartet wurde, dass der Knoten platzt, auch von mir. Aber das passierte nicht.“ Das passierte erst, als Arp 2021 zu Holstein Kiel wechselte, in die sportliche Heimat.

Arp: „Dieses Erfolgserlebnis tut gut“

Zurück in Schleswig-Holstein, keine 50 Kilometer vom Elternhaus in Bad Segeberg entfernt, fand er endlich die nötige Ruhe, um mit etwas Verspätung doch noch seinen Platz in dieser Fußballwelt zu finden. Beim KSV, der sich als Auffangbecken für gescheiterte Talente einen Namen gemacht hat. Auch Holtby war einer derjenigen, früh sehr gut und hoch gehandelt. Genau wie Fabian Reese, der heute bei Hertha BSC spielt. Dann der Bruch - und der Schritt ins vergleichsweise beschauliche Kiel.

Dort entwickelte sich nicht zuletzt Arp zu einem Profi, dem inzwischen großer Lernwille und Arbeitseifer bescheinigt wird und der in der vergangenen Saison großen Anteil am Aufstieg hatte. Mit Holstein-Trainer Marcel Rapp habe er viele „Gespräche geführt, um die perfekte Rolle für mich zu finden“, sagte Arp kürzlich, auch „ein paar Experimente“ seien dabei gewesen. Das Ergebnis: Arp ist nicht mehr der reine Mittelstürmer und klassische Vollstrecker, für den er lange gehalten wurde. Arp agiert mehr hinter der Spitze als Vorbereiter. Mal als Stammspieler, mal als Joker.

Sein verwandelter Elfmeter in Leverkusen war nun der vorläufige Höhepunkt seiner bisweilen skurrilen Karriere. „Ich bin sehr froh, dass wir uns heute mit einem Punkt belohnt haben. Dieses Erfolgserlebnis vor der Länderspielpause tut gut“, betonte Arp, der sich mit den immer noch sieglosen Kielern in den kommenden Wochen in der Bundesliga weiter freischwimmen will. Das einstige Jahrhunderttalent, es scheint über Umwege endlich angekommen zu sein.