Trotz einer frühen 2:0-Führung reichte es für Bayer Leverkusen gegen Aufsteiger Holstein Kiel nur zu einem Unentschieden. Weil sich die Werkself nach dem Traumstart einfach zu sicher war, es versäumte, auf das dritte Tor zu drängen und mit zunehmender Spieldauer den Faden verlor. So wollte sich Lukas Hradecky hinterher gar nicht mehr beruhigen und holte zu einer regelrechten Wutrede aus.
Bayer-Star wütet und zählt Kollegen an!
„Wahrscheinlich haben wir uns nach acht Minuten auch so gefühlt. Das war zu schnell, zu einfach“, meinte Hradecky auf eine entsprechende Frage und fügte mit klaren Worten hinzu: „Ein 2:0 darfst du nicht herschenken, egal ob gegen Kiel, den AC Mailand oder Bayern. Vor allem nicht in unserem Stadion. Wir lassen, metaphorisch gesagt, den Patienten leben. Wir nehmen den Fuß vom Gas, diese Gier und Giftigkeit habe ich leider nicht mehr gesehen.“
In der zweiten Halbzeit, so der Leverkusener Torhüter, „wollten wir es zu sehr erzwingen, haben zu früh die Flanken geschlagen. Da haben die Kieler gut gestanden und sich den Punkt verdient, ganz ehrlich.“ Dass es beim deutschen Rekordmeister wieder einmal in der Defensive haperte, ärgerte Hradecky sichtlich: „Das ist eine reine Kopfsache. Bei einiges klickt es offenbar nicht.“
„Nicht den Willen gesehen, das Spiel zu töten“
Erst vor wenigen Wochen hatte Granit Xhaka auf den Tisch gehauen und nach dem knappen 4:3 der Rheinländer gegen den VfL Wolfsburg die eigene Arbeit gegen den Ball angeprangert. „Vielleicht hat es das gebraucht, damit wir lernen, was nötig ist, um in der Bundesliga zu spielen. Wir sind Meister und alles ist gut. Aber wir sind letzte Saison auch Meister geworden, weil wir wie verrückt in jedes Spiel gegangen sind. Heute habe ich diesen unbändigen Willen, das Spiel zu töten, nicht gesehen“, schimpfte Hradecky diesmal.
„Das haben wir uns selbst zuzuschreiben. Es ist bitter, dass wir das vor der Länderspielpause schlucken müssen. Nach so einem Spiel willst du eigentlich sofort wieder auf den Platz und zeigen, dass das nicht die Normalität ist“, betonte der Finne. „Das habe ich auch so gesehen. Ich weiß nicht, woher diese Lockerheit kommt. Das ist insgesamt zu wenig. Damit kann keiner zufrieden sein.“
Hradecky sauer: „Nicht akzeptabel“
Dass die Leverkusener nach sechs Spielen bereits zwölf Gegentore kassiert haben, ärgerte Hradecky ebenso sehr. „Auch diese Statistik ist Wahnsinn. Ich bin heute sehr verärgert“, sagte er unmissverständlich. Vor allem das Abwehrverhalten seiner Kollegen in der Entstehung des Kieler Ausgleichs stieß dem Torhüter sauer auf: „Als ob wir uns nicht wehtun wollen. Das ist nicht akzeptabel. Wir sind trotz der Warnschüsse nicht aufgewacht.“
Laut Hradecky seien das die Momente, in denen man erkennen muss, dass es nicht geht, nur locker zu spielen. „Das Klima innerhalb der Mannschaft ist gut. Dafür sorgen Granit, Rob (Robert Andrich; Anm. d. Red.) und ich, wir alle“, schob er hinterher. „Aber das reicht nicht.“ Was genau jetzt zu ändern sei, wusste er auf die Schnelle allerdings selbst nicht: „Ich muss mir Gedanken machen. Ich hoffe, dass wir gute Dialoge miteinander führen. Das müssen wir schnellstmöglich hier rausbekommen.“
Bayer nach Pause gegen Frankfurt gefordert
Nach der Länderspielpause geht es für den Deutschen Meister ausgerechnet gegen die derzeit so treffsicheren Frankfurter weiter. Um dort nicht wieder defensive Lücken zu offenbaren, muss sich laut dem Kapitän der Werkself einiges verbessern: „Mit so einem Spiel gewinnen wir dort gar nichts - und mit so einer Einstellung holst du sowieso gar nichts mehr. Ich hoffe, dass alle in der Länderspielpause aufwachen. So kann es nicht weitergehen.
Das Wort Arroganz, das Bayer als Vorwurf entgegenschlug, wollte Hradecky hingegen nicht in den Mund nehmen. „Aber diese Leichtigkeit und Lockerheit strahlte etwas anderes aus als Ernsthaftigkeit. So würde ich es eher formulieren. Das muss weg. Wie gesagt, ich habe im Moment keine Ahnung und jetzt auch keine Worte mehr“, sagte er und verließ er die Mixed-Zone. Seine Massage ist mehr als deutlich geworden.