Der neue Schiedsrichter-Chef Knut Kircher hat Fehleinschätzungen bei den strittigen Szenen gleich am ersten Spieltag der Fußball-Bundesliga unumwunden eingeräumt.
VAR-Ärger! Schiri-Boss gibt Fehler zu
„Da ist gar nichts zu hundertprozentiger Zufriedenheit gelaufen“, sagte der Nachfolger von Lutz Michael Fröhlich beim DFB am Sonntag im STAHLWERK Doppelpass auf SPORT1: „Wir wollen keine unsäglichen Diskussionen zu Handspielen und VAR-Einsätzen.“
Doch diese gibt es immer wieder! SPORT1-Experte Alfred Draxler bat Kircher, „drei Sätze mit einer klaren Regel“ für das Handspiel zu formulieren. Dann das Erstaunliche! Kircher antwortete schlicht: „Ich weiß es nicht!“
Schiri-Boss zu Fehlern: „So schwarz und weiß ist das nicht“
Weiter führte der 55-Jährige aus: „Das geht nicht in drei Sätzen. Das ist wie die Steuergesetzgebung, die immer komplizierter geworden ist. Ich gehe jedenfalls weg von dem Thema: ‚Hand ist Hand‘ – denn da wollen wir nicht hin. Denn dann chipst du den Spieler an, der nicht mehr ausweichen kann.“ Doch wie könne sich sonst die Handspiel-Regel ändern?
Zum Vorschlag, dass wie in anderen Sportarten den Trainern die Option zu einer Challenge gegeben werden sollte, sagte Kircher: „Ich bin da offen und hemdsärmelig, aber so einfach ist es eben nicht. Du müsstest das über den Nationalverband einreichen und langwierig begründen, dann entscheiden da findige Köpfe und am Ende schaltet sich die FIFA ein und sagt: ‚Nee, so einfach könnt ihr das nicht machen.‘“
Mit Blick auf den Ärger über die komplexe Handspielregel wird es daher eher keine schnelle Besserung geben. „Die Kriterien für ein Handspiel, die uns derzeit an die Hand gegeben werden, sind leider nicht so klar. So schwarz und weiß ist das nicht“, sagte Kircher: „Da wird es im Laufe der Saison Ausreißer nach links und rechts geben. Die müssen wir einfangen.“
Vor allem beim Eröffnungsspiel zwischen Borussia Mönchengladbach und Bayer Leverkusen (2:3) sowie bei der Partie zwischen dem FC Augsburg und Werder Bremen (2:2) hatte es Streit über die Schiedsrichter-Entscheidungen gegeben.
Augsburg außer sich! So erklärt Schiri-Boss Kircher den Aufreger
Zum Spiel des FC Augsburg, bei dem Schiedsrichter Sascha Stegemann nach einer Augsburger Flanke an die Hand eines Bremer Akteurs einen Strafstoß nach VAR verweigerte, sagte Kircher: „Es gibt in der Interpretation zwei Ansichten, ich kann auch die Emotionalität nachvollziehen. Aber wie kommt die Position des Armes zustande? Die Hand geht nicht zum Ball, als der Ball kommt. Und das Ganze kommt auch durch eine natürliche Körperbewegung zustande. Man kann da also verschieden argumentieren.“
Dennoch mahnte er zur Analyse: „Auch sagen: Was hätte man da besser machen können? Es ist jetzt nicht so, dass wir da rausgehen und sagen: Abgehakt, das ist Tagesgeschäft. Nur: Die Regeln, die uns an die Hand gegeben, sind leider nicht so klar, als dass solche Szenen nicht entstehen könnten.“
Horst Heldt, Geschäftsführer Profifußball von Union Berlin, der ebenfalls als Gast im Doppelpass auf SPORT1 geladen war, konnte der Erklärung kaum etwas abgewinnen: „Ich finde es Nonsens, dass es da keinen Elfmeter gab. Ich verstehe auch nicht, dass es da zwei Meinungen geben kann. Was ich nicht verstehe: Wenn man Spielraum hat und sich vorher trifft und sagt: ‚Das ist komplex‘ – warum kann man dann keine klare Definition finden, die solche Situationen nicht aufkommen lässt? Da hast du am Ende kein Verständnis.“
Handspiel in der Zukunft: So soll es laut Kircher weitergehen
Der langjährige Bundesliga-Manager zeigte sich insbesondere von der Langwierigkeit der Thematik entnervt, die zu Saisonbeginn schon wieder hochkocht: „Wenn das schon am ersten Spieltag losgeht, nervt das nur noch. Das hat dann wirklich nichts mit Fußball zu tun.“
Dass auf der anderen Seite aber auch Spiele positiv gelaufen sind, komme nach Kircher teils zu kurz: „Aber viele Bundesliga-Spiele sind gut gelaufen, auch Dortmund gegen Frankfurt nach dem Ballyhoo im Vorfeld, als gefragt wurde, warum Felix Zwayer das pfeifen muss. Das geht dann manchmal leider unter.“
Für die Zukunft bleibt laut Kircher: „Wir wollen den VAR nur bei Schwarz-Weiß-Entscheidungen. Und unser großes Ziel ist: Den Spielern und Mannschaften Guidance und Einheitlichkeit in der Auslegung zu geben. Wenn wir da diametral auseinander liegen, das wäre eine Katastrophe für uns. Wir wollen es in einem Toleranzbereich halten.“
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Mit Sport-Informations-Dienst (SID)