Ein Einsatz in der Champions League, 13 Minuten im DFB-Pokal gegen Ulm, 139 Minuten in der Bundesliga - die bisherigen Arbeitstage von Joao Palhinha beim FC Bayern München waren eher überschaubar. Lediglich beim 6:1 gegen Holstein Kiel am dritten Spieltag stand der Mittelfeldmann, der im Sommer für satte 50 Millionen Euro vom FC Fulham verpflichtet wurde, in der Startelf.
Ein erster großer Fingerzeig
Zweifellos eine ernüchternde Zwischenbilanz für den Wunschspieler des deutschen Rekordmeisters, der bereits im vergangenen Jahr das Interesse des Vereins geweckt hatte. Ex-Trainer Thomas Tuchel wollte Palhinha unbedingt als neue „Holding Six“ an die Säbener Straße holen, doch der Transfer scheiterte am Deadline Day. Trotz des nun nachgeholten Wechsels und der hohen Ablösesumme konnte der 29-Jährige aber noch keinen Stammplatz erobern. Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann schlug daher zuletzt bereits kritische Töne an.
„Wenn du einen Mann für 50 Millionen holst, dann gehe ich davon aus, dass er im Jahr 45 bis 50 Spiele macht“, erklärte Hamann bei Sky und fügte mit Blick auf die jüngsten Gegner Bremen und Zagreb hinzu: „Das sind nicht die Spiele, in denen du einen Palhinha brauchst, den brauchst du gegen bessere Mannschaften. Weil wenn er irgendwo Defizite hat, dann fußballerisch. Es liegt ihm natürlich nicht, wenn er reinkommt, es 5:0 steht und jeder macht Hacke, Spitze, eins, zwei, drei. Das ist nicht sein Spiel.“
Klar ist: Palhinhas Stärken liegen eher im Spiel gegen den Ball. Mit seinen 1,90 Metern ist er ein physisch starker defensiver Akteur, der mit seinem aggressiven Stil und seiner Dominanz in der Luft für jeden Gegner unangenehm werden kann. Der Plan der Bayern: Mit diesen Fähigkeiten sollte der Portugiese seinen Mitspielern den Rücken freihalten und den Raum zwischen Abwehr und Mittelfeld stabilisieren.
Palhinha als „ganz wichtiges Puzzleteil“ vorgestellt
Max Eberl lobte bereits bei der Vorstellung des Spielers: „Dafür ist Joao ein Topspieler. Für uns ist er ein ganz wichtiges Puzzleteil, das wir brauchen.“
Bleibt allein die Frage, wann Palhinha seine Qualitäten endlich unter Beweis stellen darf. Denn bislang hat Aleksandar Pavlovic, der junge Herausforderer und große Gewinner des Saisonauftakts, die Nase vorn. „Er spielt bisher sehr gut. Das hat er schon in der vergangenen Saison gezeigt, aber ich glaube, dass er in unserem aktuellen Spielsystem noch besser geworden ist“, sagte Harry Kane kürzlich über den Youngster. „Je mehr Spiele er macht, desto mehr Erfahrung sammelt er. Dadurch wird er immer besser.“
Leverkusen-Spiel ein Fingerzeig für Palhinha
Aber: Die kommenden Gegner der Bayern sind aus einer anderen Gewichtsklasse und heißen Bayer Leverkusen, Aston Villa, Eintracht Frankfurt, VfB Stuttgart sowie FC Barcelona. Für Palhinha wird also schon das Duell mit dem amtierenden Deutschen Meister, einer ebenfalls ballbesitzstarke Mannschaft, ein erster Fingerzeig sein, wie Trainer Vincent Kompany tatsächlich plant. Zumindest auf dem Papier würde der Portugiese besser ins System passen als zuletzt.
So könnte diese Zeit zu den Wochen der Wahrheit werden. Entweder Palhinha nimmt mit leichter Verspätung die Rolle ein, die man ihm ursprünglich zugetraut hatte - oder eben nicht. „Palhinha wäre ein Signal, dass Kompany gegen Spitzenmannschaften eine defensivere Ausrichtung wählt. Meiner Einschätzung nach, gerade weil es zuletzt sehr gut funktioniert hat und ich glaube, dass Kompany sehr offensiv denkt, wird er weiter auf Kimmich und Pavlovic setzen“, erklärte der ehemalige Technische Direktor des FC Bayern, Michael Reschke, im Interview mit SPORT1. „Ich glaube das Pavlovic weiterhin an Joshuas Seite spielen wird.“
Für diesen Fall hat Hamann bereits ein brisantes Szenario ausgemalt: „Nach drei, vier Spielen wird sich keiner beschweren, wenn er nicht spielt. Aber wenn du gegen Leverkusen nicht dabei bist und gegen Aston Villa auch nicht, dann wird es wahrscheinlich die ersten Stimmen geben“, ist sich der Experte sicher.
Was macht Kompany mit Kimmich?
Zünglein an der Waage dürfte Joshua Kimmich sein, der zuletzt neben Pavlovic gesetzt war. Aufgrund seiner Flexibilität könnte der deutsche Nationalspieler aber auch hinten rechts in der Viererkette gefragt sein - denn mit Josip Stanisic (Außenbandriss) und Sacha Boey (Meniskusriss) fallen derzeit zwei gelernte Rechtsverteidiger wochenlang aus. Eine taktische Option für Kompany, um der Bayern-Defensive gegen Leverkusen mehr Stabilität zu verleihen? Die Position des Rechtsverteidigers wurde zuletzt von Konrad Laimer und in der Schlussphase gegen Bremen von Raphael Guerreiro bekleidet.
Es ist aber nicht auszuschließen, dass Kompany aufgrund der zunehmenden Dreifachbelastung seinen breiten Kader künftig mehr nutzen und auch Palhinha besser einbinden will. Eine Möglichkeit: Kimmich in die letzte Kette ziehen und dem Portugiesen Platz auf der Sechs machen. Eine Frage, die beim Spitzenspiel zwischen den Bayern und Leverkusen am Samstag (ab 18:30 Uhr im LIVETICKER) mit Spannung verfolgt werden dürfte.