Erster Spieltag, erste Partie, erster VAR-Einsatz - und das gleich vier Mal! Borussia Mönchengladbach musste beim Bundesliga-Auftakt gegen Bayer Leverkusen mehrfach bangen - durfte zweimal jubeln - und wurde dann doch ins Tal der Tränen gestürzt.
Gladbach-Star wittert Verschwörung
Stürmer Tim Kleindienst fühlte sich nach dem dramatischen 2:3, bei dem Gladbach erst in der 11. Minute der Nachspielzeit den entscheidenden Treffer kassierte, regelrecht betrogen.
Gladbach-Star wittert Verschwörung
Man fühle sich „ziemlich beschissen“ schimpfte der Neuzugang bei DAZN und witterte eine Verschwörung: „Irgendwie geht es einem auf den Sack. Jede 50/50 Situation wird überprüft. Jedes Tor wurde bis ins kleinste Detail überprüft. Man hatte irgendwie das Gefühl, dass die nicht wollten, dass wir überhaupt etwas holen.“
Zunächst wurde Gladbach beim Duell mit Meister Bayer Leverkusen ein Treffer in der ersten Hälfte nach einem Foulspiel im Nachgang aberkannt, dann wurde in Durchgang zwei nach einer längeren Unterbrechung auf ein korrektes Tor entschieden, obwohl es auf den TV-Bildern erst nach einer möglichen Abseitsstellung aussah.
Und auch kurz vor Schluss musste der VAR wieder eine Linie ziehen - erneut mit dem besseren Ende für die Fohlenelf.
Für die finale Pointe sorgte der VAR dann in der neunten Minute der Nachspielzeit. Ko Itakura traf Amine Adli bei einem Klärungsversuch im Strafraum am Fuß. Schiedsrichter Robert Schröder hatte die Szene zunächst nicht geahndet. Nach Ansicht der Bilder entschied er aber auf Strafstoß für Bayer. In der 101. Minute traf Florian Wirtz im Nachschuss zum 3:2-Sieg.
VAR: Deshalb zählte Gladbachs Tor gegen Leverkusen nicht
So lief der arbeitsreiche Abend des VAR im Detail: In der 42. Minute jubelte Gladbach schon frenetisch, in der Annahme gegen Bayer den Anschlusstreffer zum zwischenzeitlichen 1:2 erzielt zu haben. Doch dann grätschte der VAR dazwischen, das Tor von Tim Kleindienst zählte nicht. Aus Ekstase wurde Enttäuschung.
Was war passiert? Die Leverkusener konnten den Ball nach einem Freistoß in der 42. Minute nicht entscheidend klären - Jonathan Tah, der gegen die Fohlen zum Saisonauftakt zurück in die Startelf gerückt war, hob gleich zweimal das Abseits auf.
Anschließend landete die Kugel bei Rocco Reitz, der mit seinem Schuss jedoch an Lukas Hrádecký scheiterte. Den Abpraller drückte letztlich aber Neuzugang Kleindienst mit dem Kopf am Boden liegend über die Linie. So weit, so gut.
„Dann müsste es 300 Fouls im Spiel geben“
Doch der Treffer wurde nochmal auf ein vorangegangenes Foul von Kleindienst überprüft, Schiedsrichter Robert Schröder vom VAR in die Review Area gebeten. Und tatsächlich: Bevor Kleindienst den Ball über die Linie bugsieren konnte, hatte er Leverkusens Piero Hincapié mit dem Fuß von hinten an der Achillesferse getroffen.
„Also ich habe es tatsächlich überhaupt nicht gemerkt. Als mir dann am Ende jemand erzählt hat, dass ich der war, der gefoult hat, fand ich es ein bisschen komisch“, meinte Kleindienst bei Sat.1 zu der Szene und sparte auch hier nicht mit Kritik: „Diese Theatralik und alles, die dann immer dazugehört, ich glaube da fallen sie (die Schiedsrichter, Anm. d. Red.) immer noch zu viel rein.“
Seiner Meinung nach wurde - gerade nach VAR-Einsatz - zu kleinlich gepfiffen. „Natürlich gibt es da Kontakte, wir sind im Sechzehner, aber dass dann jedes Mal eine kleine Berührung ein Foul ist, ist einfach nervig“, meinte der Gladbacher: „Wenn sowas dann nächstes Mal ein Foul ist, dann müsste es – keine Ahnung – 300 Fouls im Spiel geben.“
VAR-Wirbel selbst bei zählenden Gladbacher Toren
Die VAR-Intervention passte für Gladbach ins Bild, der Saisonstart war schon vor der Entscheidung äußerst unglücklich verlaufen. Mit einem 0:2 gingen die Hausherren in die Halbzeitpause. Granit Xhaka wuchtete den Ball mit sage und schreibe 129 km/h zur 1:0-Führung in die Maschen (12.). Florian Wirtz stellte unmittelbar vor der strittigen Szene um Kleindienst noch auf 2:0 (38.).
In der 59. Minute traf die Borussia durch Nico Elvedi dann regelkonform. Der VAR schaltete sich allerdings auch hier zunächst ein, weil bei Vorlagengeber Ko Itakura eine Abseitsstellung überprüft werden musste. Die Entscheidung ließ mehrere Minuten auf sich warten, letztlich erlöste der VAR die wartenden Gladbach-Fans diesmal aber mit guten Nachrichten.
Und auch in der 85. Minute, als Kleindienst erneut traf, meldete sich der VAR. Diesmal fiel die Entscheidung deutlich schneller, auch wenn es wieder verdächtig nach Abseits aussah. Doch der Treffer zum 2:2 zählte.
Elfmeter für Leverkusen mit großer Verzögerung
Tief in der Nachspielzeit war es dann eine finale Entscheidung zugunsten der Gäste aus Leverkusen, die wieder einmal in der letzten Minute zuschlugen.
Referee Schröder hatte nach Foul von Itakura an Amine Adli zunächst weiterspielen lassen, eine „Fehlentscheidung“, wie er später selbst einräumte: „Ich hatte die Wahrnehmung, dass der Gladbacher den Ball zunächst auch spielt. Nach dem Check des VAR, der dann erkannt hat in den Bildern, dass eben nicht der Gladbacher erst den Ball spielt, sondern Adli erst am Ball ist, hat er mir ein On-Field-Review empfohlen. Und Bilder zeigen dann eben, dass der Gladbacher nicht erst den Ball spielt, sondern den Gegner trifft und dann ist es ein Strafstoß.“
Gladbachs Keeper Jonas Omlin hielt den ersten Schuss von Florian Wirtz sogar noch - aber im Nachschuss versenkte Bayers EM-Fahrer dann doch noch den Siegtreffer.
Borussen-Trainer Gerardo Seoane verkniff sich trotz des Dramas weitestgehend Kritik am VAR. „Das nimmt ein bisschen Emotionen“, meinte er: „Manchmal ist er für dich, mal ist es dagegen. Ich glaube, dass es immer noch einen kleinen Spielraum gibt, wo der Schiedsrichter selber entscheiden kann. Heute sind wir nicht auf der guten Seite der Entscheidungen gewesen. Beim nächsten Mal wird es anders sein.“
Schiedsrichter Schröder hatte Verständnis für den Gladbacher Frust, betonte aber: „Aber letztendlich müssen wir in Zusammenarbeit mit dem VAR die Bilder bewerten - sachlich. Er trifft nicht den Ball, spielt den Gegner und damit ist es regeltechnisch ein Foulspiel. Dann kann ich das auch nicht ändern und muss einen Strafstoß geben.“